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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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und beide Mihailovics waren ganz Respekt vor meinem Titel. Mihailovic blickte zu seiner Frau und schließlich, nachdem er einen Schluck Kaffee genommen hatte, rang er sich durch, mich zu fragen. Er war aufgeregt wie ein Kind.
    »Sie lesen Griechisch?«
    »Ja, durchaus. Warum?«
    »Habe da Buch, sehr alt, weiß nicht, ob echt.« Dazu machte er eine vielsagende Geste mit der Linken, als ob er sagen wolle, dass er für die Legalität der Sache nicht garantieren könne.
    »Lassen Sie mal sehen. Ich bin da nicht kleinlich.«
    Mihailovic stand auf, ging zur gegenüberliegenden Wand, schob ein Bild zur Seite und öffnete einen Tresor. Mit seinem Rücken nahm er mir vollständig die Sicht. Als er sich wieder umdrehte, war das Bild zurück an seinem Platz, der Safe verdeckt, und er hielt eine Frischhaltefolie in der Hand. Darin befand sich ein in ein Tuch eingeschlagener Gegenstand. Vorsichtig trug er den Beutel zum Tisch, seine Frau hatte die Glasoberfläche freigemacht, und Mihailovic legte ihn darauf. Er öffnete behutsam die Folie und legte das Paket vor mich auf den Tisch. Ich wickelte das Tuch ab und es kam ein Holzschächtelchen aus feinstem Balsa, leicht wie eine Feder, zum Vorschein. Ich machte es mit Bedacht mit den Fingerspitzen auf. Die Mihailovics schauten mir gebannt zu. Alle drei hielten wir den Atem an. In der Schachtel lag eine Rolle, die aussah, als ob sie aus Papyrus wäre.
    »Haben Sie vielleicht Haushaltshandschuhe da?« Frau Mihailovic war postwendend auf und davon. Als sie wieder zurück war, zog ich das Plastik über, holte die Rolle heraus und legte sie auf das flach ausgebreitete Tuch. Ich atmete einmal tief durch und zog die Rolle behutsam auf. Es war Papyrus, das verrieten mir das leise Knistern und der Geruch. Während alte Bücher aus Pergament immer pfeffrig riechen, bleibt Papyrus nahezu geruchlos. Wenn man etwas riecht, dann fault es schon. Der Text war Griechisch, mit Schilfrohr in einer schönen rotschwarzen Tinte geschrieben, die im Lauf der Jahrtausende kein bisschen verblasst war. Meine Finger waren unter den Handschuhen schweißnass, mein Herz raste und ich vergaß alles um mich herum. Bis mich eine Bärenpranke berührte. Mihailovic hatte mich sicher nur leicht anstoßen wollen, aber er kegelte mir beinahe die Schulter aus.
    »Und, ist echt? Sieht so neu aus.«
    Ich brauchte einen Moment, um wieder ganz in der Wirklichkeit anzukommen. »Schwer zu sagen. Ohne chemische Analyse kann ich mich da nicht festlegen.« Eine kleine dramatische Pause, die beiden hingen mir an den Lippen wie die Studenten im Hörsaal. »Aber nach meinem Dafürhalten ist sie echt. Der Papyrus knistert richtig, von sehr guter Qualität. Das Griechisch ist korrekt, sowohl was die Buchstabenform als auch die diakritischen Zeichen betrifft.« Die beiden sahen mich fragend an. »Die Striche und Punkte über den Buchstaben.«
    »Aha.«
    »Der gewichtigste Punkt für die Echtheit ist aber die Schrift selbst. Tinte und Strich.«
    »Sieht aber so neu aus.«
    »Bei guter Lagerung kann das durchaus vorkommen. Vor allem aber ist die Buchstabenform perfekt gleichmäßig, sowohl in Hinsicht auf ihre Größe als auch ihre Form. Das Ganze ist definitiv mit einem Schilfrohr geschrieben. Ich habe mehrere Kurse in Paläografie gemacht, ich weiß, wie schwer das ist. Man muss ein Leben lang üben und auch dann wird man keinen Text verfassen können, der so perfekt wie dieser aussieht. Die antiken Schreibsklaven waren hoch ausgebildet.«
    »Was ist es denn überhaupt und wie alt?«
    »Das ist ein satyrischer Text, die Batrachomyomachia. Eine Erzählung vom Krieg der Frösche und Mäuse. So etwas wie eine antikes ›Hot Shots‹ oder ›Die nackte Kanone‹. Aber es ist nicht vollständig, sondern nur ein Gesang. Aber das reicht ja auch. Das Alter? Hmm.« Ich machte eine kleine Pause. »Wenn es echt ist, wovon ich ausgehe, stammt es aus der Zeit zwischen dem Tod von Alexander dem Großen und dem Tod von Ptolemäus Soter. Also aus den letzten Jahrzehnten des vierten Jahrhunderts vor Christus.«
    »Aber ohne chemische Analyse ist unsicher?«
    »Nicht unbedingt. Zuerst einmal kann man auch alten Papyrus nehmen, ihn bleichen oder abschaben und anschließend neu beschriften. Zudem kann man ohne Probleme eine authentische Tinte erzeugen und somit ist eine chemische Analyse nur eingeschränkt aufschlussreich. Das stärkste Kriterium ist aber die Schrift selbst. Um so schreiben zu können wie ein antiker Schreibsklave, braucht es ein Leben lang

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