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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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und flammend rot vorkam, dann griff sie nach seiner Hand und zog ihn durch den Gastraum in einen Flur und schließlich in einen finsteren Korridor, von dem ein paar Zimmer abgingen. Sie waren kaum in einem schlecht beleuchteten Raum angekommen, da befreiten ihre Hände ihn von der Toga, griffen beherzt unter seine Tunika und öffneten den Unterleibswickel, der zu Boden glitt. Arminius spürte die Wärme, die sich in einem Punkt versammelte und herauswollte, die Sehnsucht, in die Dunkelheit zu fließen. Er sah die Frau an. Es war nicht Elda.
    »Nein«, sagte er und blickte in zwei verwunderte Augen.
    »Nein!«, wiederholte er entschieden.
    »Willst du einen Knaben?«
    »Nein, ich will gar nicht!«
    Die Frau grinste gewöhnlich. »Da sagt mir meine Hand aber etwas anderes.« Ihre Stimme klang unangenehm vertraut. »Entspann dich.« Jetzt spürte er die Trunkenheit schwer wie Blei, er wollte fort, konnte sich jedoch nicht lösen und sank ins Nichts, dabei sich verströmend … Wie lange das ging, wusste er nicht.
    Das Nächste, was er wahrnahm, war eine Kerze, die den Raum ein wenig beleuchtete, und die Frau, die nun über ihm wippte, und deren Gesicht zu zerfließen schien. Er stieß sie von sich. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er endlich den Wickel um den Unterleib geschlungen und die Tunika übergezogen hatte. Die Toga legte er sich einfach über die Schulter. Instinktiv spürte er, dass er in seinem Zustand die Kunst, sie mit perfektem Faltenwurf um den Körper zu schlingen, nicht mehr beherrschte. Als er endlich das Zimmer verließ, schaute er sich aus Scham nicht nach der Frau um. Er tastete sich durch den dunklen Flur bis zum Hintereingang und gelangte von dort ins Freie.
    Die frische Luft traf ihn wie ein stumpfer Holzblock an der Stirn. Er schwankte und wankte immer weiter, bis er nah am Ufer auf die Knie sank. Als er versuchte, sich mit beiden Händen Wasser ins Gesicht zu schaufeln, verlor er das Gleichgewicht und fiel mit dem ganzen Oberkörper in den Fluss. Aber es war gut, es war gut so. Das kühlende Nass erfrischte ihn. Mehrmals tauchte er den Kopf unter. Dann steckte er sich den Finger in den Hals und erbrach. Er zog sich aus und badete im Tiber. Danach fühlte er sich besser, legte sich nackt ins Gras und schaute in den Sternenhimmel.
    »Tiberinus, der Flussgeist, ist ans Ufer gekrochen. Was sagt man denn dazu?« Es war Germanicus. Arminius richtete sich auf, der Freund setzte sich zu ihm.
    »Besser?«
    »Ja.«
    »Unser letzter Abend. In ein paar Stunden schon geht es in die Welt hinaus, bis an die Grenzen des Imperiums.«
    Sie schauten auf die Silhouette der Stadt, auf die Tempel, die Gesteinsmassen der Mietshäuser, Theater und Arenen, auf das an unterschiedlichen Stellen gespenstisch in der Stadt aufflackernde Licht der Fackeln.
    »Wenn ich in Germanien bin, soll ich jemanden etwas von dir bestellen?«
    »Ja, sag meinem Vater, dem Cheruskerfürsten Segimer, dass ich lebe und dass es mir gut geht.«
    »Verlass dich auf mich.«
    »Und …«, begann Arminius und hielt inne. Etwas warnte ihn davor, weiterzusprechen.
    »Und?«, fragte Germanicus. Arminius spürte, dass er einen Fehler beging, doch er verdrängte die dunkle Anwandlung und schaute dem Freund ins offene Gesicht.
    »Sag auch Elda, der Tochter des Segestes, dass ich an sie denke. Und beschütze sie, wenn ihr Gefahr drohen sollte!«
    »Sie muss etwas ganz Besonderes sein, wenn du nach so vielen Jahren immer noch an sie denkst.«
    Als er den neugierigen und vor allem unternehmungslustigen Blick des Freundes sah, wusste Arminius, dass es falsch gewesen war, von Elda zu sprechen.

Teil II:
    C HERUSKER UND R ÖMER

17
    Wie ausgewechselt, ja beinahe wie ein anderer Mensch erschien Elda der Vater, seit er aus dem Ort der Ubier am Rhenus zurückgekehrt war, den die Römer zur Hauptstadt der entstehenden Provinz Germania zu machen gedachten. Das Mädchen konnte sich nur noch über Segestes wundern, denn seit diesen Tagen legte er eine für seine Verhältnisse außergewöhnlich gute Laune an den Tag. Verjüngt, das war das richtige Wort, er wirkte verjüngt. Es war, als ob der Panzer aus Härte und Übellaunigkeit Risse bekam und abfiel. Er scherzte hin und wieder und sah auch zuweilen über manchen Fehler der Mitglieder seiner Sippe hinweg, den er vordem streng geahndet hatte, und bemühte sich sichtlich um eine gewisse Leutseligkeit. Er fragte sogar Ansar, den er immer nur den Fahlen oder wegen seiner roten Augen das Frettchen genannt hatte, nach

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