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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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eindringlich an, nicht anzüglich, wie sie es beinahe erwartet hatte, sondern neugierig. Als ob er fasziniert davon wäre, wie sie mit Belanglosigkeiten seine Zeit stahl.
    »Wie ist ihr Name?«
    »Valerie.«
    »Und weiter?«
    »Valerie Paige.«
    Falls dies ein Name war, mit dem er mehr verband als eine Lohnabrechnung, verriet er es nicht. »Die hat mal hier gearbeitet, vor ein, zwei Jahren. Seitdem nicht mehr.«
    »Fuck.«
    »Ich kann dir leider nicht helfen.«
    Sie sah auf ihre Schuhe. »Tut mir leid. Du hast es eilig, und ich belästige dich mit so ’nem Mist.«
    Er stupste mit dem Finger an ihre Nasenspitze und lächelte. Er sah erschreckend attraktiv aus, und zum ersten Mal meinte sie einen Hauch von Alessandro in ihm zu erkennen. »Wir sind schließlich blutsverwandt, hm?«
    Sie räusperte sich und riss ihre Augen von seinem Gesicht los. Unmittelbar über ihren Köpfen schwebte die Nebelschicht. An einigen Stellen baumelten Traumfänger durch die Schwaden.
    »Wozu sind die gut?«, fragte sie.
    »Sie sammeln die Träume aller, die dort unten tanzen, und werfen sie gebündelt auf sie zurück. Das ist besser als jede Droge.«
    Nun wandte sie sich ihm doch wieder zu, um herauszufinden, ob er sie auf den Arm nehmen wollte. Aber noch immer wirkten sein Lächeln und die nussbraunen Augen aufrichtig.
    Sehr blond fragte sie: »In echt jetzt?«
    Michele lehnte sich auf die Brüstung der Galerie. Selbst seine verdammten Hände waren schön. »Wer in den Dream Room kommt, sieht Dinge, die es anderswo nicht gibt. Oder die dort unsichtbar bleiben.«
    »Schreibt das in eure Werbung.«
    »Tun wir.«
    »Ups.« Sie lächelte. »Sieht aus, als verstehst du was von dem Geschäft.«
    Es waren die Grübchen. Die gleichen wie bei Alessandro. Sie waren da, auch wenn er nicht lächelte. Blutsverwandt – nur eben nicht mit ihr.
    Sie beugte sich zu ihm hinüber und gab ihm einen federleichten Kuss auf die Wange. »Danke«, sagte sie. »Und, noch mal, tut mir leid, dass ich dir auf die Nerven gegangen bin.« Er roch nach Rasierwasser.
    »Wie alt bist du?«, wollte er wissen.
    »Achtzehn.«
    »Du siehst jünger aus.«
    »Das sagen viele.«
    »Ich wette, sie haben am Eingang deinen Ausweis verlangt.« Nun schien er fast ein wenig niedergeschlagen. Aber die Grübchen blieben. »Wenn nicht, müsste ich die Kerle feuern.«
    Ihr wurde siedend heiß. »Oh«, sagte sie leise.
    »Mach dir nichts draus. Du wusstest ja nicht, wem der Laden gehört.«
    »Die haben meinen Namen gelesen.«
    »Sie haben ihn wiedererkannt. Und sie haben ihre Anweisungen. Manche Namen sorgen hier bei uns für Unruhe. Obama. Bin Laden.« Er zuckte die Achseln. »Alcantara.«
    Sie musste sich nicht erneut umsehen, um zu wissen, dass sie von der Galerie nicht mehr herunterkam. Er stand ihr im Weg, und da waren die Sicherheitsleute. Sie hörte Schritte auf dem Eisengitter. Plötzlich sehr nah.
    »Das war eine Lüge«, flüsterte sie. »Du hast es nicht eilig.«
    »Oh, doch.«
    »Warum hast du dann nicht gleich –«
    »Ich wollte herausfinden, was Alessandro an dir gefällt.« Wieder dieses charmante Lächeln. »Abgesehen vom Offensichtlichen.«
    Sie wollte herumwirbeln, aber da packte sie ein kräftiger Arm von hinten und hielt sie fest. Sie hörte verzerrte Stimmen aus einem Headset, ganz nah an ihrem Ohr.
    Das Schlimmste war, dass sie seinem Blick jetzt nicht mehr ausweichen konnte.
    »Shit«, sagte sie leise.
    Mit der Fingerspitze berührte er seine Wange, wo ihre Lippen sie gestreift hatten. »Ich weiß, was du getan hast.«

Vergeltung
    S ie knebelten Rosa, fesselten ihre Hände und Füße und warfen sie ins fensterlose Heck eines Lieferwagens. Als die Metalltür hinter ihr verriegelt wurde, blieb sie allein in der Dunkelheit liegen und gab sich Mühe, das Reptil in sich zu wecken.
    Es klappte nicht.
    Sie versuchte es durch Konzentration, aber das war aussichtslos in ihrer Situation. Dann durch ihren Zorn auf Michele. Keine Chance.
    Der Wagen setzte sich in Bewegung und es ging bergauf. Mit einem Ächzen kullerte Rosa über den Boden nach hinten und krachte gegen die Hecktür. Manhattans nächtlicher Straßenlärm wurde lauter. Sie fuhren die Rampe einer Tiefgarage hinauf und fädelten sich in den Verkehr. Dumpf hörte sie die Stimmen zweier Männer vorne im Fahrerraum, konnte aber nichts verstehen.
    Sie lag jetzt auf der Seite, mit angezogenen Knien und zerrissenen Strumpfhosen, die Hände hinter dem Rücken verschnürt, die Füße schmerzhaft fest

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