Arminius
die germanischen Hilfseinheiten kommandieren wird. Ein tüchtiger junger Mann.«
»Ein wahrer Held. Velleius hat mir berichtet, wie er Maroboduus überrumpelt hat«, sagte Saturninus freundlich.
Varus wirkte ein wenig verstimmt, weil Saturninus offensichtlich mehr wusste als er. Deshalb brummte er nur: »Wie dem auch sei. Auf den Schultern von Männern wie diesen, von Herkunft Germane, durch Bildung Römer, soll die Provinz Germania entstehen.«
Fackeln und unzählige Öllämpchen erleuchteten den Saal im Hause des Statthalters. Saturninus feierte Abschied, Varus Ankunft, und mit ihnen feierte die gute Gesellschaft der entstehenden Provinz, Beamte, Offiziere, Kaufleute und die Gefolgsherren unter den Germanen, die mit den Römern gemeinsame Sache machten.
Arminius staunte über die neue Form des Gastmahls, die man offensichtlich hier erfunden hatte und die ihm bislang unbekannt geblieben war. Auch bei einer römischen cena konnte es Musik und Darbietungen geben, doch die Gäste rekelten sich währenddessen auf den Speisesofas. Hier nun nichts von alledem. Niemand lag zu Tische, weil auch nichts im Saal stand, worauf man sich hätte niederlassen können. Stattdessen reihten sich an den Wänden lange Tische, auf denen Speisen und Getränke dargeboten wurden. Musik und Tänzer erfreuten die Gäste, die sich stehend an den Köstlichkeiten gütlich taten und dabei immer neue Gruppen von Menschen bildeten, die immer neue Gespräche führten.
Bei cheruskischen Feiern, so erinnerte sich Arminius, soffen, prahlten und sangen entweder nur die Männer – manchmal trug auch ein Spielmann eine Heldendichtung vor –, oder alle saßen zusammen, und die ganze Sippe feierte mit Frauen und Kindern.
Diese neue Form des Festes ermöglichte, dass viele verschiedene Menschen miteinander ins Gespräch kamen. Geschickt von Saturninus, dachte Arminius, so lernten sich die wichtigen Personen in der neuen Provinz in zwanglosem Rahmen kennen, konnten Absprachen und Vereinbarungen treffen und Erfahrungen austauschen. Und es gab ja kein festeres Tau, das sie aneinander binden konnte, als gemeinsame Geschäfte.
Er stand gerade in einer Gruppe von Offizieren, die ihm vom Wegebau jenseits des Rhenus erzählten, als Velleius zu ihm trat.
»Komm, mein Freund, mit Soldaten kannst du noch reden, wenn du alt und grau bist und dich das Zipperlein plagt, der Harn nicht mehr fließen will und die Welt nur noch eine Folge von Zumutungen ist. Mit Frauen aber musst du parlieren, solange du jung oder wenigstens erfolgreich bist. Da dir im Augenblick sowohl Jugend als auch Erfolg vergönnt sind, bleibt dir keine Ausrede. Wer weiß, wie lange Fortuna uns lächelt?«
Mit diesen Worten zog er Arminius mit sich. Sie durchquerten den prachtvollen Saal mit den vielen gut gekleideten Menschen. Auch diejenigen unter den Gästen, die er als Germanen erkannte, trugen entweder eine Toga oder hatten ihre Hosen und Hemden mit farbigen Borten oder Goldfäden verziert, um ihrer traditionellen Stammeskleidung eine römische Note zu geben. Wieder wunderte sich Arminius darüber, wie viel und was sich alles in dem reichlich einen Jahrzehnt seiner Abwesenheit verändert hatte. Dabei war es scheinbar nicht so, als ob hier ein Rom im Kleinen entstünde, sondern es wuchs etwas anderes, etwas durchaus Neues heran. Niemand jedoch vermochte vorherzusagen, was aus dem Ei schlüpfen würde.
Velleius hatte ihn in eine Ecke des Saals geführt, wo die Musiker aufspielten. Dort standen drei junge Frauen, die in Schönheit und Anmut miteinander wetteiferten, scherzten und sich dabei glänzend zu unterhalten schienen.
»Darf ich vorstellen, das ist Arminius«, sagte Velleius mit einer kleinen Verbeugung.
Eine der Römerinnen lächelte entschieden zu einladend. »Die ganze Stadt ist voller Geschichten von deinen Heldentaten. Wie du schreckliche Feinde bezwungen hast. Es muss ein Vergnügen sein, sich dir zu ergeben«, säuselte sie.
»Ach, meine sogenannten Heldentaten sind nichts gegen das, was mein Freund Velleius vollbracht hat«, erwiderte Arminius höflich.
»Lass uns darüber nicht streiten«, sagte Velleius lachend. »Darf ich dir vorstellen, Popea, die Tochter des Legaten Caecus, ihr zur Linken Saturnina.«
»Schade, endlich kommt ein interessanter Mann in unsere Einöde, da muss ich fort«, sagte Saturnina und legte den Kopf ein wenig zur Seite.
»Ja, wirklich Pech für dich«, flötete Popea mit gespieltem Mitleid, »dass du morgen mit deinem Vater nach Rom
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