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Argus #5

Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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wollten nicht in den Abendnachrichten hören, dass eine der Ihren das willkürliche Opfer eines brutalen Triebtäters geworden war, nachdem sie – noch nicht einmal einundzwanzigjährig – in Clubs unterwegs gewesen war. Also hatte die Universitätsleitung alle beteiligten Parteien kontaktiert – darunter das City of Miami Police Department und die Staatsanwaltschaft –, damit sie dichthielten. Das hieß, keine Pressekonferenzen und kein öffentliches Schaulaufen, wenn es zur Verhaftung kam. Die Sache wurde still und leise behandelt, was wahrscheinlich erklärte, warum in der heutigen Sitzung keine Kameras anwesend waren.
    «Wie ist sie gestorben?», fragte Lizette.
    Plötzlich schwang die Tür zum Richterzimmer auf. «Erheben Sie sich!», rief Steyns Gerichtsdiener. «Den Vorsitz hat der Ehrenwerte Richter Werner Steyn.»
    «Guten Tag allerseits», sagte der Richter mit einem leichten deutschen Akzent, als er sich niederließ und einigen Kollegen aus der guten alten Zeit zunickte. «Entschuldigen Sie die Verzögerung. Fangen wir gleich an. Wir haben ein großes Programm vor uns.»
    «Keine Handys, keine Kameras, keine Privatgespräche. Setzen Sie sich und schweigen Sie!», bellte der Gerichtsdiener.
    Alle Zuschauer fanden schnell einen Platz, während die Anwälte sich auf die jeweilige Seite begaben und Harmony den ersten Fall aufrief.
    Nervös sah sich Daria nach ihrem Ermittler um. Das Einzige, was sie über Manny Alvarez wusste, war, dass er schwer zu übersehen war. Egal wo. Doch war in dem vollen Gerichtssaal keine Spur zu sehen von seinem glänzenden kahlen Schädel.
    Auch wenn Chief Assistant State Attorney Vance Collier, der Leiter der Abteilung für Kapitalverbrechen und rechte Hand des Oberstaatsanwalts, es nicht ausgesprochen hatte, wusste Daria doch, dass er ihr diesen Fall aus einem bestimmten Grund persönlich übertragen hatte. Im September legte der Leiter der Abteilung für Sexualdelikte sein Amt nieder, und Daria hatte bei ihren Vorgesetzten verlauten lassen, dass sie ihren Hut in den Ring warf. Holly Skole war vor ihrer Ermordung brutal vergewaltigt worden. Der Fall wurde hoch gehandelt: ein gutaussehender Angeklagter, eine hübsche Studentin als Opfer und ein hässlicher, blutiger Mord, der garantiert in den Schlagzeilen landete, falls er falsch angefasst wurde. Die Beweislage, wenn auch vernichtend, beruhte allein auf Indizien, was die Sache selbstverständlich verkomplizierte. Dazu gab es verschiedene Parteien in der Gemeinde, die gebauchpinselt werden mussten, darunter die einflussreiche University of Miami und die noch einflussreichere Presse von Südflorida. Florida vs. Talbot Lunders war der perfekte Testfall. An ihm konnte Daria beweisen, dass sie sich für den Job als Leiterin einer der meistbeschäftigten, kontroversesten und emotional belastendsten Abteilungen der Staatsanwaltschaft eignete.
    Doch kaum war sie fünf Minuten im Rennen, begann ihr Pferd bereits zu straucheln. Und an diesem Punkt des Rennens konnte ein Straucheln genauso tragisch enden wie ein gebrochenes Bein. Denn falls Talbot Lunders auf Kaution freikam – aus welchem Grund auch immer –, wäre sie dafür verantwortlich. Es war immer leichter, etwas auszuhandeln, wenn der Täter hinter Gittern saß. Statistisch gesehen war es auch leichter, eine Verurteilung zu sichern. Doch ihre größte Sorge war, dass – falls Lunders rauskam – ein angeklagter Mörder frei in Miami herumlief, und zwar monatelang, bis endlich die Hauptverhandlung begann. Die Öffentlichkeit wäre nicht erfreut, wenn das herauskäme. Auch die Mächtigen im zweiten Stock der Staatsanwaltschaft nicht, die derzeit Darias Lebenslauf studierten und entschieden, ob sie gut genug war, ein oder zwei Sprossen auf der Karriereleiter emporzuklettern. Langsam wurde ihr bewusst, dass die Hitze des Rampenlichts, in dem sie gelandet war, ihre Karriere nicht nur vorantreiben, sondern auch verbrennen konnte.
    Die Parteien von Steyns erstem Fall begannen mit den mündlichen Ausführungen. Daria kaute an einer Nagelhaut, während sie mit der anderen Hand unter dem Aktendeckel hektisch eine SMS tippte.
    Je nachdem, wie schnell Steyn arbeitete, dauerte es vielleicht gar nicht mehr so lang, wie sie anfangs befürchtet hatte, bis Nummer dreizehn aufgerufen wurde …

6
    U nd sie hatte recht.
    Fünfundvierzig Minuten später lauschte Steyn den Ausführungen zu Fall Nummer zwölf. Über der Tür zum Gerichtssaal hing eine riesige Uhr und zählte mit

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