Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
was er wollte? All meine Werte verraten, mich unterworfen und erniedrigt. Und all das war ihm nicht genug? Musste er mir auch noch diesen Zauber antun? Bei den Göttern, was habe ich verbrochen, dass ich das verdiene?
Eryn fühlte sich hilflos wie ein kleines Kind. Er rollte sich auf dem Bett zusammen und Tränen liefen ihm über das Gesicht. Wie stolz bin ich in der Freiheit der Berge gewesen .
Wenn meine Zeit gekommen ist, werde ich tapfer sein und dem Unausweichlichen ins Auge sehen – habe ich gedacht. Nun ist alles anders gekommen und von mir ist nicht mehr übrig geblieben als ein Häufchen Elend. Stolz, Mut und Ehre sind nichts als leere, schale Worte.
Bin ich so feige und schwach, dass ich dies alles nicht wie ein Mann ertragen konnte? Vielleicht ist es mehr, als ein Mann überhaupt ertragen kann?
8. Der neue Rekrut
Die ganze Nacht lang marterten ihn seine Gedanken und Eryn fand keine Ruhe. Am nächsten Morgen war es erstaunlicherweise nicht die Magd, die ihn als Erste aufsuchte, sondern Meister Lionas.
„Prinz Raiden schickt mich.“
Allein schon der Name ließ Eryn zusammenfahren.
„Geht, lasst mich alleine.“
Meister Lionas zeigte Verständnis und Mitgefühl: „Was dir widerfahren ist, ist schwer zu verkraften. Aber das Leben geht weiter und wie ich hörte, hast du den Zugang zur Magie endlich entdeckt.“
Den roten Stumpf seines Unterarmes in die Höhe gestreckt, entgegnete Eryn: „Um welchen Preis! Seht her. Ganz zu schweigen davon, was meinem Geist angetan wurde. Oh, wie gerecht und gütig die Bruderschaft doch ist! “
Meister Lionas blieb ruhig und sachlich. „Ich weiß, du bist auf viele Arten verletzt worden und es sind Dinge passiert, die nicht hätten passieren sollen. Ich bin gekommen, um dir einiges zu erklären. Zieh dich an und wir gehen draußen ein Stück spazieren.“
Eryn glaubte seinen Ohren nicht zu trauen.
„Einfach so? Auf ein Mal darf ich hier heraus.“
Doch kaum hatte er daran gedacht, da durchfuhr es ihn wie einen Schlag. Prinz Raiden hat mir befohlen, im Zimmer zu bleiben . Übelkeit und Qual wallten in ihm hoch.
„Meister Lionas, der Herr befiehlt, dass ich dieses Zimmer nicht verlassen darf.“
Versonnen nickte Meister Lionas.
„Das lässt sich klären.“ Dabei hielt er Eryn die Kleider hin und der junge Mann griff zögernd danach.
„Er kann gehen“, tönte plötzlich Prinz Raidens Stimme durch den Raum und wieder verwandelte sich Eryn in ein Häuflein Elend.
Es dauerte noch eine Weile und weiteres gutes Zureden von Meister Lionas, bis Eryn sich schließlich wieder gefasst hatte. Mühsam zog er sich an und stellte fest, wie schwierig das ohne seine rechte Hand geworden war.
„Meister Lionas, kann man die Hand mit Magie wiederherstellen?“
Der Magier wich aus: „Vieles ist möglich, aber alles zu seiner Zeit. Und es ist nicht einfach. Wir sollten aber erst einmal nach draußen gehen und uns dann unterhalten.“
Eryn suchte seine Stiefel, bis ihm einfiel, dass er sie in Prinz Raidens Arbeitszimmer hatte liegen lassen.
„Ich muss wohl ohne die Stiefel gehen. Den Ort, an dem ich sie zurückgelassen habe, möchte ich im Augenblick nicht wiedersehen.“
Verständnisvoll nickte Meister Lionas. „Dann lass uns gehen. Denk an die positiven Dinge und ziehe daraus Kraft und Lebensfreude. Dein Talent ist einzigartig und darauf solltest du stolz sein.“
Tatsächlich kehrte ein Funken Freude in Eryn zurück und stolz berichtete er über seine Kreise: „Endlich habe ich den Zugang gefunden und Ihr habt mir nicht gesagt, dass ich über alle zwölf Kreise verfüge.“
„Das war nicht nötig, schließlich hast du es ja jetzt selbst herausgefunden. Dein Talent ist sehr, sehr selten. So etwas war schon vor dem Drachenkrieg rar, doch danach gab es dieses Phänomen nur noch ein einziges Mal, soweit ich weiß.
Ein guter Rat von mir. Behalte dein Talent so gut wie möglich für dich, bis du ausreichend in der Lage bist, dich zu schützen. Denn noch kannst du mit der Magie nicht umgehen und eine so große Gabe zu haben, ist nicht nur ein Segen. Nicht jeder ist dir wohlgesonnen und man könnte versuchen, dich auszunutzen. Eine größere Versuchung für viele Leute, als du dir vorstellen kannst. Nimm einmal an, man würde einen riesigen Haufen Goldmünzen auf den Marktplatz kippen und dann hoffen, dass keiner davon auch nur ein Stück nimmt. So ist es mit deiner Begabung.“
Während sie redeten, gingen sie an den Bediensteten und Wachen vorbei.
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