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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Gräben und am kunstvoll gearbeiteten Weidengeflecht der Aalreusen vorbei. Er schlängelte sich unnachvollziehbar über schillernde Moraststellen, wo unser Führer Bannsprüche gegen die Moorgeister flüsterte. In manchen Nächten, sagte er, schimmerten seltsame blaue Lichter im nassen Ödland: seiner Meinung nach die Geister jener, die in diesem Labyrinth aus Wasser, Schlamm und Riedgras umgekommen waren. Mit unseren Schritten stöberten wir kreischende Wildvögel von ihren Nestern auf, die in panischer Angst mit schwarzen Schwingen vor dem wolkenzerfetzten Himmel aufstiegen. Beim Marschieren unterhielt sich unser Führer mit mir. Er erzählte mir von den Drachen, die unter dem Moor schliefen, und den Dämonen, die durch die morastigen Bachläufe glitten. Er trug eine Kette aus den Rückenwirbeln eines Ertrunkenen –
    er meinte, das sei der einzige sichere Schutzzauber gegen die fürchterlichen Dinge, die an unserem Weg lauerten. Mir schien, daß der Tor nicht näher kam, aber das lag wohl nur an unserer Ungeduld, denn Meter um Meter, Bachlauf um Bachlauf näherten wir uns ihm. Immer höher ragte der große Hügel in den wolkenzerrissenen Himmel, und da entdeckten wir einen hellen Lichtstreifen an seinem Fuß. Es waren riesige Flammen, und anfangs dachten wir, der Schrein zum Heiligen Dornbusch müsse brennen; doch als wir noch näher herankamen und die Flammen nicht heller wurden, vermutete ich, daß der Lichtschein von Freudenfeuern kam, möglicherweise entzündet, um irgendeinen christlichen Ritus zu illuminieren, der das Heiligtum vor Schaden bewahren sollte. Wir alle machten das Zeichen gegen das Böse, und dann erreichten wir endlich einen Damm, der vom Moor direkt zum höher gelegenen Ynys Wydryn führte.
    Hier verließ uns unser Führer; er zog die Gefahren auf dem Moor den Gefahren eines von Feuern erleuchteten Ynys Wydryn vor. Also kniete er vor mir nieder, und ich belohnte ihn mit dem Rest meines Goldes, hob ihn auf und dankte ihm. Zu sechst zogen wir durch die kleine Stadt Ynys Wydryn, eine Niederlassung von Fischern und Korbmachern. Die Häuser waren dunkel, die Gassen menschenleer; nur Hunde und Ratten streunten herum. Wir gingen in Richtung der hölzernen Palisade, die das Heiligtum umgab, und obwohl wir den weißleuchtenden Rauch der Feuer über den Zaun emporsteigen sahen, konnten wir immer noch nicht erkennen, was sich drinnen abspielte. Unser Weg führte uns am Haupttor des Heiligtums vorbei, und beim Näherkommen entdeckte ich, daß zwei Speerkämpfer am Eingang Wache standen. Der Flammenschein, der durch das offene Tor drang, beleuchtete einen ihrer Schilde, und darauf prangte ein Symbol, das ich in Ynys Wydryn zuallerletzt erwartet hätte: Lancelots Seeadler mit dem Fisch in den Klauen.
    Da wir unsere Schilde auf den Rücken gehängt hatten, so daß
    der Stern darauf unsichtbar war, und obwohl wir alle die graue Wolfsrute trugen, schienen die Speerkämpfer uns für Freunde zu halten; denn sie riefen uns nicht an, als wir uns näherten, sondern rückten zur Seite, weil sie dachten, wir wollten das Heiligtum betreten. Erst als ich das Tor – voll Neugier auf Lancelots Beitrag zu den seltsamen Vorgängen dieses Abends
    – schon halb durchschritten hatte, erkannten die beiden Wachen, daß wir nicht zu ihren Kameraden gehörten. Der eine versuchte mir mit dem Speer den Weg zu versperren. »Wer seid Ihr?« rief er mich im Kommandoton an.
    Ich schob seinen Speer beiseite und stieß ihn, bevor er einen Warnruf ausstoßen konnte, rücklings zum Tor hinaus, während Issa seinen Kameraden nach draußen zerrte. Drinnen im Heiligtum war eine dichte Menge versammelt; aber die Leute kehrten uns alle den Rücken zu, und keiner hatte etwas von dem Handgemenge am Haupttor bemerkt. Und auch hören konnten sie nicht viel, denn die Menge skandierte und sang, und ihr Stimmengewirr übertönte die wenigen Geräusche, die wir machten. Ich zog meinen Gefangenen in den Schatten am Straßenrand und kniete neben ihm nieder. Als ich ihn aus der Toröffnung stieß, hatte ich meinen Speer fallen lassen, deswegen zog ich den kurzen Dolch, den ich an meinem Schwertgurt trug. »Seid Ihr Lancelots Mann?« fragte ich ihn.
    »Ja«, stieß er hervor.
    »Was habt Ihr dann hier zu suchen?« wollte ich wissen.
    »Dieses Land gehört Mordred.«
    »König Mordred ist tot«, sagte er voll Angst vor der Messerklinge, die ich an seine Kehle hielt. Ich schwieg, denn ich war so verblüfft über seine Antwort, daß mir schlichtweg die

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