Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
ihm Gorsch nur die Robe mitgegeben, aber keine anderen Schuhe als die schweren, unbequemen Stiefel. Mit Magie versuchte Eryn dem Übel beizukommen, aber er brachte es nicht zustande. Wie habe ich es bloß geschafft, die Wunde meines Armstumpfs zu verschließen? Jetzt kann ich nicht mal eine kleine Abschürfung heilen.
Meister Lionas begrüßte ihn freundlich. Eryn erfuhr, dass er weiterhin Einzelunterricht bei dem Meister haben würde. Später war vorgesehen, dass er dem normalen Unterricht beiwohnen sollte, aber noch fehlten ihm zu viele Grundlagen. Eine herbe Ernüchterung war es für Eryn, als er erfuhr, dass niemand ihm helfen durfte, seine Hand zurückzuerlangen.
„Meister Lionas, wie lange wird es dauern, bis ich das nötige Wissen erlernt habe?“
„Zuallererst musst du Geduld lernen. Du kannst ein außerordentlicher Heilmagier werden mit deiner Begabung. Bei fleißigem Studium – nun so vier bis fünf Jahre denke ich.“
Das ist ungerecht und grausam. „So lang bin ich also dazu verdammt, ein Krüppel zu sein. Das ist... grausam“, platzte Eryn hervor.
Aber Meister Lionas entgegnete: „Dir erscheint es jetzt so, aber diese körperliche Einschränkung wird dich Dinge lehren, die du sonst nie so verstehen könntest. Auch werden dein Interesse und Eifer viel größer sein. Ich werde damit beginnen, dich Zauber der Heilkunst zu lehren, und wir werden das Oranium durcharbeiten.“
Frustriert fragte Eryn: „Warum konnte ich die Wunde am Armstumpf selbst verschließen und nun kann ich nicht einmal eine Blase heilen?“
Geduldig erklärte Meister Lionas: „Stell dir vor, du bist in größter Gefahr und auf einmal wächst du über dich hinaus und vollbringst Dinge, die du nie für möglich gehalten hättest. Das kann dir mit der Magie genauso passieren. Man nennt es Magie gebrauchen als Natural. Das bedeutet, dass du aus dem Gefühl heraus das Richtige tust, ohne es je gelernt zu haben. Es kann aber gerade bei den Heilzaubern auch eine Menge schiefgehen. Darum sollte man besonders am Anfang nur unter Anleitung zaubern.“
Je mehr Fragen beantwortet wurden, umso mehr neue Fragen taten sich auf. Aber Meister Lionas war jemand, der zumindest eine Zeit lang Eryns Fragen beantwortete.
„Wie lange dauert es, bis man alles in der Magie beherrscht?“
Da musste sogar Meister Lionas laut lachen: „Mein Junge, du wirst nie die ganze Magie beherrschen. So, wie du nie alle Berufe dieser Welt erlernen kannst. Als Magier beim Heer ist es ein bestimmtes Repertoire, das du erlernst. Ich will es dir mal aufzählen:
Grundlagenzauber, die jeder kennen sollte. Heilzauber sind eines der großen Gebiete, das du endlos studieren kannst und doch nie alles wissen wirst. Schutzzauber und Kampfzauber sind ebenfalls eine unermesslich weitläufige Thematik. Dann, von grundlegender Wichtigkeit sind Gedankenlesen, Scannen und das Erkennen von magischen Mustern. Diese Gebiete fallen in den Bereich der magischen Spionage. Jede gewirkte Magie hat ihre eigene Signatur und diese kann man lesen, wie Worte in einem Buch. Oftmals ist es auch wichtig zu erfahren, mit welchem Zauber eine Sache belegt ist, damit man entsprechend reagieren kann.
Aber von alldem sind wir noch sehr weit entfernt. Wenn wir jetzt zur Praxis kommen, so hör genau zu. Übe ohne mein Beisein nur die Zauber, die ich dir auftrage. Das ist zu deinem Schutz und zum Schutz aller anderen. Es ist gefährlich, rumzuexperimentieren, ohne zu wissen, was man tut. Gerade am Anfang. Wir beginnen mit einem Lichtzauber, der ist harmlos.“
Eryn hatte sich mit dem Lichtzauber ja schon die letzten Wochen auseinandergesetzt und bekam nun, da er Zugang zu seiner Magie hatte, problemlos ein Leuchten in der Handfläche hin. Danach griffen sie sich den ersten Band des Oraniums . Schmerzen betäuben und Wunden schließen. Das war schon schwieriger, denn man brauchte dafür mehrere Stränge der Magie. Eryn lernte Diagramm, Gestik und Intonierung dazu. Diese drei Teile waren bei der Wirkung der Magie zwar nicht zwingend vonnöten, halfen aber ungemein, die Bahnen richtig zu lenken und sich an die Abfolgen zu erinnern. Die Dosierung war ebenfalls sehr entscheidend. Gab man zu viel, so konnte sich der Schmerz verschlimmern, anstatt zu verschwinden. Wenn es ganz danebenlief, so griff Meister Lionas ein. In Anbetracht seiner stümperhaften Versuche lief es Eryn kalt den Rücken hinunter, was bei seiner Spontanheilung des Armes alles hätte schieflaufen können.
Die Zeit verstrich wie im
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