Arkadien 02 - Arkadien brennt
Sichtfeld ein, ein schwarzes Loch, umrahmt von blutverschmierten Zähnen. Sie schien geradewegs hineinzustürzen, während das Maul auf sie niederstieß. Sein Atem roch nach Eisen und rohem Fleisch. Das Gewicht der Raubkatze drückte sie zu Boden, aber das spürte sie kaum.
Und während sie ihn in diesem endlosen Augenblick auf sich zukommen sah, verwandelte er sich zurück in einen Mann. Sein Blick brach. Blut schoss aus der Wunde am Hals, vorn, wo die Kugel in ihn eingedrungen war, und hinten, wo sie das Genick zerschmettert und seinen Körper verlassen hatte.
Die zuschnappenden Kiefer schrumpften zu denen eines Menschen, die Schnauze verkürzte sich, gelbes Fell verschmolz zu glatter Haut. Das alles sah sie vor sich, in der extremen, quälenden Zeitlupe ihres Schocks. Sie hörte seine Wangenknochen brechen und wieder zusammenwachsen, sah, wie sich Nasenbein und Augenhöhlen verformten, die Mundwinkel zusammenrückten, wie sich die Grübchen einkerbten, die denen von Alessandro so ähnlich waren. Und dabei senkten sich seine Züge weiter auf sie herab. Was als tödliches Schnappen, als gieriger, hasserfüllter Biss begonnen hatte, wurde zu einer Berührung, einem unfreiwilligen Kuss, als sein lebloses Gesicht auf ihrem zu liegen kam und einen Augenblick später seitlich abrutschte.
Rosa lag da, begraben unter Micheles Körper, und für einen Moment war sie wieder zurück in jener Nacht im Village. Aberzugleich erkannte sie, dass dies der Schlussstrich war. Tano war seit langem tot und nun auch Michele. Es war vorbei.
»Sie kommen zurück!«, brüllte jemand dumpf durch einen Mundschutz. »Wir müssen runter vom Hof.« Iole.
Dann hörte Rosa ein vertrautes Bellen drüben am Eingang, und dort stand Sarcasmo neben dem vermummten Mädchen, das wild in Richtung Tunnel gestikulierte.
Bald wird das alles egal sein, dachte Rosa entrückt. Der Rauch bringt uns um, hat uns vielleicht längst vergiftet.
Ein Ruck erschütterte ihren Körper, ein Rammstoß des schwarzen Panthers in Micheles Seite. Der Leichnam wurde fortgeschleudert und sie war frei.
Alessandro, noch immer Raubkatze, zerschunden und blutend, stieß sie an und bedeutete ihr aufzustehen. Iole kam herangelaufen und half ihr auf die Beine, stützte sie, dieses schmale, unterschätzte, gar nicht so hilflose Mädchen, führte sie zurück ins Haus und Sekunden später fiel die Tür hinter ihnen zu.
Rosa glitt aus Ioles Griff zu Boden, spürte Sarcasmos Zunge aufmunternd auf ihrer Wange und sah zugleich Alessandro vor sich, der keine Anstalten machte, wieder zum Menschen zu werden.
Die Kälte breitete sich in ihr aus. Das Serum hatte seine Wirkung verloren, Schuppen bildeten sich unter ihrer transparenten Haut, wuchsen und schoben sich nach außen. Sie wollte es aufhalten, aber sie war zu schwach.
Mit letzter Kraft legte sie ihren Plan dar. Ihre Worte endeten in Zischen und Fauchen. Sarcasmo knurrte sie an und wich zurück. Iole streichelte sein rußiges Fell. Alessandro aber kam näher, beugte das Pantherhaupt über sie und stupste sie mit der schwarzen Nase an.
Er hatte verstanden.
Er wusste, was sie gemeinsam zu tun hatten.
Iole riss die Tür ins Freie auf.
»Jetzt!«, flüsterte sie und hielt mit einer Hand Sarcasmo fest, der sonst mit hinaus in die Nacht gestürmt wäre. Er zog und zerrte am Halsband, aber sie ließ ihn nicht los.
Rosa schlängelte sich über die Schwelle nach draußen. Alessandro setzte mit einem Sprung über sie hinweg, landete vor ihr auf dem Schotterweg und nahm Kampfstellung ein.
Hundinga heulten im Dunkeln, kamen hechelnd heran, wühlten Erdreich auf. Speichel flog von ihren Lefzen.
Es waren drei und Rosa konnte nur hoffen, dass Alessandro mit ihnen fertigwurde. Sie glitt flach am Boden durch die Finsternis, an der Fassade entlang, in den Winkel zwischen Mauer und Schotter geschmiegt. Hinter ihr ertönten Schnappen und Fauchen, während oben in der Wand die Hitze ein Fenster zerplatzen ließ. Glas und Glutfunken regneten herab und prallten von ihrem Schuppenpanzer ab.
Sie erreichte die Terrasse, entdeckte einen Hunding in der Nähe des Pools und sah zugleich die Lehrerin im Wasser, die sich eng unter den Steinrand presste, damit das Biest sie nicht entdeckte.
Keiner der beiden bemerkte Rosa, als sie sich um das Steingeländer schlängelte, ein wilder Slalom, der sie schließlich zur Treppe führte. Sie glitt hinunter, folgte dem Verlauf der Mauer und stieß bald auf die Taschen der Hundinga.
Die eine war noch immer
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