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Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden

Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden

Titel: Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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über niemanden richten. Jeder, der zu mir kommen mag, ist frei, dies zu tun. Meine Schwäche ist die Hoffnung, dass irgendwann alle Menschen auf die gleiche Weise wie ich nach Erleuchtung und spiritueller Reinheit suchen werden wie ich. Doch ich weiß, dass einige, wenn nicht die meisten, diesen Weg nicht beschreiten. Denn das ist das wunderbare an unserer Spezies, dass wir so verschieden sind. Und indem wir verschieden sind, werden wir niemals alt und schal.
    – Sie möchten, dass ich zu Ihnen komme?
    – Ich biete Ihnen die Gelegenheit, Harvey, weiter nichts. Der Tod ist für immer, es sei denn, Sie glauben an die Inkarnation. Sie sind ein praktisch veranlagter Mensch, betrachten Sie Eden als Versicherung. Für den Fall, dass der Tod endgültig ist. Was haben Sie schon zu verlieren? Und wenn Sie später irgendwann zu Ihrem christlichen Glauben finden, können Sie jederzeit wieder sterben, nur viel sauberer und mit beträchtlich weniger Schmerz. Denken Sie darüber nach, Harvey. Sie haben etwa vierzig Jahre, um sich zu entscheiden.
    Darüber nachdenken? Der biologische Imperativ sagt uns, dass wir überleben müssen. Wir tun das mit Hilfe der Reproduktion, weil sie der einzige Weg ist, den wir kennen. Gekannt haben – bis heute.
    Ich wusste gleich, dass Wing-Tsit Chong gewonnen hatte. Seine Heilslehre war körperlich. Was konnte dagegen bestehen? Von diesem Augenblick an würde jedes Kind auf Eden – oder in einem der anderen Habitate – in dem Bewusstsein aufwachsen, dass der Tod nichts Endgültiges war. Meine Kinder waren darunter. Was für eine Kultur würde daraus entstehen? Monströse Arroganz oder totale Rücksichtslosigkeit? Würde Mord überhaupt noch als Verbrechen gelten?
    Wollte ich es herausfinden? Mehr noch, hatte ich den Wunsch, Teil davon zu sein?
    Vierzig Jahre, um mich zu entscheiden. Himmel, was für ein heimtückischer Gedanke. Allein das Wissen, dass diese Möglichkeit wartete, dass es sie immer geben würde, selbst ganz am Ende, wenn man auf dem Totenbett lag und seinen letzten Atemzug tat. Ein einziger Gedanke der Zustimmung, und man hat eine Ewigkeit Zeit, um darüber zu debattieren, ob man es hätte tun sollen oder nicht. Wer kann sich da noch der Kontemplation seiner Spiritualität entziehen, seines Platzes und seiner Rolle im Kosmos, wenn diese Option das ganze Leben lang über einem hängt? Fragen, die unmöglich zu beantworten sind, ohne gründliches In-Sich-Gehen und vielleicht fünfhundert Jahre währendes Nachdenken. Und jetzt …
    Wie auch immer sich das einzelne Individuum entscheiden mochte, Wing-Tsit Chong hatte uns verändert. Wir waren gezwungen, unseren materialistischen Standpunkt zu verlassen. Keine schlechte Sache. Nur, dass es nicht für alle möglich war. Nicht für die Milliarden, die auf der Erde lebten, nicht jetzt gleich und sofort. Sie hatten keinen Ausweg. Sie hatten nur ihren Neid und den Tod.
    Wing-Tsit Chong hatte mir ein unglaubliches Privileg gewährt. Es zu benutzen, wo so viele keine Möglichkeit dazu hatten, musste einfach Sünde sein. Doch dann wiederum – wem würde ich dadurch schaden? Wenn sie die Möglichkeit hätten, sie würden es tun.
    Vierzig Jahre Zeit zum Überlegen.
     
    Die Ereignisse des zehnten Tages waren ein richtiggehender Antiklimax. Ich denke, das ganze Habitat war noch immer aufgedreht von Wing-Tsit Chongs Weiterleben (wie die Menschen es nannten). Ich fand nicht einen, der offen zugab, keine Unsterblichkeit zu wollen. Im Hospital lagen zwei Patienten mit unheilbaren Krankheiten, und beide warteten jetzt begierig auf ihren Tod. Sie würden in das neurale Stratum überwechseln, sagten sie, und sie hatten voller Erwartung bereits mit dem Transferieren ihrer Erinnerung begonnen. Es bedeutete das Ende aller physischen Schmerzen, ihrer Leiden und dem ihrer Familien.
    Corrine steckte in einer schlimmen Zwickmühle der Unentschlossenheit. Beide Patienten hatten um Sterbehilfe gebeten, um den Weg zu verkürzen. Was sollte sie tun? Hatte sie das Recht, ihren Wunsch zu erfüllen? War es moralisch und ethisch zu vertreten? War es illegale Euthanasie? Beide wussten sehr genau, was sie wollten.
    Jetzt schon hatten sich die Bewohner Edens wahrnehmbar verändert. Sie passten sich an. Die Menschen wurden nonchalant und in sich selbst versunken, und die meisten liefen mit einem permanenten dümmlichen Grinsen durch den Tag, als hätten sie eine alttestamentarische Erscheinung gehabt statt einer improvisierten technobuddhistischen Option des

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