Arto Ratamo 7: Der Finne
Mannerheim in seinen Instruktionen festgelegten Maßnahmen ergriffen. Kulomaa und Forsman sollten nach Inari am Rande der Region Petsamo reisen und das »Schwert des Marschalls« nordöstlich von Jäniskoski verstecken, an der Trennlinie von West und Ost, da, wo sich die Grenzen von Finnland, Norwegen und Russland trafen.
Trotz des absoluten Verbotes in Mannerheims Instruktionen las der Soldat Kulomaa das ganze »Schwert des Marschalls«, als er
auf der Reise von Helsinki nach Jäniskoski die Gelegenheit dazu erhielt. Den Wert des Dokuments erkannte er sofort.
In der Nähe des Kraftwerksdorfes von Jäniskoski versuchte der Soldat Kulomaa seinen Kameraden umzubringen, das misslang, und so fand er sich in der Gewalt von Forsman wieder. In seiner Angst behauptete Kulomaa, er gehöre zum Sonderbataillon 4, einer Aufklärungseinheit, und hätte Anweisung, Forsman zu liquidieren. Forsman kannte kein Erbarmen mit seinem Kameraden. Er richtete Kulomaa hin, versteckte die Leiche in der Teufelskirche, die er in der Nähe des Tatorts fand, und floh aus Jäniskoski, das »Schwert des Marschalls« in seiner Obhut.
In dem Glauben, dass man im Machtapparat des finnischen Staates beschlossen hatte, ihn zu liquidieren, fertigte Soldat Forsman, der um sein Leben fürchtete, vom »Schwert des Marschalls« eine Kopie an. Die überließ er Marschall Mannerheim, der das Amt des Präsidenten ausübte, und der gab ihm sein Wort, dass man Forsmans Leben nie bedrohen werde. Das Original des Dokuments behielt Forsman jedoch – als seine Lebensversicherung.
GESCHICHTE, Kapitel
5. Der neue Kontinent
Ende 1519 erreichte die von Hernán Cortés geführte Flotte unter spanischer Flagge Mexiko, den neuen Kontinent. Zunächst verlief der Kontakt mit den Azteken friedlich, aber schließlich wurden die spanischen Conquistatoren in Kämpfe mit den Ureinwohnern verwickelt, bei denen Cortés die Hälfte seiner kleinen Truppe verlor. Die Spanier kapitulierten jedoch nicht, sondern rüsteten sich für neue Kämpfe.
1520 traf bei den von Cortés geführten spanischen Truppen ein Sklave aus Kuba ein. Mit ihm breiteten sich die Pocken in Tenochtitlan, der von den Spaniern belagerten heiligen Stadt der Azteken, aus, oder sie wurden ausgebreitet. Fast die Hälfte der Einwohner von Tenochtitlan kam um. In den folgenden Jahren starben etwa zwanzig Millionen der fünfundzwanzig Millionen Einwohner Mexikos an den Pocken und anderen Infektionskrankheiten. Eine
ähnliche Katastrophe trat später ein, als Francisco Pizarro das Inkareich in Peru eroberte. Die Infektionskrankheiten, die Cortés’ Truppen auf den neuen Erdteil gebracht hatten, setzten eine Todesspirale in Gang, die unter den Ureinwohnern Mittel- und Südamerikas Dutzende Millionen Menschenleben forderte.
Eerik Sutela schaute langsam auf. Sein Vater war ein Mörder. Ihn hatte ein Mann erzogen, den er anscheinend überhaupt nicht kannte.
»Das ist wirklich der letzte Hinweis. Und diesmal meine ich es ernst«, sagte Sutela.
38
Taalintehdas, Samstag, 12. August
Jussi Ketonen in seinem zeltplanengroßen Hawaiihemd und seinen khakifarbenen Shorts stellte die Pfifferlinge, die er an der ABC-Tankstelle von Perniö gekauft hatte, auf den Rücksitz und zwängte sich hinters Lenkrad. »Von dem eben muss Marketta nicht unbedingt erfahren«, sagte er zu Nelli Ratamo, die ein großes Eis schleckte. Ketonen hatte im Tankstellenrestaurant ein Jägerschnitzel und die Hälfte von Nellis Steak »Hawaii« gegessen. Es war kindisch, vor Fett triefendes Fleisch in sich hineinzustopfen, sobald die Frau es nicht sehen konnte, aber gegen seine Natur kam man nicht an.
Die Nachmittagssonne schien Ketonen in die Augen, als er Markettas Micra beschleunigte und in Richtung Westen fuhr. Ihr Ziel war Taalintehdas in der Südwestecke der Insel Kemiönsaari, dort wohnte Otto Forsmans Exfrau Eerika Sutela. Ketonen hoffte, dass Eerika beim Anblick von Nelli in ihm einen harmlosen Rentner sah und nicht den ehemaligen Chef der Sicherheitspolizei. Das letzte Mal hatten sie sich 1970 getroffen, im selben Jahr, in dem Eerika Otto Forsman das Sorgerecht für ihren Sohn Eerik überlassen hatte und nach Taalintehdas, in die Schären von Turunmaa, gezogen war.
Ketonens Gedanken schweiften ab in die Zeit, als er noch jung war. In den sechziger Jahren hatten er und Otto Forsman neben der Arbeit ein Jurastudium absolviert, er war damals in der Zentrale der Kriminalpolizei angestellt gewesen und Otto im Innenministerium. Sie
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