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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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aus New York?«
    »FedEx?«
    »Ich mein’s ernst, Rosa.«
    »Ich hab keinen Schimmer. Ist mir jetzt auch egal. Aber es hat gutgetan, mit dir darüber zu reden … Und, Alessandro? Entschuldige, dass ich … Du weißt schon, oder?«
    »Ich hab dich sehr, sehr gern«, sagte er sanft.
    »Ich dich auch. Und ich freu mich drauf, dich wiederzusehen. Aber nicht hier in New York. In ein paar Tagen bin ich wieder zu Hause. Das hier ist etwas, das ich allein erledigen muss.« Sie zögerte kurz. »Und komm nicht auf die Idee, mit Trevini zu sprechen. Das ist meine Sache. Okay?«
    »Es geht mich aber genauso –«
    »Bitte, Alessandro! Sie werden mich niemals für voll nehmen, wenn sie glauben, ich schicke ausgerechnet einen Carnevare vor, sobald es brenzlig wird. Außerdem hast du genug eigenen Ärger.«
    Sie wollte ihn küssen dafür, dass er nicht widersprach.
    »Ruf mich jeden Tag an, ja?«, bat er.
    »Mach ich.«
    Sie verabschiedeten sich. Rosa steckte das Handy ein und horchte auf das wohltuende Echo seiner Stimme in ihrem Kopf. Das Gespräch mit ihm und die Tatsache, dass sie weit voneinander entfernt waren, laugten sie mehr aus als der verunglückte Besuch vor dem Haus ihrer Mutter. Sie hatte Sehnsucht nach ihm, aber sie konnte das ihm gegenüber nicht so ausdrücken, wie sie wollte. Dass er es sicher trotzdem wusste, machte es nicht besser. Dabei wunderte sie sich über ihren Drang, ihm ihre Gefühle auf die Nase zu binden. Das war nie ihre Art gewesen. Warum also jetzt so ein Mitteilungsbedürfnis? Peinlich. Zumindest ungewohnt.
    Schließlich verklang seine Stimme in ihrem Kopf. Die Stille hatte sie wieder, mitten in der lautesten Stadt Amerikas.
    Noch einmal checkte sie ihre E-Mails. Keine Antwort von Trevini. Kurz war sie versucht, sich das Video erneut anzusehen. Aber nicht hier im Park, nicht in dieser Kälte, wo sie nicht spüren würde, wenn die andere Kälte in ihr emporkroch.
    Der Bronzepanther bleckte seine Eiszapfenfänge. Jetzt fand sie überhaupt nicht mehr, dass er wie Alessandro aussah. Lauernd folgte ihr sein Blick, als sie sich auf den Weg machte.
    Wenn sie herausfinden wollte, wie Trevini an das Video gelangt war, gab es nur eine, die sie fragen konnte.

Freaks
    R osa und Valerie waren sich zum erste Mal online begegnet. In einer Community, die sich Suicide Queens nannte, kannte niemand den anderen persönlich. Alle wussten lediglich voneinander, wie sie aussahen in den verschiedenen Phasen von hellwach über benommen bis so-gut-wie-tot. Die Webcams waren unerbittlich, wenn es darum ging, ihr Sterben aufzuzeichnen und ins Netz zu stellen.
    Nur Mädchen und junge Frauen waren Mitglieder. Wobei es geteilte Meinungen darüber gab, ob eine Mittzwanzigerin namens Lucille Seville nicht doch einmal ein Mann gewesen war. Jedenfalls trug sie eine Perücke; das wussten sie, weil die Sanitäter sie versehentlich beim Abtransport heruntergezogen hatten.
    Die Regeln der Suicide Queens waren denkbar einfach. Jeden Abend war eine von ihnen an der Reihe: Eine Begrüßung vor laufender Kamera an alle, die eingeloggt waren, dann die Präsentation der Pillen. Für gewöhnlich fand diese Einleitung bereits vor dem Bett oder Sofa statt, auf dem sich alles Weitere abspielen würde. Die ersten Punkte gab es von den übrigen Queens für die Anzahl der Tabletten. Weitere Punkte für die Überzeugungskraft, die anschließend beim telefonischen Notruf an den Tag gelegt wurde. Manche schrien und heulten hysterisch; einige blieben ganz ruhig und sagten nur: »Gleich bin ich tot. Holt mich, wenn ihr könnt.«
    Zu Letzteren gehörte Valerie. Sie schluckte mehr Pillen als alle anderen, und irgendwie kam sie an das ganz harte Zeug heran; als nächste Stufe wäre ihr nur Rattengift geblieben. Sie spülte die Medikamente mit Alkohol hinunter und blieb beim Notruf kurz angebunden. Danach legte sie sich aufs Bett, gutsichtbar für die Community draußen an den Monitoren, und wartete auf den Schlaf. Und auf die Rettungsmannschaft. Mal dauerte es nur ein paar Minuten, mal eine halbe Stunde. Valerie behauptete, sie hätte schon häufig das Licht am Ende des Tunnels gesehen. Den Film ihres Lebens kenne sie in- und auswendig, weil sie ihn so oft vor ihrem inneren Auge habe ablaufen sehen.
    Keine machte Val etwas vor. Sie schluckte die meisten Schlafmittel, sie blieb am längsten bei Bewusstsein und mindestens einmal hatte sie der Rettungszentrale die Nummer ihres Apartments verschwiegen. Die Sanitäter hatten sich erst durch den halben

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