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Arto Ratamo 7: Der Finne

Arto Ratamo 7: Der Finne

Titel: Arto Ratamo 7: Der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Schwierigkeiten«
    »Hören Sie doch damit auf«, sagte Ratamo und lachte kurz. »Forsman war nicht die Bohne gläubig und nochweniger orthodox. Und es würde kaum jemand behaupten, er sei ein großer Freund Russlands gewesen. Sagen Sie jetzt die Wahrheit, oder Sie werden es womöglich später bereuen.« Ratamo sprach in einem möglichst strengen Befehlston, er sah, dass dem jungen Priester etwas auf der Seele lag.
    »Als Mitarbeiter der Kirche unterliege ich der Schweigepflicht, wenn es um Dinge geht, die Forsman mir anvertraut hat. Er hat keinerlei Straftat geplant und sich meines Wissens auch keiner gesetzwidrigen Aktivitäten schuldig gemacht«, sagte Vater Peter resolut und wandte sich den SU-PO-Mitarbeitern zu. Es hörte sich so an, als hätte er seine Repliken auswendig gelernt.
    Ratamo wusste nicht, ob die finnischen Gesetzesparagraphen auch für einen Priester der russisch-orthodoxen Kirche galten, der hier arbeitete. Aber für dieses Mal reichte die Fragerei und das Abstreiten, er würde Vater Peter zum Verhör in die SUPO bringen lassen, irgendwann, wenn ihm die dringenderen Aufgaben Zeit dafür ließen. »Wir machen später weiter, vielleicht funktioniert Ihr Gedächtnis dann beim zweiten oder dritten Mal besser.«
    Sie schauen mich an wie einen Schuldigen, dachte Vater Peter, als er den Ermittlern die Hand gab. Dann gingen die Finnen und ließen ihre Drohung zurück. Vater Peter empfand Reue. Er holte das Foto aus seiner Brusttasche und betrachtete verstört das fleckige Gesicht von Unteroffizier Bogulow. Das Bild hatte er kurz vor dem Eintreffen der finnischen Polizisten von seinem Kollegen aus Moskau erhalten. Ein Wunder, dass er die Befragung so gut überstanden hatte.
    Ilja Furow und Unteroffizier Konstantin Bogulow, die einzigen Überlebenden des Blutbads von Grosny, arbeiteten zusammen. So musste es sein, da war sich Vater Peter ganz sicher. Furow versuchte sich das »Schwert des Marschalls« mit Hilfe des Auftragsmörders Bogulow zu beschaffen,er kümmerte sich nicht darum, wie viele Opfer der Killer hinterließ. Der Patriarch hatte nicht gewusst, was er tat, als er Furow die Verantwortung für die Suche nach dem »Schwert des Marschalls« übertrug.
    Enttäuschung und Wut peinigten Vater Peter, das wahre Gesicht Furows hatte sich ihm zu spät offenbart. Der Patriarch antwortete nicht auf seine Bitten um einen Rückruf, und in einem Brief konnte man das nicht berichten, weil die Helfer des Patriarchen alle an ihn gerichtete Post öffneten. Außerdem hatte er vor einigen Stunden heimlich mit angehört, was Furow Eerik Sutela am Telefon versprochen hatte: Der Vikar hatte behauptet, er wolle den Finnen helfen. Das glaubte Vater Peter nicht. Furow wollte Sutela nur ausnutzen, um das »Schwert des Marschalls« an sich zu bringen, und würde dann Bogulow die Drecksarbeit überlassen. Das Leben unschuldiger Menschen war in Gefahr, weil er, Vater Peter, Fehler begangen hatte.
    Er fühlte eine zerstörerische Schuld, die fast genauso schmerzlich war wie an jenem Tag, an dem sein Leben aus den Fugen geraten war. Er wurde einmal mehr zu dem zwölfjährigen Jungen, der im Park am Ufer des Williams Lake stand und einer Mutter zuschaute, die auf dem zugefrorenen See ihr Kind ausfuhr und einen roten Daunenmantel trug. Er erinnerte sich an das Entsetzen, das ihn gelähmt hatte, als die Mutter mit dem Kinderwagen im Eis einbrach, an ihre Rufe und an die Stille. Vor allem an die Stille. Aber nur die Schuld war geblieben und lebte in ihm weiter. Sie hatte ihn in den Schoß der Kirche getrieben, weg aus Kanada, an die Moskauer Theologische Akademie und in gewisser Weise auch hierher.
    Es war an der Zeit, sich von Finnland zu verabschieden. Er würde seine Sachen packen und nach Moskau, in sein normales Leben, zurückkehren und eine neue Last, eine neue Schuld mit sich herumtragen. Vater Peter bückte sichautomatisch, hob den umgekippten Stuhl auf und bemerkte auf der Unterseite des Sitzes etwas Sonderbares: In das Holz waren Buchstaben eingekerbt. Er kniff die Augen zusammen.
    »Predigthaus des heiligen Henrik.« Die in dünnen Strichen eingeritzten russischen Worte waren nur mit Mühe zu erkennen.
    Vater Peters Stimmung wurde sofort besser. Wenn das keine Fügung war, was dann? Otto Forsman hatte ihm eine Nachricht hinterlassen, und er bekam die Chance, seinen Fehler wieder auszubügeln.

46
    Helsinki, Samstag, 12. August
    Eerik Sutelas Körper bebte noch, als sich Taru schon von seinen Hüften schwang und aufs Bett

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