Armageddon 05 - Die Besessenen
eine schlimme Entwicklung, die diese Befreiungsaktion nahm. Er hatte sich nicht darauf vorbereitet, von impulsiven Emotionen überschwemmt zu werden. – Weißt du, was das bedeutet?
– Schwierigkeiten, erklärte Choma. – Jede Menge richtig großer Schwierigkeiten.
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8. Kapitel
Die Vakzüge waren eine exzellente Lösung für die irdischen Verkehrsprobleme im Zeitalter der Arkologien. Es gab keinen Luftverkehr mehr. Die Armadastürme hatten dem Reisen durch die Luft genauso ein Ende bereitet wie den privaten Bodenfahrzeugen der Menschen. Eines der am häufigsten ausgestrahlten Bilder in den Nachrichtensendungen des einundzwanzigsten Jahrhunderts war das Bild des Pickup-Trucks eines Farmers, der im Verlauf eines Sturms durch ein Fenster im neunzehnten Stockwerk des Chicagoer Sears Towers gerammt wurde. Während die Bevölkerung des Planeten in die Städte flüchtete und damit anfing, sie besser gegen das Wetter zu schützen, wandten sie sich der Eisenbahn als der einzig praktikablen Methode des Transports zwischen den städtischen Konglomeraten zu. Sie waren schwer und massiv, und nicht einmal die Tornados konnten sie einfach aus den Schienen werfen. Selbstverständlich wurden auch sie auf dem freien Land schwer gebeutelt, wenn ein Sturm sie überraschte. Also bestand der nächste logische Schritt darin, die Schienenstränge in der gleichen Weise zu schützen wie die Städte. Das erste funktionierende Beispiel war der Tunnel durch den Kanal zwischen Europa und England, der verlängert wurde, bis er auf der gesamten Strecke zwischen Paris und London unter der Erde verlief. Nachdem sich diese Vorgehensweise als praktikabel – und sicher – erwiesen hatte, wurde das globale Schienennetz rasch erweitert. Und wie bei jedem Großprojekt, das von Regierungsgeld nur so überschwemmt wurde, machte die Technologie rasche Fortschritte.
Zu der Zeit, als Louise und Genevieve auf der Erde ankamen, waren die Vakzüge ein äußerst ausgereiftes System, und sie verkehrten mit hohen Geschwindigkeiten zwischen den Bahnhöfen. Man sollte denken, daß die Tunnels tief unter der Erde verliefen, doch dem war nicht so. Die meiste Zeit über waren es nicht einmal richtige Tunnels, sondern gigantische Röhren, die sich quer über das verlassene Land zogen, kaum ganz in den Boden eingegraben. Auf diese Weise fiel es leichter, das Beinahe-Vakuum im Innern aufrecht zu erhalten als in einem richtigen Felsentunnel. Die Tektonik spielte mit den glatten Lavawänden, die von Fusionsflammen in den tiefen Fels geschmolzen worden waren. Erfahrung zeigte, daß sie leicht rissen und zu mehr als einer Gelegenheit sogar einsturzgefährdet waren. Also wurden Tunnels nur dort eingesetzt, wo es darum ging, Gebirgsmassive zu unterqueren, und selbstverständlich unter den Arkologien. Selbst die transozeanischen Strecken verliefen über und nicht unter dem Meeresboden, und die Röhren wurden von schweren Ankern gehalten.
Weil es keine Luftreibung gab, konnten die Züge extreme Geschwindigkeiten erreichen, auf den langen transpazifischen Strecken bis zu fünfzehntausend Stundenkilometer. Sie wurden von Linearmotoren angetrieben, waren schnell, wartungsarm, leise und extrem effizient. Die Fahrt von der Mount-Kenya-Station bis zum Londoner King’s Cross dauerte fünfundvierzig Minuten, mit einem einzigen Zwischenstop in Gibraltar. Nachdem der Zug im Bahnhof eingelaufen war, verbanden sich Andockschläuche mit den Schleusen an den beiden Enden des Waggons, und die Türen glitten auf.
»Alle Passagiere nach London bitte aussteigen«, verkündeten die funkelnden AV-Projektoren an der Waggondecke. »Der Zug fährt in vier Minuten nach Oslo weiter.«
Louise und Genevieve sammelten ihre Gepäckstücke ein und eilten nach draußen auf den Bahnsteig. Sie kamen in einer langen rechteckigen Kaverne hervor, deren kunstvoll verzierte Wände bis in imperiale Zeiten und Größe zurückreichte. Die Reihe aus zwanzig Schleusen, die mit dem Zug verbunden waren, sah aus wie aus schwarzem Schmiedeeisen gemacht, Raumfahrttechnologie des viktorianischen Zeitalters. Auf der gegenüberliegenden Seite führten drei große Gewölbegänge zu breiten Rolltreppen, die sich in gewaltigen Spiralen nach oben erstreckten.
Genevieve hielt sich dicht hinter ihrer Schwester, während Louise einen Weg über den Bahnsteig suchte. Wenigstens gelang es ihr diesmal, nicht ständig mit anderen Leuten zusammenzustoßen. Die Aufregung des jungen Mädchens zeigte sich in einem Lächeln, das
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