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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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geöffnet, das Handy lag inmitten zerknüllter Tarnkleidung.
    Diesmal ging es so schnell, dass sie beinahe aufgeschrien hätte, als die Verwandlung einsetzte, aber aus ihrem Schlangenmaul kam nur ein Zischen. Bis ihre Lippen daraus wurden, war der Drang bereits vorüber.
    Nackt lag sie neben der Ausrüstung der Hundinga auf derErde, schwer atmend von der Anstrengung und dem Qualm, der noch immer in ihrem Hals brannte.
    Ihre zitternde Hand tastete nach dem Handy.
    Es gab keine Anrufliste, nur eine einzige gewählte Nummer. Rosa tippte sie an.
    »Ja?«, meldete sich eine heisere Männerstimme. Alt und ungesund. Nicht hungrig.
    Rosa hustete Rauch aus der Lunge, sammelte ihre Kräfte und sagte, was sie zu sagen hatte.

    Wenig später näherte sich aus der Ebene der Lärm starker Rotoren.
    Der Hubschrauber kam unbeleuchtet, unsichtbar in der Nacht. Erst unmittelbar vor dem brennenden Palazzo schaltete der Pilot einen Scheinwerfer ein. Durch die Rauchschwaden stach das Licht in die Tiefe, strich über die Kronen der Olivenbäume, wanderte an Rosa vorbei, ging dreimal aus und wieder an. Ein Signal.
    Ein vielstimmiges Heulen wurde rund um das Anwesen laut, oben auf der Terrasse, an der Nordseite und im Süden am Tortunnel.
    Vom Fuß der Palmen aus beobachtete Rosa, wie der Hubschrauber auf die Wiese neben dem Vorplatz zuhielt. Kastanien und Buschwerk verbargen seine Landung. Es war eine schwere Transportmaschine, gewiss dreißig Meter lang, mit zwei gegenläufigen Rotoren über der Kanzel und dem Heck. Der dunkelgrüne Rumpf wies keine sichtbaren Kennzeichnungen auf. Womöglich eine ausgemusterte Militärmaschine.
    Rosa hörte hastige Schritte auf der Treppe und sprang zurück in den Schatten der Mauer. Zwei Männer rafften die Taschen zusammen und rannten damit in die Richtung des Helikopters. Dass das Handy fehlte, bemerkten sie nicht. Rosa hielt es noch immer in der Hand, als sie sich aus ihrem Versteck löste. Ihre eigene Kleidung, die bei ihrer ersten Verwandlung zurückgeblieben war, lag an der Wurzel eines Olivenbaums. Sie schlüpfte hastig in Hose und Shirt und huschte wieder die Stufen zur Terrasse hinauf.
    Die Hundinga waren fort und mit ihnen die Körper ihrer Toten. Selbst den Leichnam im Pool hatten sie herausgefischt. Rosa erkannte vage Gestalten mit ihren Lasten am südlichen Ende der Terrasse. Im Gegenlicht der Scheinwerfer sah sie sie ein letztes Mal, schwarze Striche vor dem gleißenden Lichtfanal hinter den Bäumen.
    Einen Augenblick später erhob sich die Maschine steil in den Himmel. Oberhalb der Baumkronen erloschen die Scheinwerfer. Rosa war sekundenlang blind, weil sie direkt in die Strahler geblickt hatte. Als sie wieder sehen konnte, war der Hubschrauber mit dem Nachthimmel verschmolzen. Sein Rotorenlärm entfernte sich nach Westen und wurde bald vom Prasseln der Flammen übertönt.
    Signora Falchi hatte sich an den Rand des Pools gezogen, so weit fort wie möglich von den wallenden Blutwolken im Wasser. Rosa half der totenbleichen Lehrerin ins Trockene, vergewisserte sich, dass ihr nichts zugestoßen war, und rief ihr über das Brandgetöse zu, dass sie die Auffahrt hinablaufen sollte. »Schaffen Sie das?«, fragte sie keuchend.
    »Was ist mit Iole?«
    »Sie ist in Sicherheit!« Keine Zeit für Diskussionen. »Nun hauen Sie schon ab!«
    »Und Sie?«
    Im Inneren des Palazzo krachte es. Eine Eruption aus Funken und Hitze schoss aus mehreren Fenstern zugleich.
    »Ich komme gleich hinterher«, brüllte Rosa gegen den Lärm an.
    Triefend und hustend machte sich die Lehrerin auf den Weg.
    Rosa rannte in entgegengesetzter Richtung über die Terrasse zur Wiese an der Nordwand. Sie bekam kaum Luft, der Rußgestank war entsetzlich, die Hitze ohnehin, aber der Wind aus der Ebene trieb den Qualm nach Osten den Hang hinauf in die Pinienwälder, und das bewahrte sie vor Schlimmerem.
    Vor der Tür zur Küche war niemand mehr zu sehen. Ein Stück weiter spiegelte sich Feuerschein auf den Scheiben des Glashauses, Rauch quoll aus dem zerbrochenen Fenster. Hoffentlich waren die Schlangen ins Freie geflohen.
    »Alessandro?«, rief sie heiser. »Iole?«
    Sie sah keine Leichen vor der Tür, keine Verletzten. Falls dort Tote gewesen waren, hatten die Hundinga auch sie mitgenommen.
    Hundegebell, links von ihr. Zwischen den Kastanien am Ende der Wiese tänzelte Sarcasmo um Iole, die mit dem Rücken an einem der Baumstämme lehnte und erschöpft eine Hand hob, um Rosa zuzuwinken.
    Wo war Alessandro?
    Sie suchte die Umgebung

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