Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
Flug und als der Unterricht endete, trug Meister Lionas Eryn auf, ein paar Seiten des Oraniums für den nächsten Tag vorzubereiten.
Eine letzte Frage wurde Eryn noch schnell los: „In welchem Band des Oraniums wird das Ergänzen von Gliedmaßen behandelt?“
Kurz überlegte der Magier. „Im achtzehnten, glaube ich. Aber beginne erst mal am Anfang, Eryn.“
Zurück in der Stube griff sich Eryn gleich wieder das Buch
und las darin. Alles ist so neu und interessant. Die Magie ist kein Dämonenwerk, sie ist eine Wissenschaft. Weit kam er jedoch nicht, als seine Stubengefährten hereinpolterten. Verdreckt und abgekämpft zogen sie unter Ächzen und Stöhnen ihre Rüstungen aus, um sich dann erst mal auf die Betten fallen zu lassen.
„Ich bin total platt.“ Farat streckte in seinem Bett alle viere von sich. Deren begutachtete die Schlammspritzer auf seiner Ausrüstung.
„Reinigen oder erst essen gehen?“
Die Vernunft hätte zum Ersteren geraten, die Bequemlichkeit nicht: „Erst essen!“, riefen Farat und Ravenor schnell.
So fertig sie waren, der Gedanke an eine Mahlzeit brachte sie wieder auf die Beine.
Eryn war noch nicht richtig hungrig und wollte eigentlich in seinem Buch weiterlesen, als Ravenor boshaft bemerkte: „Wenn man den halben Tag nichts macht, dann wird man auch nicht hungrig.“
„Ich lerne, was man ohne Hirn natürlich nicht kann.“
„Oh, unserer Pussy war der Morgen schon zu anstrengend und nun machen wir auf Intellektueller.“
Wieder versuchte Deren zu schlichten: „Die Stube muss zusammen bei der Essensausgabe erscheinen.“
Aber Eryn war schon auf den Beinen und sprang auf Ravenor zu. Beide schlugen gleichzeitig zu, sodass keiner dazu kam, den Schlag des anderen richtig abzuwehren. Ravenor rammte Eryn die Faust in den Magen und Eryns Schlag landete in Ravenors Gesicht. Dort bildete sich eine hässliche Beule und die Nase fing an zu bluten, während Eryn sich krümmte und nach Luft rang. Deren trat schnell zwischen die beiden.
„Seid ihr von allen guten Geistern verlassen! Wollt ihr heute noch an den Pfahl? Reißt euch zusammen!“
Es war nicht unbedingt Derens Apell, der für Frieden sorgte, sondern vielmehr der Umstand, dass gerade beide mit ihren Blessuren beschäftigt waren. Ravenor versuchte die Blutung zu stillen und Eryn kam langsam wieder zu Atem. Feindseliges Schweigen herrschte, als sie dann zum Essen gingen.
Die nächste Zeit über lebte sich Eryn in der Garde ein. Vormittags tat er Dienst und nachmittags war er bei den Magiern. Wegen der fehlenden Hand konnte er nicht an allen Übungen teilnehmen, dann wurde er regelmäßig für lästige und stumpfsinnige Arbeiten abgestellt. Nach einiger Zeit wagte es Eryn, bei Sir Galden vorzusprechen und einen Vorschlag zu machen:
„Sir Galden, in der Zeit, in der ich nicht am normalen Dienst teilnehmen kann, wäre es da nicht sinnvoller, wenn ich mich solange meinen Studien widmen könnte? Schließlich liegt das ja auch im Interesse des Prinzen.“
Doch der Zugführer war dafür wenig zugänglich und meinte nur:
„Der Prinz wird mir das schon selbst mitteilen, wenn dem so wäre. Und solange er das nicht tut, haben Sie sich, Eryn, nach meinen Anweisungen zu richten.“
Damit war die Sache vom Tisch und alles blieb wie es war.
Der Umgang mit Ravenor war im besten Fall eine kühle Reserviertheit. Die wenigen Gespräche waren gespickt mit Frotzeleien und Beleidigungen. Ein paar Male gerieten sie richtig aneinander und schlugen sich. Zum Glück waren Deren und Farat stets die einzigen Zeugen der Keilerei und brachten die Steithähne schnell wieder auseinander.
Als Eryn dann auch noch gelernt hatte, wie er seine eigenen kleinen Wunden heilen konnte, brachte ihm das in der Stube keine Sympathien ein. Denn er konnte vorerst nur sich selbst behandeln und nichts für die anderen tun. Die mussten mit ihren Blasen, Schrammen und Blutergüssen konventionell umgehen. Sprich, die langsame Heilung des Körpers unter Schmerzen abwarten.
9. Die Hand
Eryn hatte Meister Lionas endlos in den Ohren gelegen, damit ihm dieser das achtzehnte Buch des Oraniums besorgte. Nur die höheren Magierschüler hatten freien Zugang zur Bibliothek. Alle anderen bekamen die Literatur von ihren Ausbildern vorgelegt. Um selbst Bücher zu besitzen, war es üblich, dass man die Bücher abschrieb. Wenn man versierter in der Zauberei wurde, so konnte man die Bücher auch auf einfachere Art kopieren. Was aber für Eryn noch nicht
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