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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Vergewaltigung zu einem alltäglichen Vorfall mit elfstelligem Aktenzeichen zu machen.
    Die Party war Valeries Vorschlag gewesen, irgendjemand hatte ihr beim Kellnern die Adresse zugesteckt. Rosa und sie leisteten sich ein Taxi, weil U-Bahn-Fahren an Halloween ein Höllentrip war; und schon auf der Rückbank begannen sie mit dem Trinken. Rosa wusste nur, dass sie ins Village fuhren, aber sie kannte weder die Straße, noch hatte sie danach eine Erinnerung an das Haus, vor dem sie ausgestiegen waren. Eines dieser typischen Brownstones, ein mehrgeschossiger alter Ziegelbau.Die Polizei sprach später mit Valerie, doch auch sie behauptete, sich nicht an die Adresse erinnern zu können. Vielleicht war das die Wahrheit, vielleicht auch nur eine weitere Lüge, um sich in der Szene nicht den Ruf einzuhandeln, sie wäre jemand, der sich mit Cops abgab.
    Letztlich spielte es keine Rolle. Nach diesem Abend wollte Rosa Valerie nicht wiedersehen, und aus Gründen, die Rosa anfangs für ein schlechtes Gewissen hielt, später für Gleichgültigkeit, machte auch Val nie den Versuch, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Was ein paar Monate lang wie enge Freundschaft ausgesehen hatte, war in Wahrheit nur eine Zweckgemeinschaft gewesen, die auf Valeries Verständnis von Vergnügen basierte. Die Vergewaltigung hatte dem ein Ende gesetzt, für eine von ihnen war der Spaß vorbei. In Valeries Welt aus angesagten Clubs zwischen Brooklyn und Downtown war weder für Bedauern noch für Rosa fortan Platz.

    Sechzehn Monate später kannte Rosa Valeries Nummer längst nicht mehr auswendig, und das Handy, in dem sie gespeichert gewesen war, existierte nicht mehr. Sie hatten einander nie zu Hause besucht. Eine Valerie Paige stand nicht im Telefonbuch, und der Nachname war viel zu verbreitet, um ihn als Grundlage für Nachforschungen zu nutzen.
    Im Nachhinein erschien es ihr sonderbar, wie spurlos Valerie aus ihrem Leben verschwunden war. Selbst die Suicide Queens gab es nicht mehr im Netz, nachdem für ein Mädchen der Wettbewerb unwiderruflich geendet hatte. In einem Forum fand Rosa Hinweise, dass die Community auf einem neuen Server unter geändertem Namen weiterexistierte. Direkte Links aber gab es keine, auch keine anderen Anhaltspunkte für die neue Netzidentität der Mitglieder. Ohnehin bezweifelte sie,dass sie Valerie dort noch angetroffen hätte; wahrscheinlich hatte sie längst den Spaß an Placebos und Apfelsaft verloren und suchte sich ihre Ablenkung anderswo.
    Nachdem sich Trevini bis zum späten Abend noch nicht bei ihr gemeldet hatte, ließ Rosa sich von einem Taxi in den Meatpacking District fahren. Sie hatte den Laden, in dem Valerie gekellnert hatte, nie gesehen, aber sie erinnerte sich an den Namen. The Dream Room . Im Internet hatte sie die Adresse gefunden und war fast ein wenig erstaunt, dass sich nicht restlos alles, was mit Valerie zusammenhing, in Luft aufgelöst hatte.
    Kurz vor Mitternacht stieg sie aus dem Taxi und reihte sich in die Schlange vor dem Eingang ein. Der Club lag in einer Seitenstraße. Das Gebäude war, wie so viele andere in diesem Viertel, früher ein Schlachthaus gewesen, das verriet ein antiquierter Schriftzug, der im zweiten Stock auf dem dunklen Backsteinmauerwerk prangte. Die Leuchtreklame des Dream Room nahm sich dagegen fast bescheiden aus. Vor der Stahltür standen einige Dutzend Wartende. Zwei bullige Türsteher überprüften die Besucher und kontrollierten die Ausweise. Rosa in ihrem knappen Kleid, den schwarzen Strumpfhosen und den Stahlkappenstiefeln wurde anstandslos eingelassen. Sie hatte sich keine allzu große Mühe mit ihrem Outfit gegeben, aber weil ihr hellblondes Haar sich kaum bändigen ließ und in wildem Kontrast zum Schwarz ihrer Kleidung stand, war sie aufgetakelt genug für Manhattans schicke Clubszene. Immerhin: Eine Asiatin mit pinkfarbenen Hairextensions warf auf dem Weg die Betontreppe hinab einen neidvollen Blick auf Rosas Mähne.
    Die Innenarchitekten des Dream Room hatten den Boden des Erdgeschosses entfernen lassen, so dass ein enorm hoher Raum entstanden war. Von der Treppe aus sah man nichts als eine weite, wabernde Fläche – eine Wolkendecke aus Trockeneis verbarg den Blick von oben auf die Tanzfläche. Hier und da rissen die grauen Schwaden auf und offenbarten ein Gewimmel aus Leibern. Ein Dauerfeuer aus Beats zwischen Industrial und Jungle wummerte aus unsichtbaren Boxen.
    Jetzt verstand Rosa, woher der Name des Dream Room rührte. An der Decke, hoch über dem

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