Arkadien 02 - Arkadien brennt
Fotoalbum gelegen hatte. Ihr Kopf fühlte sich an, als wäre sie unerwartet gegen eine Glastür gelaufen.
»Ich drehe durch, wenn ich das bis zum Ende durchspiele. Mein Vater ist zu Apollonio geworden, und Apollonio hat Tano und Michele bezahlt. Das sind die Fakten. Mehr nicht.«
»Sieht so aus.« Er holte tief Luft. »Dann war es auch dein Vater, der Tano mit dem Serum versorgt hat.«
Rosa schob ihren Ärmel hoch und blickte auf die blauen Flecken rund um die beiden Einstiche. »Wahrscheinlich haben sie uns mit ihrem beschissenen Mutantenblut infiziert.«
»Aber das alles hat nichts mit uns zu tun. Mit dem, was letzte Nacht war.«
»Nein.«
»Wirklich nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wird Zeit, dass ich die Verwandlungen unter Kontrolle bekomme. Ich kann dieses Zeug nicht noch mal nehmen. Das ist fast, als würde mein Vater –«
»Dafür sorgen, dass auch wir miteinander schlafen?«
Düster sah sie ihn an. »Mit Tano hab ich nicht geschlafen, Alessandro. Ich kann das unterscheiden.«
»Ja … entschuldige. Ich … weiß nicht, warum ich das gesagt hab.«
Sie gab ihm einen Kuss, erst zögernd, dann sehr bestimmt.
»Sie lassen uns nicht in Ruhe«, flüsterte sie. »Selbst wenn sie nichts tun, uns nichts mehr tun, dann sind sie trotzdem da und verdrehen unsere Gedanken und Gefühle und –«
»Ich weiß genau, was ich fühle.«
Sie nickte langsam. Was sie auf dem Video gesehen hatte, änderte alles – und es änderte nichts. Und falls Trevini damit bezweckt hatte, sie in die Knie zu zwingen, hatte er sich getäuscht.
»Danke«, sagte sie leise.
»Wofür?«
»Dass du mich verstehst. Auch wenn du mich nicht verstehst.« Sie gestikulierte unbeholfen. »Nicht verstehen solltest. Dann tust du’s trotzdem, irgendwie.«
Er lächelte. »Rosas Version der drei Worte?«
»O ja.«
Hundinga
D ie Nacht verbrachten sie auf der Couch in der Bibliothek. Sie schliefen in ihren Kleidern, Rosas Kopf an Alessandros Brust.
Als aber der Morgen dämmerte, war das nicht mehr halb so behaglich wie noch wenige Stunden zuvor. Rosa bewegte sich und hatte das Gefühl, jemand hätte Stahlnägel durch ihre Gelenke getrieben. Ihr Rücken war stocksteif.
»Guten Morgen«, sagte er und küsste sie auf die Stirn.
»Morgen«, ächzte sie. »Wie gut er ist, wird sich zeigen, wenn ich aufgestanden bin und nicht zusammenbreche.«
Alessandro regte sich, änderte dabei seine Position und stieß gleichfalls ein Stöhnen aus. »Wer baut solche Sofas?«
Sie setzte sich auf. »Wenigstens war es teuer.«
»Dafür nimmt man so einiges in Kauf.«
Rosa lächelte, aber selbst ihre Gesichtsmuskeln taten weh. Sie schnitt eine Grimasse, um sie zu entspannen, sah dabei ihr Spiegelbild in einem Glasrahmen an der Wand und fluchte. »Es hätte schlimmer kommen können«, sagte sie schließlich. »Ich hätte als Hybride aufwachen können.«
»Was nicht ist …«
Abrupt sprang sie auf. »Warum hab ich mich nicht verwandelt?« Ihre Schmerzen waren auf einen Schlag wie fortgewischt. »Wegen der Sache mit meinem Vater, meine ich. Ich dachte, bei heftigen Gefühlsausbrüchen passiert das von selbst?«
»Vielleicht hast du es besser unter Kontrolle, als du weißt.«
»Aber ich will nichts können, von dem ich nichts weiß! Davon hab ich die Nase voll. Ich möchte nur einmal das Gefühl haben, alles über mich zu wissen, und nicht laufend im Spiegel jemandem begegnen, den ich gar nicht kenne.«
» Ich kenne niemanden so gut wie dich.«
»Unheimlich.«
»Nein, toll.« Er lächelte gequält, als er seinen Oberkörper aufrichtete. »Wenn man dich kennt, muss man niemanden sonst kennen. Genug Facetten für zwanzig.«
»Schizophren, meinst du.«
»Du weißt genau, wie ich das meine.«
»Besser solche Komplimente als über meine Augen.«
»Die sind nur Durchschnitt.«
»Blödmann.«
Er erhob sich, jetzt bereits beweglicher, weil er selbst als Mensch den Panther nicht verleugnen konnte. Rosa hingegen suchte in sich vergeblich nach der Geschmeidigkeit der Schlange.
»Wenn du es schaffst, deine Gefühle unter Kontrolle zu bringen«, sagte er, »dann kontrollierst du auch die Verwandlungen.«
»Ich hab aber meine Gefühle nicht unter Kontrolle.«
»Letzte Nacht schon. Du hast einfach beschlossen, wieder die alte Rosa zu sein – und es hat funktioniert. Wahrscheinlich hast du dadurch verhindert, dass du zur Schlange wirst.«
Sie legte die Stirn in Falten. »Und so was erzählen dir nachts die Tiere im Zoo?«
»So ungefähr.«
Rosa
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