Arktis-Plan
Besatzung der Dornier stapelte ihre tödliche Ladung und band sie fest. Innerhalb von wenigen Minuten war die letzte Kiste verstaut, und der arabische Unterhändler kletterte ohne ein Wort des Abschieds oder einen Blick zurück in den Frachtraum. Die Türen im Flugzeugrumpf wurden zugeschlagen, und die Propeller beschleunigten auf Rollgeschwindigkeit. Der Sand, der dabei nach hinten geblasen wurde, rieb an den Waffenschmugglern wie Schmirgelpapier.
Wieder raste die Dornier über den schwach schimmernden Leuchtpfad. Dann stieg sie in den schwarzen Himmel, flog über der Adria eine Kurve und ging auf Kurs. Mit wachsender Entfernung wurden die Motorengeräusche schwächer.
Kreteks Männer schwärmten erneut aus, um die Leuchtstäbe wieder einzusammeln. In ein oder zwei Stunden würden sämtliche Spuren der Landung von der einlaufenden Flut ausgelöscht werden.
Kretek und sein Stellvertreter trotteten zu dem Range Rover zurück.
»Ich bin nicht sicher, ob mir das gefällt, Anton«, sagte Mikhail Vlahowitsch, als er sich seine Agram über die Schulter schlang. Der ehemalige Offizier der serbischen Armee war gedrungener als Kretek, hatte weniger Haare auf dem Kopf und eine platt gedrückte Visage. Er gehörte zu dem kleinen Elitekader innerhalb der Kretek-Gruppe, dem es gestattet war, den Waffenhändler mit seinem Vornamen anzusprechen. »Sie treiben ein riskantes Spiel mit diesen Leuten.« Vlahowitsch sogar zu dem noch kleineren Kreis derer, die das höchste Privileg genossen, eine von Anton Kreteks Entscheidungen in Frage stellen zu dürfen, ohne dafür mit dem Leben zu bezahlen.
»Worüber sollten wir uns Sorgen machen, Mikhail?« Kretek lachte polternd und schlug seinem Stellvertreter auf die freie Schulter. »Wir sind zu dem Treffen erschienen und haben die zugesagte Ware geliefert. Wir haben die vereinbarte Bezahlung erhalten, und sie sind wieder abgeflogen. Von unserer Seite aus sind sämtliche
Vertragsbedingungen erfüllt worden. Und was anschließend passiert? Wer kann das schon sagen?«
»Aber das wird schon die zweite Lieferung sein, die ihnen verloren geht. Die Araber werden zwangsläufig argwöhnisch werden.«
»Pah! Die Araber sind immer argwöhnisch. Sie sind von vornherein sicher, dass jeder es nur darauf abgesehen hat, sie zu schikanieren. Das kann auch seine guten Seiten haben. Wir können es uns zunutze machen.«
Kretek blieb neben der Beifahrertür des Range Rovers stehen. Er beugte sich vor, streckte einen Arm durch das geöffnete Fenster und ließ das Handschuhfach aufspringen. »Wenn wir unsere nächsten Waffenverkäufe an den Dschihad aushandeln, werden wir die Schuld schlicht und einfach auf diejenigen abwälzen, die sie in Wirklichkeit tragen. Wir werden ihnen sagen, dass israelische Mossad-Agenten auf dem Balkan im Einsatz sind und Waffenlieferungen in den Mittleren Osten zu behindern versuchen. Abgesehen davon, dass sie ohnehin alle anderen hassen, sind die Juden ihre Lieblingsfeinde. Sie werden ihnen mit dem größten Vergnügen die Schuld am Verlust ihres Kriegsmaterials geben.«
Als Kretek sich wieder aufrichtete, hielt er ein graues Metallkästchen von der Größe einer Zigarettenschachtel in der Hand. Er zog eine Teleskopantenne aus dem oberen Ende des Kästchens und drückte auf den Knopf, der das Gerät anschaltete. Daraufhin leuchtete ein grünes Kontrolllämpchen auf.
»Sie werden ihnen von den Juden erzählen, Anton?«, erkundigte sich Vlahowitsch skeptisch.
»Weshalb sollte ich das nicht tun? Es entspricht schließlich der Wahrheit, oder etwa nicht? Die Juden sind dafür verantwortlich. Unsere Terroristenfreunde sind ausgezeichnete Kunden. Sie bezahlen uns gutes Geld für den Sprengstoff und die Waffen. Sie haben es verdient, die Wahrheit zu erfahren ...« – Kretek entsicherte den Sender – »… wenn auch nicht die ganze Wahrheit. Es besteht keine Notwendigkeit, all das gute Geld zu erwähnen, das uns der
Mossad bezahlt, damit wir dafür sorgen, dass dieser Sprengstoff und diese Waffen nie ihren Bestimmungsort erreichen.«
Kretek drückte mit einem schwieligen Daumen die Taste. Weit draußen in der Nacht reagierte ein Empfänger auf den elektronischen Impuls und aktivierte den Zünder, der sorgfältig in einen präparierten Semtexblock eingebaut worden war.
Über der Adria flammte wie rötliches Wetterleuchten ein Blitz auf, und der ferne Donner einer gewaltigen Explosion war zu vernehmen, als die Dornier mit ihrer Besatzung vom Himmel verschwand.
»Darin liegt
Weitere Kostenlose Bücher