Asche und Schwert
sind tot, aber die Heldin steht noch«, rief Batiatus über den Lärm hinweg.
»Sie ist keine Heldin, sondern eine verfluchte Mörderin«, schrie Verres.
»Jeder dort in der Arena ist ein verfluchter Mörder! «, sagte Cicero provozierend. »Ich bin überrascht, dass Ihr das erst jetzt herausfindet.«
»Das ist keine Gerechtigkeit«, knurrte Verres.
»Wenn man die Gerechtigkeit wilden Tieren überlässt, muss man damit rechnen, dass die Dinge plötzlich auf dem Kopf stehen«, kommentierte Cicero.
»Die römische Gerechtigkeit wird morgen zum Zug kom men«, sagte Batiatus mit drängendem Unterton. »Heute regiert die Gerechtigkeit des Pöbels.«
»Der Pöbel wird tun, was man ihm sagt.«
»Könnt Ihr dem Meer befehlen, Verres?«, erwiderte Batiatus lachend. Er beugte sich vor und packte ihn energisch am Arm.
»Ihr habt nur noch wenige Augenblicke, bevor die Menge vollkommen auÃer Kontrolle gerät«, zischte Batiatus. »Vertraut mir, und man wird Euch als Held in Erinnerung behalten. Ignoriert mich, und sie werden Euch dem schmachvollen Vergessen anheimfallen lassen.«
»Irgendetwas«, sagte Spartacus, »geht da auf dem Balkon vor sich.«
»Sie verhandeln über mein Schicksal«, sagte Medea. »Sie wollen, dass ich durch deine Hand sterbe.«
»Wir dienen und gehorchen«, sagte Varro kalt und griff nach seinem Schwert.
»Dann wirst du zuerst sterben!« Sie spuckte die Worte geradezu aus, als sie sich sprungbereit zusammenkauerte.
»Dazu wird es nicht kommen«, sagte Spartacus. »Anscheinend hat Batiatus sich durchgesetzt.«
Verres zog seine Hand von Batiatus weg.
»Tut, was Ihr wollt«, knurrte er. »Ich habe es satt, den Pöbel zufriedenzustellen.«
Batiatus sprang auf das Podium der Musiker und bat mit erhobenen Händen um Ruhe.
»Volk von Neapel«, rief er mit bellender Stimme der Menge zu, »Ihr habt heute den Kampf einer groÃen Kriegerin gesehen!«
Das Publikum stieà einen dröhnenden Ruf als Antwort aus.
»Zum Tode verurteilt, stand sie mit leeren Händen vor den wilden Bestien. Doch die Götter und zwei tapfere Reiter traten dazwischen. In Anerkennung ihrer Geschicklichkeit und ihres Mutes in der Arena und als weitere Probe ihres Kampfgeists befiehlt der edle Gaius Verres, der Veranstalter dieser Spiele, dass ihr Urteil geändert und nunmehr ad gladium lauten soll!«
Breit grinsend winkte er der jubelnden Menge zu und deutete eine ehrerbietige Geste gegenüber Verres an, was zu weiterem Applaus über die Entscheidung des vermeintlich so weisen Statthalters führte. Verres erhob sich und nahm mit halbherzig erhobenem Arm den Jubel entgegen, wobei er gleichzeitig einen fast verstohlenen Schluck Wein aus dem Kelch nahm, den er in seiner anderen Hand hielt. Resignierend schüttelte er den Kopf und lieà sich schwer auf seinen Sitz fallen.
»Ad gladium?«, zischte Verres. »Wir werden sie also ohnehin töten lassen?«
»In gewisser Weise«, sagte Lucretia. »Das Schwert wird ihr Schicksal sein. Sie wird kämpfen und an einem anderen Tag sterben.«
XI Â PRIMUS
XI
PRIMUS
Der erste von ihnen trug die lange, dunkle Robe Charons, des skelettartigen Fährmanns, der die Toten über den Styx bringt. Er hielt eine lange Stange in den Händen, als wolle er damit sein legendäres Boot über den Fluss staken, und sein Gesicht wurde von einer strahlend weiÃen Maske verhüllt, die nichts als die nackten Züge eines menschlichen Schädels zeigte. Die Menge begrüÃte sein Erscheinen mit zahllosen Scherzen â es wurde über alte Freunde und Verwandte gemurmelt, die ihn schon bald am Flussufer treffen würden, oder man bat darum, bis zum Ende der Spiele nicht von ihm belästigt zu werden. Charon spielte mit. Er trat dicht an die Zuschauerränge heran, deutete auf einzelne Besucher und wandte ihnen seine Maske mit dem toten Grinsen zu, was Hohn und Angst hervorrief.
In der Ostecke entdeckte er einen alten Mann, den er versuchsweise mit seiner Stange antippte.
»Noch nicht«, sagte sein Opfer lachend und schlug die Stange weg. »Du wirst mich noch früh genug sehen.«
Charon hob eine schwarz bemalte Hand; sie war mit einzelnen weiÃen Punkten versehen, die die Knochen darstellen sollten. Er rieb die Finger zusammen, als verlange er das Fährgeld.
Die Menge lachte und grölte,
Weitere Kostenlose Bücher