Arkadien 02 - Arkadien brennt
spendete Licht. Die übrige Beleuchtung reagierte auf Bewegungsmelder, die die Hundinga genau wie jene an der Außenseite zerstört hatten.
Trotzdem erkannte sie mit pochendem Herzschlag einen schwarzen Umriss, der in diesem Moment durch den wirbelnden Rauch schnellte und sich auf einen riesenhaften Mastiff stürzte. Alessandro! Andere Hundinga umkreisten die beiden, aber ihr Ring wurde schon im nächsten Moment von einem Leoparden gesprengt, der von einem reglosen Gegner abließ und mitten unter sie fuhr.
Rosa war nicht sicher, ob der Rauch den beiden Panthera half oder sie eher behinderte; erst recht verstand sie nicht, weshalb Michele an Alessandros Seite kämpfte. Wahrscheinlich blieb ihm keine Wahl. Wenn er überleben wollte, musste er sich die Hundinga vom Leib halten.
Schweren Herzens wandte sie sich ab und lief zurück auf den Gang.
Valerie war fort.
Rosa hielt noch immer die Pistole in der Hand. Sie schwor sich, sie zu benutzen, wenn Val ihr noch einmal in die Quere kam. Weit konnte sie nicht sein.
Halb erstickt von dem beißenden Rauch rannte sie los, den Korridor hinab, um die Ecke und zu dem Vorhang, hinter dem sie sich vorhin versteckt hatte. Er war beiseitegeschoben, die Tür dahinter stand offen. Iole und Sarcasmo hatten hoffentlich schon das Erdgeschoss erreicht.
Sie musste noch etwas erledigen. Eilig sprang sie die Treppe hinunter, betrat den ersten Stock und erschrak, als sie sah, wie dicht hier der Rauch durch die Gänge trieb. Sie hieltsich die Armbeuge vor Nase und Mund, stolperte durch die Schwaden in den Westflügel und stieß mit einem heftigen Tritt die Eisenstange beiseite, die die Tür von Signora Falchis Zimmer versperrte.
»Nicht schießen!«, brüllte sie, bevor sie die Tür aufriss.
Niemand war im Raum. Das Fenster stand weit offen, genau wie vorhin, als die Lehrerin von dort aus die Hundinga auf der Terrasse unter Feuer genommen hatte. Das Bettzeug lag zerwühlt am Boden.
»Signora Falchi?« Sie lief ins Zimmer, hinüber zur Badtür. »Ich bin’s. Rosa Alacantara.«
Auch das Badezimmer war leer. Sie stürmte zum Fenster und sah nach unten. Bis zum Steinboden der Terrasse waren es über vier Meter. Die Matratze vom Bett lag am Fuß der Fassade.
Signora Falchi paddelte mitten im Swimmingpool auf der Stelle und stieß angewidert den treibenden Leichnam eines nackten Mannes von sich, als müsse sie sich seiner Zudringlichkeiten erwehren.
»Signora!« Rosa beugte sich aus dem Fenster. »Hier oben!«
Die Lehrerin blickte auf. »Signorina Alcantara! Wo steckt Iole? Ist sie in Sicherheit?«
»Ja«, log sie. »Was ist mit den Hunden?«
»Eben waren sie noch hier. Ich dachte, vielleicht sind sie wasserscheu. Ich hatte mal einen Dackel, der –«
»Sind alle in den Innenhof gelaufen?«
»Woher soll ich das wissen?«
»In Richtung des Haupttors?«
»Ja … ja, ich denke schon.«
Wie viele mochten noch am Leben sein. Acht? Zehn? Vielleicht viel mehr? Alessandro würde nicht lange durchhalten. Sie musste zu ihm. Sie hatte noch immer die Pistole. Vielleicht –
»Kommen Sie da raus!«, rief die Lehrerin zu ihr herauf. »Der ganze Palazzo steht in Flammen!«
Rosa wandte sich wortlos von der Lehrerin im Pool ab und rannte über den Flur in ein Gästezimmer, das zum Innenhof gelegen war. Sie fegte den Vorhang beiseite, riss das Fenster auf und blickte hinaus.
Durch den Rauch erkannte sie, dass gekämpft wurde, aber von hier aus sah sie nicht mehr als zwei Knäuel aus Körpern, hörte das Schnappen und Heulen und Fauchen der Gegner. Und sie entdeckte weitere Hundinga, die in einer losen Reihe vom Tor her näher rückten.
Ohne nachzudenken, legte sie an und feuerte. Sie hatte in den letzten vier Monaten geübt, mit einer Waffe umzugehen, aber sie war alles andere als treffsicher.
Der zweite Schuss erwischte einen schwarzen Dobermann – womöglich der Anführer – und schleuderte ihn zu Boden. Der nächste ging fehl, aber die vierte Kugel verletzte einen in der Seite. Sie musste sein Herz getroffen haben, denn noch während er stürzte, verwandelte er sich zurück in einen Menschen. Die Übrigen, die vom Tor herangekommen waren, knurrten sie an, machten aber kehrt und zogen sich in den Tunnel zurück. Sie brauchten nur zu warten. Irgendwann würde das Feuer die Panthera und die letzten Menschen aus dem Inneren des Palazzo in ihre Arme treiben.
Auch der Panther blickte zu ihr herauf. Als sein Gegner den Moment nutzen wollte, fuhr Alessandro gerade noch rechtzeitig herum,
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