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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zu gut erinnerte sie sich an seine Temperamentsausbrüche, die stets damit endeten, dass er zum Panther wurde. Auf Kosten seiner Jeans und T-Shirts.
    »Alles nur eine Frage der Übung.«
    Sie hob eine Augenbraue. »Was tust du heimlich, wenn ich nicht dabei bin, capo Alessandro?«
    Er küsste sie, aber als sich seine Lippen öffneten, zog sie sich zurück; sie traute ihrer Zunge nicht. Wahrscheinlich schmeckte sie nach Wespengift.
    »Also?«, flüsterte sie.
    »Ich zeig dir, wie es geht.«
    »Sofort?«
    »Nein.« Er grinste jetzt ganz unverhohlen, aber mit solchem Charme, dass ihr schwindelig wurde. »Ich weiß einen Ort, an dem uns niemand stört.«

Artgenossen
    D as ist nicht dein Ernst.«
    »Ich war schon oft hier. Und ich weiß, wie wir reinkommen.«
    »In einen Zoo ?«
    Er nahm sachte ihr Gesicht in beide Hände und lächelte. »Vertrau mir.«
    »Okay.«
    »Ganz sicher?«
    »Shit, nein. Jedenfalls nicht, wenn wir noch länger hier rumstehen.«
    Bei Valcorrente waren sie von der Landstraße 121 abgefahren. Tagsüber hätten sie von hier aus wohl die grauen Vulkanhänge des Ätna sehen können. Jetzt aber, kurz vor Mitternacht, lag das Gelände des Etnaland als erleuchtete Insel inmitten tiefer Dunkelheit. Alessandro hatte seinen Ferrari auf einem Feldweg geparkt, neben einem hohen Drahtzaun.
    Zu Fuß folgten sie dem Zaun etwa fünfzig Meter weit, dann erreichten sie eine Stelle, an der er auf Hüfthöhe säuberlich durchtrennt worden war. Damit der Schnitt nicht auf den ersten Blick auffiel, wurde er von einigen Drahtstücken zusammengehalten. Alessandro entfernte sie und drückte eine Ecke nach innen, so dass Rosa hindurchschlüpfen konnte.
    »Wir sind so kriminell«, flüsterte sie.
    »Ich hab dem Zoo gerade erst hunderttausend Euro gespendet.« Alessandro folgte ihr ins Innere und drückte den Maschendraht wieder zu. »Außerdem beliefert ihn eine meiner Firmen mit Tierfutter zu Sonderkonditionen.«
    Sie verzog das Gesicht. »Wobei wir nicht verschweigen sollten, woraus dieses Tierfutter besteht.«
    »Das war einmal. Seit sich die Carnevares aus der Entsorgung zurückgezogen haben, geht alles mit rechten Dingen zu.«
    Es hatte ihn eine Menge Mut und Mühe gekostet, einen der einträglichsten Geschäftszweige seines Clans von heute auf morgen aufzugeben. Darum nickte sie nur und spähte durch die Büsche an der Innenseite des Zauns hinaus auf einen Fußweg.
    »Gibt’s hier keine Nachtwächter?«
    »Zwei«, erwiderte er. »Aber die sitzen in ihrem Büro am Haupteingang und spielen Karten. Alle drei Stunden macht einer von ihnen einen Rundgang. Wir haben noch« – er blickte auf seine Uhr – »zwei Stunden und zwanzig Minuten.«
    Auf dem Zoogelände brannten nur vereinzelte Lampen. Einige der Seitenwege lagen im Dunkeln. Aus manchen Gehegen drang das Lärmen nachtaktiver Tiere, doch in den meisten herrschte Ruhe.
    Sie gelangten auf einen Platz, an dem sich zwei Wege in spitzem Winkel trafen. Wie ein Pfeil zeigten sie auf einen haushohen Käfig von enormen Ausmaßen. »Den hat Cesare finanziert«, sagte Alessandro. »Wahrscheinlich das einzig Anständige, das er in seinem Leben getan hat.«
    Die Vorderseite musste an die dreißig Meter breit sein; wie tief das vergitterte Gehege nach innen reichte, konnte Rosa nicht erkennen. Gerade einmal zwei Lampen erhellten den gepflasterten Vorplatz, ihr Schein reichte nicht weit in den Käfig hinein. Beim Näherkommen sah sie, dass der Boden abschüssig war. Weiter unten erhoben sich kantige Felsformationen, aber den tiefsten Punkt konnte sie nicht ausmachen.
    Alessandro trat an das Gitter und atmete tief ein.
    Sie rümpfte die Nase. »Du riechst besser.«
    Er hatte die Augen geschlossen. Im fahlen Schein der Lampen erkannte sie, dass eine schwarze Fellspur aus seiner Lederjacke am Nacken empor ins Haar kroch.
    »Und das nennst du kontrollierte Verwandlung?«
    Er öffnete die Augen. »Komm mal näher ran.«
    Sie machte einen weiteren Schritt, blieb aber eine Armlänge vor dem Käfiggitter stehen. Zu gut erinnerte sie sich an die Raubkatzen, von denen sie über die Isola Luna gejagt worden war.
    »Die hier tun dir nichts«, versicherte er ihr.
    Ihr Herz pumpte Kälte in ihre Adern. Trotzdem trat sie neben ihn, unmittelbar vor die Eisenstäbe. Mit einem Mal stieß sie der scharfe, animalische Geruch aus dem Gehege nicht mehr ab.
    »Kannst du sie sehen?«, fragte er.
    Ihre Augen gewöhnten sich an die Finsternis. Oder war das schon ihr Schlangenblick? Etwas dort unten

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