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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Boden. Einer der Männer lag zuckend inmitten des brodelnden Lösungsmittels, der andere war nicht mehr zu sehen.
    Im Fenster hinter Rosa brüllte der Tiger. Mit einem wütenden Prankenschlag riss er das Gitter aus dem Rahmen. Scheppernd stürzte es nach draußen.
    Ihre Chancen, lebend hier herauszukommen, sanken mit jeder Sekunde. Als Mensch hätte sie es mit einem Sprung über das Flammenmeer versuchen können. Als Schlange aber blieb ihr nur der Weg über den Boden, mitten hindurch.
    Sie konnte die Augen nicht schließen, weil sie keine Lider besaß. Der Gestank nahm ihr die Luft zum Atmen, die Hitze war kaum zu ertragen. Selbst der Beton schien zu brennen, wo das Lösungsmittel in haarfeine Risse gesickert war. Die Stahlschwelle glühte wie eine rote Neonröhre.
    Hinter Rosa zerbrach die Scheibe, als der Tiger in den Raum sprang und der Fensterflügel gegen die Wand krachte. Er jagte auf Rosa zu, unter den Tischen mit den brennenden Booten hindurch. Seine Kiefer schnappten zu, wo gerade noch eine ihrer Körperschlingen gelegen hatte. Die Fangzähne rissen Furchen in ihre Schuppenhaut, verfehlten aber die Wirbelsäule. Feuer regnete auf den Pelz des Tigers herab, ließ ihn zurückweichen, aber nicht lange. Der Gestank von verbrannten Haaren verschmolz mit all den anderen betäubenden Gerüchen.
    Rosa stieß ein Zischen aus. Blitzschnell zog sie den hinteren Teil ihres Körpers heran, gab sich so genug Schub nach vorn und schnellte wie ein Pfeil in die Flammen, geradewegs in die kochenden Chemikalien.

    Lichterloh brennend scharrten ihre Schuppen über den glühenden Boden. Nässe, die nichts löschte, sondern viele Hundert Grad heiß war, sättigte ihre Haut. Ihr Fleisch zischte undschlug Blasen, ihre Zungenspitzen zogen sich tief in den Rachen zurück wie zusammengebrutzeltes Plastik.
    Ihr Schlangenleib war fast drei Meter lang, aber sie schaffte es, ihn mit einem einzigen Stoß ihrer Muskeln nach vorn zu katapultieren. Der Weg durch die Flammen erschien endlos, dauerte aber nur Sekunden. Sie jagte unter etwas hindurch und begriff erst später, dass es die angezogenen Beine des lodernden Leichnams gewesen waren. Sehen konnte sie so gut wie nichts mehr, auch ihre anderen Sinne ließen sie im Stich. Dass die Panthera sie erwarteten, spielte keine Rolle mehr.
    In Flammen gehüllt schnellte sie aus der öligen, siedenden Pfütze hinaus auf die Terrasse. Das Eis war im Umkreis des Feuers geschmolzen, aber schon im nächsten Moment befand sich Rosa wieder im Schnee. Sie spürte die Kälte kaum. Der Schmerz war allumfassend. Ihr Verstand hatte sich zurückgezogen, sie überließ sich ganz der Motorik ihres Reptilienkörpers.
    Dann aber hörte sie doch etwas, Kreischen und Brüllen der Panthera, überall vor und neben ihr. Sie schoss zwischen ihnen hindurch, in Wasserdampf und den Rauch ihrer schmorenden Schuppenhaut gehüllt. Als die ersten ihre Scheu vor dem Feuer überwanden und die Verfolgung aufnahmen, schlitterte sie schon über den Rand der Terrasse hinaus auf den zugefrorenen See.
    Die Eisschicht war nur fingerdick. Einer brennenden Riesenschlange konnte sie nicht standhalten, nicht ihrer Hitze, nicht ihrem Gewicht.
    Das frostige Wasser verschlang Rosa unmittelbar nach dem Aufprall. Gedämpft hörte sie, wie einige der Panthera hinter ihr einbrachen und mit panischem Brüllen untergingen.
    Sie aber glitt vorwärts, hinaus in die eiskalte, lindernde, trancegleiche Schwärze.

Call it a dream
    I n Menschengestalt lief sie über den schlammigen Boden des Sees, rannte, so schnell sie konnte, auch wenn ihre Füße bei jedem Schritt mit schmatzenden Geräuschen im Schlick versanken. Schmutz stob um sie im Wasser auf, vernebelte das grünliche Licht in der Tiefe.
    Sie blickte über die Schulter und erkannte, dass sie verfolgt wurde.
    Ein gelbes Taxi, typisch für New York, raste mit aufgeblendeten Scheinwerfern hinter ihr durch den Morast. Seine Reifen wirbelten noch mehr Dreck auf, braune Wolkenwände waberten zu beiden Seiten des Wagens. Die Scheibenwischer wischten Algen beiseite, schwenkten nach rechts und links, rechts und links. Am Rückspiegel baumelte eine Gummifigur, Simba aus Der König der Löwen .
    Rosa konnte hören, viel besser als zuvor. Nicht nur ihre eigenen Schritte auf dem Grund des Sees und den Motorenlärm des Taxis, sondern auch die Musik, die aus den offenen Fenstern drang. Memory aus Cats . Noch ein Grund zum Weglaufen.
    Das Metallskelett eines ausgebrannten Kinderwagens tauchte in der Düsternis

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