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Arto Ratamo 7: Der Finne

Arto Ratamo 7: Der Finne

Titel: Arto Ratamo 7: Der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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heimgesuchte süddeutsche Kleinstadt Bad Tölz gezeigt, plötzlich fuhr Taru zusammen. Ein pitschnasses Mädchen, das Paula verblüffend ähnlich sah, saß auf einer Trage und zitterte vor Kälte und Angst. Ihre Tochter würde das Rote Kreuz nicht retten, das musste sie selbst tun.

47
    Kokemäki, Sonntag, 13. August
    Der kahlköpfige Mann mit dem fleckigen Gesicht hatte genug von der schwülen Hitze, die ein Gewitter ankündigte, und verließ das Ufer des träge dahinströmenden Kokemäenjoki. Er ging zum Predigthaus des heiligen Henrik und setzte sich auf eine Parkbank im Schatten einer dichtbelaubten Raubirke. Das runde, über zehn Meter hohe Gebäude aus roten Ziegeln mit großen Fenstern erinnerte die »Flunder« an eine Tschatschouna in seiner Heimatstadt Nischni Nowgorod. Und das Predigthaus des heiligen Henrik sah auch kaum anders aus als das orthodoxe Gebetshaus, das die tschetschenischen Freischärler im März 1996 mitten im sonntäglichen Abendmahlgottesdienst niedergebrannt hatten.
    In ihm brannte dieses Bethaus auch nach über zehn Jahren noch immer. Die massiven Panzersperren vor der Kirchentür und die tschetschenischen Scharfschützen hatten dafür gesorgt, dass niemand entkam. Niemand außer ihm und Ilja Furow. Feige hatte er sein eigenes Leben gerettet und Dutzende Zivilisten lebendigen Leibes verbrennen oder durch die Kugeln der Tschetschenen sterben lassen. Er hatte seine Seele verkauft und sich mit Hilfe des Geistlichen Furow in Sicherheit gebracht. Und schon bald danach hatte sich Unteroffizier Bogulow, ein gewöhnlicher Soldat, in einen Killer verwandelt, den man die »Flunder« nannte. Die Schuld dafür trugen neben den Tschetschenen auch Russland, das den Krieg begonnen hatte, und die westlichen Länder, die nicht eingegriffen hatten, als Zivilisten abgeschlachtetwurden. Er hatte das Recht, sich an allen zu rächen. Und die Pflicht.
    Die Schreckensschreie der Kirchgänger von Grosny in seiner Erinnerung wurden erstickt, als er ein lautes Lachen hörte. Ein Touristenpärchen in identischen T-Shirts unterhielt sich frohgelaunt und fotografierte das Predigthaus. Was machten die hier um diese Zeit, früh um halb sieben? Die »Flunder« las die Texte auf ihren Hemden, verstand sie aber nicht. Finnisch war eine seltsame Sprache. Der Mann sah aus wie ein Ja-Sager, dessen Fitness zu wünschen übrig ließ, und die Frau wie eine Prinzessin, die es gewöhnt war herumzukommandieren. Zwei Paradebeispiele für Produkte der watteweichen Gesellschaft in den nordischen Ländern.
    Die »Flunder« spürte das Metall der Pistole auf der Haut, als er sich auf der Bank fester anlehnte. Er schloss die Augen:
Aufstehen, fünf Schritte und die Waffe ziehen, entsichern, das Handgelenk abstützen, auf die Pupille zielen, Schuss, eine Kugel durch den Orbit in den Lateralventrikel des Frontallappens, für beide Touristen je eine. Und den Gnadenschuss ins Herz.
Die »Flunder« öffnete die Augen. Diesmal musste es reichen, wenn er sich das nur vorstellte, er konnte bei seinem Auftrag nicht das Risiko eingehen, zu seinem Vergnügen belanglose Touristen hinzurichten.
    In dem Augenblick summte seine Armbanduhr einmal, das bedeutete, dass ihm bis zu den Hinrichtungen noch anderthalb Stunden Zeit blieb. Er wunderte sich einmal mehr über die Befehle des Auftraggebers, sie erschienen unlogisch. Aber seine Aufgabe war es nicht, Befehle in Frage zu stellen, sondern auszuführen. Vor allem, wenn man berücksichtigte, wer der Auftraggeber dieser Hinrichtungen war.
    Die »Flunder« ging zur Tür des Predigthauses und schaute das Touristenpaar mit ausdrucksloser Miene an. Die Frau erschrak bei seinem Anblick so sehr, dass sie ihre Kamerafallen ließ. Die »Flunder« öffnete die schwere Holztür, ging hinein und hatte das Gefühl, im Inneren einer Matrjoschka-Figur zu stehen. In der Backsteinkapelle befand sich der untere Teil eines uralten Speichergebäudes, vier Wände aus jeweils sieben Balken mit der Patina von Jahrhunderten und ein heller Bohlenfußboden. Er spürte eine Regung von Freude: Das würde doch eine Aufgabe, die etwas Besonderes war.
    An so einem eigenartigen Ort hatte er noch nie Menschen umgebracht.

48
    Kokemäki, Sonntag, 13. August
    Eine Krähe krächzte laut, der böige Wind wirbelte Sand auf, und es herrschte eine drückende Schwüle. Das Gewitter war schon ganz in der Nähe. Außer Eerik Sutela und Taru Otsamo bewegten sich in dem Park rund um das Predigthaus des heiligen Henrik nur ächzende Äste. Es war

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