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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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in dem sie jede Kontrolle über ihren Körper verlor.
    Metall klirrte, als Werkzeug aus dem Wagen geladen wurde. Schritte stapften durch Schnee, dann hörte sie Stimmen draußen vor der Tür.
    Rosa begriff erst, dass sie kein Mensch mehr war, als sie inmitten ihrer Kleidung zu Boden sank. Es tat nicht weh, das tat es nie. Es war fast angenehm, als legte sie mit ihrem menschlichen Körper auch einen Teil ihrer Ängste ab und erfasste alles nur noch mit einem kalten, präzisen Reptilienverstand.
    Im Freien erklangen Befehle, dann ein anhaltendes Fauchen, mechanisch, von einer Maschine.
    Mattia fluchte. »Sie haben einen Schneidbrenner. Damit sind sie in ein paar Minuten durch die Tür.«
    Rosa blickte vom Boden zu ihm auf und versuchte, sich in ihrer neuen Gestalt zurechtzufinden. Sie wollte mit ihm reden, aber einen Moment später wurde ihr klar, dass nur ein Zischen aus ihrer Kehle drang. Der Zorn ergriff von ihr Besitz, und sie war unfähig ihre Gefühle in eine Richtung oder auf einzelne Personen zu lenken. Valerie, Michele, selbst der tote Tano – sie waren zu einem gesichtslosen Phantom verschmolzen, das nichts als Wut in ihr erzeugte. Wut, die ihr menschliches Denken aushebelte und den Verstand der Schlange beherrschte.
    Ein beißender Geruch drang unter der Tür hindurch. Sie spürte Vibrationen, die sie als Mensch nicht hätte wahrnehmen können. Dafür war der Lärm schlagartig diffuser geworden. Sie wusste, dass sie sich jetzt stärker auf ihren Geruchssinn als aufihr Gehör verlassen musste. Auch ihr Blickfeld war beeinträchtigt und sie sah weniger scharf; dafür nahm sie Temperaturunterschiede optisch wahr, fast wie eine Infrarotkamera. Das mochte der Grund sein, warum sie die Glutflecken an der Tür viel früher erkannte als Mattia. Die Männer bewegten den Schneidbrenner in einem Halbkreis um den Griff und das Schloss herum. Falls es keine zusätzliche Sicherung oben und unten an der Tür gab, würde sie aufschwingen, sobald der Schließmechanismus ausgeschnitten war.
    Mattia rief ihr zu, sie solle sich in den hinteren Teil des Raumes zurückziehen und durch eines der vergitterten Fenster fliehen, während er die Panthera ablenkte. Sie hörte ihn, und doch dauerte es einen Augenblick, bis sie den Klang seiner Worte mit ihrer Bedeutung zusammenbrachte. Behände glitt sie unter den Tischen mit den Modellbooten hindurch, tiefer in die Schatten.
    Mattia war noch immer ein Mensch, als er zur Werkbank hinüberlief und einen der Plastikkanister zwischen den Farbdosen hervorzerrte. Rosa verharrte einen Moment, um zu beobachten, was er da tat. Mit hektischen Bewegungen öffnete er den Verschluss und hielt den Kanister kopfüber in einen Plastikeimer. Der ätzende Geruch drohte augenblicklich ihre hochempfindlichen Sinne zu vernebeln; für sie als Schlange fühlte es sich an, als träufle jemand Säure in ihre Nase. Rosa machte, dass sie fortkam, aber der Geruch des Lösungsmittels folgte ihr durch das Bootshaus.
    Dumpf hörte sie das Gluckern, mit dem der Kanister in den Eimer entleert wurde. Das Zischen des Schneidbrenners wurde aggressiver. Als sie zurücksah, verdeckten die Tischplatten ihre Sicht auf die Tür. Zwischen zwei Tischen reckte sie die vordere Hälfte ihres Schlangenkörpers in die Höhe, fast anderthalb Meter hoch, erkannte ein Fenster vor sich und warf noch einen Blick nach hinten.
    Mattia schleuderte den leeren Kanister beiseite, packte denEimer und lief damit zur Tür. Zwei Schritt davor bezog er Stellung. Der Schneidbrenner hatte eine glühende Spur im Eisen hinterlassen, eine weiße Sichel rund um das Türschloss. Funken sprühten ins Innere. Draußen riefen zwei Männer einander etwas zu, aber für Rosa klang es nur dumpf, fremdartig, unverständlich.
    Dafür spürte sie neue Erschütterungen, jetzt viel heftiger, als jemand von außen gegen die Tür trat. Aus Erfahrung wusste sie, dass die Hypersensibilität binnen kurzer Zeit nachlassen würde, sobald sich ihr Verstand an den neuen Körper gewöhnt hatte. Noch aber war es kaum zu ertragen. Die Luft selbst schien mit jedem Tritt gegen die Tür in Schwingung zu geraten.
    Sie tauchte wieder zwischen den Tischen ab und hielt auf das Fenster in der Rückwand zu. Erst als sie die Mauer erreichte, schob sie ihren Schlangenschädel abermals nach oben und blickte durch das Glas ins Freie. Draußen wuchs laubloses Buschwerk, durch die Zweige erkannte sie die Lichter der Fifth Avenue. Es war nicht weit bis dorthin, aber im Augenblick hätte die

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