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Arto Ratamo 7: Der Finne

Arto Ratamo 7: Der Finne

Titel: Arto Ratamo 7: Der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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schwollen ihm noch mehr an als sonst.
    Ein glühend heißer Tag kündigte sich an, dachte der Patriarch verärgert. Es war erst neun Uhr am Morgen und sein Klobuk war schon jetzt schweißdurchtränkt. Die weiße Kopfbedeckung mit dem Schleier war für den, der sie trug, eine reine Plage, aber er musste den »Helm der Rettung und Hoffnung« tragen. Zu danken war das dem Patriarchen von Konstantinopel Methodios, der misshandelt worden war, als er den Glauben verteidigte. Er war im neuntenJahrhundert auf die Idee gekommen, den Schleier seiner Kopfbedeckung in Streifen zu schneiden, mit denen er die entstellten Teile seines Gesichtes verdeckte. Heute sollte der Klobuk den Patriarchen an seine Pflicht erinnern, den rechten Glauben zu verteidigen, selbst auf die Gefahr des Märtyrertodes hin. Seine vom Bart eingerahmten Mundwinkel zuckten. Er war tatsächlich auf den Märtyrertod vorbereitet, aber nicht auf den eigenen. Seine Zeit würde erst kommen, wenn die Zukunft der russischen Kirche gesichert war.
    Im Schatten seiner Lieblingseiche betrachtete Wladimir II. die Landschaft, an dieser Stelle schaute er fast jeden Tag vorbei. Von hier sah man sowohl die Kirche, das Museum als auch die Ende der neunziger Jahre errichtete, dreigeschossige Sommerwohnung des Patriarchen, die siebzig Millionen Dollar gekostet hatte. Als Mönch durfte er natürlich nichts selbst besitzen, all das gehörte dem Moskauer Patriarchat, aber welcher Unterschied bestand eigentlich zwischen lebenslangem Nutzungsrecht und Besitz. An diesem Ort, der nach Geld stank, war ihm alles zuwider, alles, außer dieser Eiche.
    Der Patriarch kniff die Augen zusammen, als in der Ferne ein schwarzer Punkt auftauchte, der langsam größer wurde. Schon bald sah er einen rennenden Mann, und kurz darauf erkannte er Vater Ephraim. Der Mönch blieb schnaufend vor ihm stehen und reichte ihm das Handy. Vikarbischof Furow schnappte es sich, schaltete den Lautsprecher ein und gab Vater Ephraim mit einer höflichen Bewegung zu verstehen, dass der Patriarch ungestört sprechen wollte. Sie warteten, bis der alte Mönch außer Hörweite war, dann nannte der Patriarch am Telefon ganz ruhig seinen Titel.
    »Eure Heiligkeit, es ist eine Frage von Stunden, dann ist Otto Forsman gefunden«, versprach Vater Peter.
    »Ausgezeichnet, wirklich glänzend«, lobte der Patriarch. »Du wirst vermutlich schon bald einer der jüngsten Oberdiakone aller Zeiten werden.«
    »Danke, Eure Heiligkeit, aber ich werde wohl keine Belohnung dafür brauchen, dass ich helfe, ein Menschenleben zu retten«, versicherte Vater Peter. Die größte Freude wäre es für ihn, diesen Auftrag wieder loszuwerden, mit dem auch ein Gewaltapparat wie der des FSB verknüpft war. Aber das wagte er dem Patriarchen nicht zu sagen.
    Für eine Weile war nur ein Rauschen zu hören, weil der Patriarch nachdachte. »Ist alles bereit für die Fortsetzung, hast du angeordnet, in dem Brief, der Forsman übergeben werden soll, all das zu schreiben, worum ich gebeten habe?«, fragte er dann.
    »Die Wohnung als Versteck steht bereit, und alles andere auch. Ich möchte Eure Heiligkeit allerdings daran erinnern, dass nicht alles allein von mir und unseren Männern hier in Helsinki abhängt. Wenn Forsman nicht zur Kooperation bereit ist, kann es dem FSB möglicherweise doch gelingen, sein Ziel zu erreichen und das ›Schwert des Marschalls‹ in seine Gewalt zu bringen.«
    »Das kommt nicht in Frage«, entgegnete der Patriarch mit einer Stimme wie ein Donnerschlag. »Melde mir sofort, wenn Forsman gefunden ist«, befahl er und beendete das Gespräch.
    Es schien so, als hätte man Vikar Furow eine Ephedrinspritze verpasst. »Diese Situation gibt uns, also der Kirche, eine unglaubliche Möglichkeit. Wenn wir das ›Opferbuch‹ in die Hände bekommen, dann ist der Präsident gezwungen, seinen Griff um den Hals der Kirche zu lockern.«
    Der Patriarch strich über seinen weißen Bart. »Es ist unbestreitbar ein großer Unterschied, ob man ein Dokument in der Hand hat oder eben nur weiß, dass es existiert und was es enthält.«
    »Endlich wird die Kirche den Staat in diesem unendlichen Machtkampf besiegen«, sagte Furow voller Begeisterung. »Kein einziger Patriarch war so weitsichtig wie Sie.Und ich war der Einzige, der bereits damals an das Programm ›Geistliche Sicherheit‹ geglaubt hat, als Sie es vor zehn Jahren initiiert haben. Jetzt hat die Kirche feste Beziehungen zur Armee und Polizei, zum Zoll und Strafvollzug, zum

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