Arglist: Roman (German Edition)
lebte... sicher nicht öfters als hier und da bei einem Ausflug nach Vegas.«
Little wirkte in Gedanken versunken. »Ich bin davon überzeugt, dass sein Tod alle möglichen verborgenen Dämonen von der Leine ließ.«
»Ihr Vater war bei allen, die ihn kannten, sehr beliebt. Jeder sagte, er sei absolut zuverlässig und vertrauenswürdig gewesen.«
»So lautete das Gerücht.« Little grinste ihn spöttisch an. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Er hatte das Gehalt eines Lehrers, Nick. Ihre Mutter arbeitete nicht. Ihre Eltern besaßen jede Menge Spielzeug.«
Little leckte sich wieder die Lippen, sagte aber nichts dazu.
»Ich war nur gerade dabei, mich zu fragen, ob Sie eine Idee haben, woher das zusätzliche Geld stammte.«
»Ich war fünfzehn.«
»Ich wette, dass Ihnen nichts entgangen ist.«
»Ich weiß rein gar nichts über die außerplanmäßigen Aktivitäten meines Vaters – oder ob es solche überhaupt gab. Könnte er ein Killer der Mafia gewesen sein?« Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht.«
»Ich dachte da an etwas viel Bodenständigeres, Nick.«
Wieder dieses spöttische Grinsen. »Ach ja, was denn? Den Kids das Geld fürs Mittagessen abzujagen?«
»Drogenhandel.«
Nick lachte laut auf. »Das passt nun weiß Gott nicht zu dem Bild, das ich von meinem Vater habe. Ich weiß nur, dass er immer für mich da war, wenn ich ihn brauchte. Das ist für ein Kind das Ein und Alles.«
»Was passierte mit dem ganzen Spielzeug – Boot, Anhänger, Wohnmobil?«
Little runzelte die Stirn. »Gute Frage. Sie verschwanden einfach aus meinem Leben, genau wie mein Vater. Meine Mutter verkaufte wahrscheinlich alles, um über die Runden zu kommen. Gott sei Dank kam sie nicht an unsere Ausbildungsfonds, sonst hätte ich niemals diese Eliteuniversität besucht und wäre nie der Vorzeigebürger geworden, der ich heute bin.« Er lächelte und zeigte dabei seine dunkel verfärbten Zähne. »Sieht man doch, oder?«
»Ich seh’s«, erwiderte Oliver.
Little dachte darüber nach und kratzte sich an der Backe. »Ich dachte, das College würde mir gefallen. Weit weg von zu Hause und weit weg von den ganzen Leuten mit ihren mitleidsschwangeren Blicken. Ich wollte nur raus da, sonst nichts.« Er gab dem Barkeeper ein Zeichen, und der schenkte ihm sofort noch einen Drink ein. »Dann entdeckte ich, wie sehr ich das Chaos liebte. Ein Riesenspaß... wie im Rausch. Als ich mich eingelebt hatte, nahm ich an jeder Protestaktion teil, die es auf Erden gibt. Worum’s ging, war mir völlig egal, Hauptsache, ich konnte wegen irgendwas rumbrüllen. Duke brachte mir dann bei, wie man zünftig trinkt.«
»Sie gingen auf die Duke University? Ich bin beeindruckt.«
Little stürzte den Alkohol hinunter. »Ich wurde überall angenommen, wo ich mich beworben hatte: Harvard, Yale, Princeton, Dartmouth... alle, durch die Bank. Meine Noten waren ganz okay, aber meine Tests fielen sehr gut aus. Der wahre Schlüssel zu meinem Erfolg war ein ermordeter Vater. Man schreibt einen Essay darüber, wie es mit Mutter bergab ging und wie sehr man auf eine zweite Chance hofft, bla bla bla. Eben genau die Scheiße, von der sich diese Tränendrüsenjunkies ernähren. Und dazu kam, dass ich kein Stipendium brauchte, dank der Umsicht meines Vaters.«
»Besagte Ausbildungsfonds für Sie und Ihren Bruder. Ich will ja nicht darauf herumreiten, aber wissen Sie zufällig, woher dieses Geld stammte?«
»Keine Ahnung.« Er nippte am nächsten Schnaps. »Ich bin immer davon ausgegangen, dass mein Daddy das Geld für unsere Ausbildung beiseitegelegt hat. Mittlerweile glaube ich allerdings, es könnten meine Großeltern gewesen sein – die Eltern meiner Mutter.«
»Haben Sie noch Kontakt zu ihnen?«
»Früher bekam ich Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke. Nach dem Tod meines Vaters... Ich weiß nicht genau, was da los war. Ein Streit zwischen meiner Mutter und ihnen. Wahrscheinlich wegen ihrer Spielsucht.«
»Was ist mit den Eltern Ihres Vaters?«
»Sie waren sehr viel älter und starben, als ich noch klein war.«
»Und Sie sind kein bisschen neugierig, wie es Ihren lebenden Großeltern geht?«
»Ich bin nicht wütend auf sie, das ist es nicht. Ich hab sie zu meiner Hochzeit eingeladen – zu der ersten. Sie kamen nicht, schickten aber einen Scheck, was ich ehrlicherweise mehr zu schätzen wusste als ihre Anwesenheit.« Sein Blick verlor sich im Nichts. »Das letzte Mal habe ich sie, wenn ich mich richtig erinnere, bei Jareds Abschlussfeier von der Columbia
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