Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Trockeneismeer, hingen Tausende von Traumfängern. Jemand musste die Andenkenläden der Indianerreservate leer gekauft haben, um eine solche Anzahl zusammenzutragen. Wie Mobiles aus Weidengeflecht und Federn, Perlenschnüren und Pferdehaar baumelten die Traumfänger dort oben, manche unmittelbar unter der Decke, andere tief im Nebel. Es gab große und kleine, schlichte und extravagante Exemplare, und sie alle bebten im Dröhnen der Lautsprecher, pendelten und drehten sich.
    Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie mitten auf der Treppe stehen geblieben war. Nachdrängende Besucher streiften sie ungeduldig, aber ein paar andere verharrten ebenfalls und bestaunten den Anblick.
    Sie riss sich davon los, stieg die übrigen Stufen hinab und durchbrach die Trockeneisschicht. Das Bild, das sich ihr darunter bot, war nicht weniger exzentrisch. Der Boden war von einem Labyrinth aus Gängen durchzogen, wie Schützengräben eines nebelverhangenen Schlachtfelds. Sie verbanden ein halbes Dutzend Tanzflächen miteinander. Aufgestylte Besucher schoben sich durch die engen Schneisen, Körperkontakt war erwünscht und nicht zu vermeiden. Spotlights flimmerten über ihren Köpfen. In den Gräben selbst gab es diffuse Lichtstreifen als Wegweiser und vereinzelte Funzeln, deren Schein keine zwei Meter weit reichte. Die meisten Clubs versuchten, ihren Gästen eine eigene Welt vorzugaukeln, aber Rosa kannte keinen, dem es mit so einfachen Mitteln derart effektiv gelang wie dem Dream Room .
    Bald ließ auch sie sich durch die Schneisen treiben, musterte die Kellnerinnen, sah aber keine, die Ähnlichkeit mit Valerie hatte. Sie rechnete kaum damit, sie noch hier anzutreffen. Womöglich aber erinnerte sich jemand an sie und wusste, wo sie zu finden war. Ganz sicher hatte Trevini eine Erklärung parat, wie er an Valeries Video gekommen war, doch sie bezweifelte, dass er die Wahrheit sagen würde. Es konnte nicht schaden, auf eigene Faust so viel wie möglich über Valerie herauszufinden.
    Am Rand einer Tanzfläche beugte sie sich über die Theke und fragte den Barkeeper, ob er eine Valerie Paige kenne. Kopfschütteln. Ebenso beim zweiten und dritten Versuch. Sie wollte sich gerade wieder ins Getümmel der Gräben stürzen, als sie Zeugin eines erstaunlichen Auftritts wurde.
    Die Menge wich vor einer Gruppe schwarz gekleideter Bodyguards zurück. Die Männer überragten die meisten Gäste um eine Kopflänge, neben spinstigen Emo-Mädchen und geschminkten Goths wirkten sie wie Trolle. In ihrer Mitte schwebte eine Gestalt aus einer anderen Zeit. Eine junge Frau, Mitte zwanzig, mit rabenschwarzem Haar, hohen Wangenknochen und auffallend großen Augen glitt aus den Trockeneisnebeln auf die Tanzfläche und nahm sie schlagartig in Besitz. Sie trug einen weiten schwarzen Reifrock, rundum abgesetzt mit Spitze, die den Boden berührte. Völlig selbstversunken wiegte sie ihren schlanken Oberkörper über dem monströsen Rock in fließenden, kreisenden Bewegungen. Ihre Leibwächter scheuchten Gäste zurück, die ihr zu nahe kamen, aber das schien sie nicht wahrzunehmen. Falls sie überhaupt bemerkte, dass sie sich inmitten anderer Menschen bewegte, so zeigte sie es durch nichts. Zahllose Augenpaare beobachteten sie, und kaum eines war darunter, das weniger als andächtige Ehrfurcht verriet.
    »Wer ist das?«, fragte Rosa eine der Bedienungen und wurde mit einem so verächtlichen Blick bedacht, als hätte sie sich im Petersdom nach dem alten Mann am Altar erkundigt.
    »Ihr Name ist Danai Thanassis«, sagte eine männlicheStimme neben ihr. Ein schmächtiger Junge, ein wenig älter als sie selbst, beugte sich zu Rosa herüber; seine Freundin konnte die Augen nicht von der grazilen Tänzerin abwenden. »Sie ist Europäerin. Aus Jugoslawien oder Griechenland, glaub ich. Immer wenn sie hier ist, hört die Welt auf, sich zu drehen.« Das klang ein wenig leidgeprüft, so als habe seine Begleiterin ihn nur hergeschleppt, um diesen Auftritt mitzuerleben.
    »Was ist sie? Ein Popstar oder so was?«
    Er schüttelte den Kopf. »Reiche Tochter, erzählt man sich. Sehr reich. Und sehr sonderbar.«
    Die gleitenden Kreise der Tänzerin wurden größer und drängten die Umstehenden immer enger an die Wände. Einige versuchten sich in angrenzende Gänge zurückzuziehen, stießen aber dort auf einen Wall aus nachdrängenden Besuchern, die sich den faszinierenden Tanz der Danai Thanassis nicht entgehen lassen wollten.
    Rosa fiel ein Mann auf, der sich, begleitet von einem der

Weitere Kostenlose Bücher