Archer, Jeffrey
eröffnet hatte. Der FBI beschuldigt Rosnovski der Beamtenbestechung in vierzehn verschiedenen Bundesstaaten. Der FBI will auch den ehemaligen Kongreßabgeordneten Henry Osborne verhören, der seit zwei Wochen aus Chicago verschwunden ist.
Rosnovskis Verteidiger, H. Trafford Jilks, bestritt alle Anklagepunkte und fügte hinzu, sein Mandant könne die Angelegenheit voll und ganz aufklären. Rosnovski wurde gegen eine Kaution von zehntausend Dollar freigelassen.
Der Artikel berichtete weiter, es habe in Washington Gerüchte gegeben, daß Mr. Rosnovski als Botschafter nach Polen geschickt werden sollte.
Nachts lag Florentyna wach und überlegte, wie das alles geschehen konnte und wie verzweifelt ihr Vater sein müsse. Ihrer Meinung nach hatte Henry Osborne mit der Sache zu tun. Jedenfalls wollte sie alle Zeitungsmeldungen über den Fall genau verfolgen. Richard versuchte sie zu trösten und meinte, es gebe kaum einen Geschäftsmann, der nicht im Lauf seiner Karriere einmal etwas mit Bestechung zu tun gehabt hätte.
Drei Tage vor der Verhandlung wurde Osborne in New Orleans aufgegriffen und verhaftet; sofort wurde er zum Kronzeugen der Anklage. Der FBI bat Richter Prescott, die Verhandlung zu vertagen, um mit Osborne den Inhalt eines Dossiers über Rosnovski durchzugehen, das kürzlich in den Besitz des FBI gelangt war. Richter Prescott bewilligte dem FBI vier Wochen, um die Klage vorzubereiten.
Die Presse hatte rasch festgestellt, daß Osborne, um seine großen Schulden zu begleichen, das Dossier – er hatte es während seiner zehnjährigen Tätigkeit als Direktor der Baron-Gruppe zusammengetragen – an eine private Anwaltsfirma in Chicago verkauft hatte. Wie es in die Hände des FBI gelangt war, blieb ein Geheimnis.
Florentyna fürchtete, daß ihr Vater mit Osborne als Kronzeuge der Anklage eine langjährige Gefängnisstrafe zu gewärtigen hätte. Nach einer weiteren schlaflosen Nacht schlug ihr Richard vor, sich bei ihrem Vater zu melden. Sie schrieb ihm einen langen Brief, versicherte ihn ihrer vollen Unterstützung und betonte, daß sie von seiner Unschuld überzeugt sei. Dann nahm sie ein Bild ihres Sohnes und legte es dem Brief bei.
Vier Stunden vor Verhandlungsbeginn fand man Henry Osborne erhängt in seiner Zelle. Er hatte eine Harvard-Krawatte benutzt.
»Warum hat Henry Selbstmord begangen?« fragte Florentyna ihre Mutter am Telefon.
»Das ist einfach zu erklären«, erwiderte Zaphia, »er dachte, die Anwaltsfirma, die seine Schulden beglich, wollte das Dossier nur, um deinen Vater zu erpressen.«
»Und was war der wirkliche Grund?«
»Das Dossier wurde in Chicago unter einem Decknamen für William Kane gekauft, der es an den FBI weiterleite-te.«
Wann immer sie an William Kane dachte, empfand Florentyna nur noch Haß und konnte ihn auch vor Richard nicht verbergen. Daß er jedoch ebenso empört über das Verhalten seines Vaters war, erfuhr Florentyna, als sie ein Telefongespräch zwischen ihm und seiner Mutter mitanhörte.
»Das war ziemlich hart«, sagte Florentyna, als er auflegte.
»Ja, meine arme Mutter bekommt es jetzt von beiden Seiten zu spüren.«
»Der letzte Akt der Tragödie ist noch nicht vorüber«, sagte Florentyna. »Seit ich denken kann, wünschte sich Vater, nach Warschau zurückzukehren. Das wird er deinem Vater nie verzeihen.«
Als der Prozeß begann, telefonierte Florentyna jeden Tag mit ihrer Mutter, die der Verhandlung im Gerichtssaal beiwohnte. Wenn sie Zaphias Berichte hörte, war sie nicht immer ganz sicher, daß sie und ihre Mutter sich das gleiche wünschten.
»Die Verhandlung sieht jetzt günstiger aus für deinen Vater«, sagte Zaphia nach ein paar Tagen.
»Woher willst du das wissen?«
»Seit der FBI seinen Kronzeugen verloren hat, steht die Anklage auf schwachen Beinen. H. Trafford Jilks macht aus Osborne einen Pinocchio, dessen Nase fast den Boden berührt.«
»Glaubst du, daß Papa freigesprochen wird?«
»Man sagt, daß es zu einem Vergleich kommen wird.«
»Was für einen Vergleich?«
»Wenn dein Vater sich in zwei unwesentlichen Punkten schuldig bekennt, wird man die wichtigen Anklagen fallenlassen.«
»Wird er mit einer Geldstrafe davonkommen?«
»Wenn er Glück hat. Aber der Richter ist ein harter Knochen. Vielleicht endet er also doch noch im Gefängnis.«
»Hoffen wir, daß es nur eine Geldstrafe wird.«
Zaphia äußerte sich nicht.
»Sechs Monate bedingt für den Chicago-Baron«, hörte Florentyna aus dem Autoradio, als sie Richard
Weitere Kostenlose Bücher