Arkadien 02 - Arkadien brennt
Türsteher, aus der Menge hinter die Theke schob. Er war Italiener, jedenfalls italienischer Abstammung. Er redete auf das Personal ein, das sich sofort beflissen um ihn scharte. Der Besitzer des Clubs, zumindest aber jemand, der etwas zu sagen hatte.
Während Danai Thanassis ihre betörende Solo-Show abzog, drängte Rosa sich auf ihn zu und bewegte sich dabei mit so viel Nachdruck gegen den Strom, dass der Türsteher einen aufmerksamen Blick in ihre Richtung warf.
Die Musik steigerte sich zu einem frenetischen Tosen aus Bässen und Beats, als Rosa das Ende der Theke erreichte und mit erhobenem Kinn vor den Koloss trat. »Ich will mit dem Chef sprechen.«
Der Mann verzog mitleidig die Mundwinkel. Hinter ihm redete sein Boss noch immer auf die Angestellten ein, ohne Rosa zu beachten.
»Ich kann warten, bis er fertig ist«, sagte sie mit Unschuldsmiene, »gar kein Problem.«
»Was willst du von Mister Carnevare?«
Sie war überrascht, aber nicht sehr. Jeder Scheißhaufen auf ihrem Weg schien nur darauf zu warten, dass sie hineintrat. Alles eine Sache der Gewöhnung. Alessandro hatte sie vor seiner New Yorker Verwandtschaft gewarnt und – voilà!
»Ich bin seine Cousine«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken. »Aus Palermo.« Als der Hüne die Stirn runzelte, fügte sie in gespielter Verzweiflung hinzu: »Sizilien? … Italien? … Es gibt Land auf der anderen Seite des Wassers da unten im Hafen.«
Der Blick des Türstehers verdunkelte sich gefährlich. Sie fürchtete, sie hatte die Schraube überdreht. Die Frage, ob er auch Frauen schlug, stellte sich kaum.
»Bestellen Sie ihm bitte einen Gruß«, sagte sie, bevor er auf dumme Ideen kommen konnte, »und sagen Sie ihm, dass ich hier bin.« Sie lugte über seine Schulter hinüber zu »Mister Carnevare« und stellte fest, dass er aus der Nähe nicht übel aussah. Ganz und gar nicht übel.
»Seine Cousine?«, wiederholte der Türsteher wie ein Roboter.
»Zweiten Grades.«
»Aus Paris?«
»Palermo.« Sie winkte ab und schenkte ihm ein Lächeln. »Ach, sagen Sie einfach Europa.«
Noch einmal musterte er sie mürrisch von oben bis unten und wägte wohl ab, ob sie ihm bereits Grund genug gegeben hatte, sie achtkantig aus dem Club zu werfen. Dann aber drehte er sich um und ging zu seinem Chef.
Rosa nutzte den Moment für einen Blick zur Tanzfläche. Danai stand nun reglos inmitten eines Lochs in der Menge, das die Bodyguards für sie frei hielten. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Kopf zur Seite geneigt wie bei einer mechanischen Puppe, deren Aufziehuhr abgelaufen war. Auf einmal rührte sie sich wieder und schwebte auf dem Spitzenbesatz ihres Kleides hinüber zur nächsten Gangmündung. Die Leibwächter beeilten sich, ihr eine Gasse zu bahnen. Obwohl sie dabei wenig zimperlich waren, gab es erstaunlich wenig Murren und Widerspruch unter den Umstehenden. Alle waren gebannt von der Aura der Tänzerin.
Während Danai Thanassis dem Ausgang näherrückte und sich die Menge langsam vom Zauber ihrer Anwesenheit befreite, legte jemand von hinten die Hand auf Rosas Schulter.
Blutsverwandt
L ilia«, sagte Rosa laut, um die Musik zu übertönen. »Lilia Carnevare.«
Der Clubbesitzer beugte sich vor, als wollte er ihren Atem riechen. Sie spürte Schweißperlen auf ihrer Stirn, aber hier unten im Club schwitzten alle.
»Lilia«, wiederholte er. »Verzeih mir, sind wir uns schon begegnet?«
Sie feuerte einen Schuss ins Blaue ab und wusste, wie schrecklich schief das gehen konnte. »Auf einem Geburtstag des Barons … Onkel Massimo. Ich war noch ziemlich jung damals. Sieben oder acht.«
»Dann entschuldige, dass ich dich übersehen habe.« Es gelang ihm, selbst dabei wie ein Gentleman zu klingen.
»Ich war noch nicht so … entwickelt.« Das entlockte dem Türsteher ein Grinsen, ließ seinen Chef aber kalt. Sie musste sich zusammenreißen, durfte ihn vor allen Dingen nicht unterschätzen.
Er war größer als Alessandro, ebenso sportlich, aber attraktiv auf eine Weise, die sie eher an Tano und Cesare erinnerte. Er hatte die Hemdsärmel bis zu den Ellbogen hochgeschoben, nicht gekrempelt, und seine muskulösen Unterarme waren stark behaart. Er schien es gewohnt, dass seine Anweisungen befolgt wurden. Wenn er lächelte, entblößten seine Lippen perfekte Reihen schneeweißer Zähne. Seine funkelnden braunen Augen verunsicherten sie. Sie konnte sich vorstellen, wie viele Frauen dem Versprechen in seinem Blick schon erlegen waren, aber sie zweifelte nicht daran,
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