Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
demzufolge auch bei weitem zu klein für einen Menschen, um hinauszugelangen. Lyesell stellte die mitgebrachte Fackel in die Halterung und setzte sich erst einmal auf einen Sack Saatgut. Sie war froh, die Männer nicht mehr um sich haben zu müssen. Besonders dieser Oswen hatte einen widerlich lüsternen Blick. Sie saß einfach nur da und atmete tief durch. Wenn Bron kommt, dann wird er die Lumpen, die ich aus Versehen hereingelassen habe, wieder hinauswerfen . Aber ich habe am Anfang nur Willen gesehen und nicht geahnt, welch üble Gesellen er da bei sich hat.
Lyesell hing ihren Gedanken nach, als plötzlich jemand die Treppe herunterkam. Erschrocken sprang sie auf. Es war dieser Oswen.
„Wir haben Hunger, Goldsternchen.“
Geschäftig machte sich Lyesell an einem Sack zu schaffen, wobei sie sich von Oswen wegdrehte. „Ich beeile mich ja schon“, bemerkte sie.
Dann war Oswen plötzlich hinter ihr und packte sie mit beiden Armen: „Allerdings ein bisschen könnten die oben noch warten“, raunte er ihr ins Ohr. Er stank widerlich nach Schweiß und Dreck.
Lyesell blieb fast das Herz stehen, als der widerliche Kerl sie gepackt hielt. Sie wollte schreien, brachte aber keinen Ton heraus. Nackte Panik übermannte sie. Dann drückte Oswen sie auf die Säcke und zog ihren Rock hoch. Da fiel die Starre von Lyesell ab und sie begann wild um sich zu schlagen. Mit der Hand griff sie eine kleine Schaufel, mit der sie nach dem Vergewaltiger schlug. Dumpf prallte das Metall an Oswens Schädel und ließ ihn für einen Augenblick zurücktaumeln. Es war einer der Augenblicke, in denen man nicht mehr denkt, sondern nur noch reagiert. Lyesell bekam das Heft eines Messers in Oswens Gürtel zu fassen. Sie riss es heraus und stach Oswen damit seitlich in den Bauch. Dann rannte sie schreiend die Treppe hinauf. Fast war sie schon oben angekommen, als sie etwas im Rücken traf und einen scharfen Schmerz durch ihren Körper schickte. Lyesell lief weiter, stieß die Tür auf und taumelte in die Stube. Sie wollte atmen, konnte aber keine Luft mehr bekommen. Blut war in ihrem Mund. Sie fiel vornüber und blieb röchelnd am Boden liegen.
Die Männer um den Tisch waren aufgesprungen und starrten entgeistert auf die sterbende Frau. Dann kam Oswen die Treppe hinauf: „Die blöde Kuh hat mich in den Bauch gestochen“, krakeelte er.
Tarn donnerte los: „Bist du von allen guten Geistern verlassen, du Arschloch! Konntest deinen Schwanz nicht bei dir behalten. Und jetzt? Was sollen wir…“
Da ging die Tür auf und ein großer, kräftiger Mann stand im Rahmen. Der Hausherr war heimgekehrt und im Bruchteil einer Sekunde hatte er die Situation erfasst. Er riss sein Langmesser aus der Scheide und rammte es dem nächsten der Banditen in die Brust. Nun griffen alle zu den Waffen und drangen auf Bron ein. Der zertrümmerte einem Mann mit der bloßen Faust den Kehlkopf und entriss dem Sterbenden seine Streitaxt. Ein Messer fuhr dem Fenn in die Schulter und betäubte seinen linken Arm. Mit der Macht der Verzweiflung hieb Bron wild um sich und die Axt forderte ihren Tribut. Aber es waren zu viele Angreifer und nach kurzem und heftigem Kampf wurde Bron von den vielen Hieb- und Stichverletzungen, die er erlitten hatte, gefällt. Er war tot, noch bevor er auf dem Boden aufschlug und lag dann ausgestreckt neben seiner geliebten Frau. Sein Blut bildete einen immer größer werdenden Fleck, der Lyesell und ihn auf ihrem letzten Weg zu verbinden schien.
Vier der Banditen hatte es ebenfalls erwischt und fast alle Überlebenden zeigten frische Wunden. Oswen saß am Boden und wimmerte vor sich hin, während Blut gemischt mit dem Inhalt seines Darmes aus der Bauchwunde austrat. Das Wimmern Oswens erregte Tarns Aufmerksamkeit und der durchquerte wutentbrannt den Raum.
Mit einem schnellen Schnitt über die Kehle beförderte er Oswen ins Jenseits und wischte anschließend sein Schwert an dessen Kleidung ab:
„Der wäre sowieso gestorben, bevor wir einen Heiler erreicht hätten. Dank der Dummheit dieses Mannes müssen wir wieder abhauen. Wir brechen sofort auf... und zündet die Hütte an!“
Willen hatte sich aus allem rausgehalten. Er war nicht der Mutigste und wenn er sich jetzt gegen die Banditen stellte, war er genauso tot wie die, die schon am Boden lagen. Darum tat er so, als ob es ihm nichts ausmachte, was Bron und Lyesell widerfahren war.
Eine halbe Stunde später brannte der Hof lichterloh und die Banditen waren bereits ein gutes Stück vom Ort
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