Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
überstiegen. Eryn zauberte die kleinen Heilzauber, die er gelernt hatte, doch würde das den Prinzen nicht lang retten. Dessen war er sich sicher.
„Eryn?! Was ist mit Prinz Raiden?“ Eryn war noch nie zuvor so froh, Meister Eriwens Stimme zu hören.
„Meister Eriwen, der Prinz ist schwer verletzt und ich brauche Hilfe. Wir sind hier oben, aber das Unhaer ist ungefähr hundert Meter breit bis zur Klippe und erstreckt sich weit nach links und rechts.“
Der Kampfmagier entgegnete knapp: „Ich komme umgehend hoch.“ Dann war die Verbindung beendet.
Wie will Meister Eriwen durch das Unhaer kommen?, wunderte sich Eryn und sah ungeduldig zu den Klippen, während er seine kleinen Heilzauber auf Prinz Raiden sprach. Da erschien ein langes hölzernes Gebilde am Himmel und krachte dann mit einer Seite auf den Felsvorsprung, die andere Seite schwebte einfach in der Luft. Einen Moment später stand Meister Eriwen auf der Behelfsbrücke und ging hinüber zu den Klippen.
Sie können nur außerhalb des Unhaer Magie benutzen. Darum haben sie den Stamm wie eine Zugbrücke vom magischen Land ins Unhaer fallen lassen.
Zu Eryns Erstaunen konnte Meister Eriwen die hundert Meter mühelos überwinden.
Je stärker die Magie ist, umso schlimmer wirkt das Unhaer, kam es ihm in Erinnerung.
Sofort kniete sich der Magier neben den Prinzen und begann Zauber zu wirken.
Es wurde bereits dämmrig und der Wind war beißend kalt geworden. Da Eryn nur nutzlos danebenstand, begann er, Steine magisch herbeizurollen und aufzuschichten, um einen Windschutz zu errichten.
In der näheren Umgebung gab es nichts außer Felsen. Kein Baum oder Strauch war in der Nähe, nicht einmal Gras gab es. Nur ein paar Flechten hielten sich zäh zwischen den Steinen. Als Eryn merkte, dass er mit bloßer Körperkraft größere Steine bewegen konnte als mit seiner Magie, wechselte er zur manuellen Baukunst über. Das Ergebnis ähnelte zuletzt mehr einem Wall als einer Mauer. Man konnte diese Aufschüttung zwar nicht als Wunderwerk der Architektur einstufen, sie erfüllte aber ihren Zweck – nämlich den Wind abzuhalten.
Der Prinz lag immer noch reglos da und Meister Eriwen zauberte mit voller Konzentration. Gerne hätte Eryn ein paar Fragen gestellt, um seine Neugierde zu befriedigen, doch der Moment war denkbar ungünstig.
Störe keinen Zauberer bei der Arbeit. Das weiß ich selbst aus meiner eigenen Erfahrung heraus. Nicht einmal, um Hilfe anzubieten.
Vorsichtig scannte Eryn, weil er herausbekommen wollte, was Meister Eriwen tat und wie es dem Prinzen ging. Die gewirkte Magie konnte Eryn mit seinen kümmerlichen Kenntnissen nur im Ansatz begreifen. Der Zustand des Prinzen schien Eryn unverändert schlecht.
Was ist, wenn er stirbt? Löst sich dann der Seelenbann auf? Oder bedeutet das dann auch mein Ende? Die Überlegung war ziemlich erschreckend. Hoffen wir es mal nicht, denn des Prinzen Leben steht auf Messers Schneide.
Ich hätte den Prinzen im Unhaer umkommen lassen können. Aber ich habe es nicht getan und ich weiß auch, dass mich nicht der Seelenbann dazu getrieben hat.
Bei allem, was er mir angetan hat, habe ich ihn aus freiem Willen dort herausgebracht. Warum? Weil es richtig war. Er hat von Anfang an gewusst, welcher Gefahr er sich aussetzt, um die Garde – seine Leute – zu retten und den Feind schlagen zu können. Und darum habe ich ihn herausgeholt. Man glaubt es kaum, der Prinz von Ardeen hat tatsächlich selbstlos gehandelt. In diesem Moment hat er wahre Größe gezeigt. Verdammt, wie komme ich dazu, ihn zu bewundern, so schlecht, wie er mich immer behandelt, ganz zu schweigen von den ersten Tagen!
Andererseits hatte er mit allem recht. Mit der Magie, der Geschichte Ardeens und den Fenn. Wo könnte ich jetzt sein, wenn ich bereits als Kind den Gebrauch der Magie erlernt hätte? Dritte oder sogar vierte Stufe. Kein Nurin auf Stufe eins. Meine Kraft ist groß, denn ich kann kaum ein paar Schritte durch das Unhaer laufen. Auf Meister Eriwen dagegen scheint es fast keinen Effekt zu haben. Ich würde zu gerne wissen, was unten geschehen ist? Offensichtlich haben wir gewonnen, denn sonst wäre Meister Eriwen nicht heraufgekommen. Und warum kommt keiner mehr nach?
Ob der Prinz doch noch stirbt? Was wird dann mit mir? Angenommen der Seelenbann löst sich auf. Ich könnte gehen, wohin ich wollte.
Die Überlegung war wohltuend und vermittelte ein Gefühl von Freiheit.
Doch wohin kann ich überhaupt gehen? Die Fenn sind vernichtet und die
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