Arkadien 02 - Arkadien brennt
entging einem mörderischen Biss und versetzte dem Hunding einen kräftigen Schlag mit der Pranke. Der heulte auf, aus seiner zerrissenen Kehle sprühte Blut. Alessandros Fell glänzte nass. Rosa konnte nicht erkennen, wie viel von dem Blut aus seinen eigenen Wunden stammte.
Sie feuerte erneut. Die Hundinga ließen von dem Leoparden ab und folgten ihren Gefährten in den Tortunnel.
Einen Augenblick später standen die beiden Panthera allein im Rauch, der jetzt immer heftiger aus allen Gebäudeteilen in den Innenhof quoll. Flammenschein zuckte hinter Fensterscheiben und tauchte die Szenerie in rotes Flackerlicht.
»Alessandro!« Rosa sah, dass der Leopard sich von hinten auf ihn stürzte.
»Nein!« Ihre Stimme überschlug sich und wurde zu einem heiseren Krächzen. Von hier aus konnte sie nichts tun. Das Risiko, Alessandro zu treffen, war zu groß.
Der Panther wurde zu Boden gerissen, zog den Leoparden mit sich, beide verschwanden in einer dichten Qualmwolke. Eines der Fenster ganz in ihrer Nähe zerplatzte in einer Scherbenkaskade.
Rosa spielte kurz mit dem Gedanken, hinab in den Hof zu springen. Die Lehrerin hatte es heil überstanden, warum also nicht sie? Aber selbst ein verstauchter Knöchel wäre dort unten ihr Todesurteil. Wenn die Hundinga zurückkehrten oder Michele sie angriff, dann war sie ihnen hilflos ausgeliefert.
Hustend und mit tränenden Augen rannte sie zurück auf den Gang, zum Dienstbotentreppenhaus und hinab ins Erdgeschoss. Auf den Stufen spürte sie erstmals die Hitze des Feuers. Als sie kurz darauf die Küche betrat, war die Tür nach außen verriegelt. Im Freien erklang wildes Gebell. Iole und Sarcasmo mussten einen anderen Weg genommen haben. Aber welchen?
Vielleicht gab es eine Möglichkeit. Doch dazu benötigte sie Zeit – und das Handy, mit dem der Hunding telefoniert hatte. Das aber lag unterhalb der Terrasse zwischen den Olivenbäumen, am Fuß der Palmen.
Der Rauch nahm ihr den Atem und die Sicht. Hastig durchnässte sie eines der Spültücher unter dem Wasserhahn und band es vor Mund und Nase. Dadurch bekam sie noch schlechter Luft, aber das bisschen, das zu ihr durchdrang, ließ sich atmen. Sicherheitshalber machte sie zwei weitere Tücher nassund nahm sie mit, als sie hinaus auf den Gang lief, einen Lagerraum durchquerte und dort eine niedrige Tür zum Innenhof entriegelte.
Der Rauch hing wie dichter Nebel in dem Geviert zwischen den Mauern. Hecheln und vereinzeltes Knurren drangen aus dem Grau, wahrscheinlich vom Tortunnel her, wo die Luft noch klarer war. Die Hundinga blieben auf Distanz, lauerten, warteten ab.
Etwa fünfzehn Meter vor Rosa kämpften Alessandro und Michele miteinander, Panther und Leopard, dunkle Umrisse inmitten des stinkenden Qualms. Flammenprasseln ertönte hinter den zerstörten Scheiben des Ostflügels, Feuer tanzte über hölzerne Fensterkreuze. Die beiden Raubkatzen umkreisten sich, preschten immer wieder nach vorn, schlugen mit den Pranken und bissen aufeinander ein.
Rosa bekam kaum noch Luft. Auf den Beinen zu bleiben erforderte ihre ganze Kraft. Halb blind überprüfte sie das Magazin der Pistole. Drei Kugeln.
Mit der Waffe im Anschlag lief sie ins Freie.
»Michele!«
Das Tuch dämpfte ihre Stimme, aber die beiden hörten sie trotzdem. Für einen Augenblick hielten sie inne. Der Leopard fauchte sie an. Sein Fell war blutverklebt, scheußliche Wunden klafften inmitten dunkelroter Flecken. Auch der Panther hatte Bissverletzungen und tiefe Kratzer davongetragen.
»Es endet hier«, sagte sie mit grimmiger Miene zu Alessandro. »Dieser Katze ziehe ich die Krallen.«
Der Mündungsblitz schlug eine Bresche in den Rauch, die Druckwelle trieb die Schwaden auseinander.
Das Schulterblatt des Leoparden wurde von der Gewalt des Einschlags zerschmettert. Michele heulte auf, machte einen taumelnden Satz über Alessandro hinweg und jagte auf Rosa zu.
Sie feuerte erneut.
Micheles Pfoten berührten noch einmal den Boden, als er sich zum letzten Sprung abstieß.
Ihr dritter Schuss traf ihn am Hals.
Er stieß ein Brüllen aus, geriet ins Schlingern, flog dennoch weiterhin auf sie zu, die Vorderbeine ausgestreckt. Dann begrub er Rosa unter sich.
Als sie am Boden aufkamen, war sein aufgerissenes Maul genau über ihrem Gesicht.
Erbarmungslos schnappten die Kiefer zu.
Arkadiens Stimme
E in Albtraum in Einzelbildern.
Eine zerhackte, zerkleinerte Bewegung in ein paar Dutzend Bildern pro Sekunde.
Der aufgerissene Schlund des Leoparden nahm Rosas ganzes
Weitere Kostenlose Bücher