Aschebraut (German Edition)
sie nur noch mit Mühe Luft bekam.
N
Gary erschauderte im Schlaf – eine Bewegung, die seinen gesamten Körper zucken ließ und Jill aus einem Traum von ihrer Yogalehrerin Yasmine, die eine Katze operierte, riss. Was würde Freud wohl dazu sagen? , überlegte sie im Halbschlaf. Aber dann erschauderte ihr Mann ein zweites Mal. »Alles in Ordnung, Liebling?«, fragte Jill.
Er schlang ihr die Arme um den Leib und zog sie eng an sich.
Jill lächelte versonnen. Sie und Gary hatten sich am Vorabend geliebt, und sie spürte immer noch die Wärme, die dabei in ihrem Inneren aufgestiegen war. Es war wie immer wunderbar gewesen, aber gleichzeitig auch anders – intensiver als jemals zuvor. Gary hatte sie so inbrünstig geküsst und so fest im Arm gehalten, als versuchte er, ein Teil von ihr zu werden, ihr unter die Haut zu dringen und für immer dort zu bleiben. Wenn sie miteinander schliefen, fühlte sie sich jedes Mal begehrt, doch gestern Abend hatte es sich angefühlt, als brauchte Gary sie. Er hatte sie geliebt, als würde sie sein Leben retten, was sie auf gewisse Weise ja auch schließlich tat.
Wobei gleichzeitig auch sie von ihm gerettet worden war.
Ihre Rettung hatte teilweise darin bestanden, dass die zweiwöchige Dürreperiode letzte Nacht endlich vorbei gewesen war – vor allem aber darin, dachte Jill, dass Gary ihr endlich gebeichtet hatte, was ihm auf der Seele lag.
»Ich muss dir etwas sagen«, hatte er erklärt, ohne dass das Thema von ihr angesprochen worden wäre. Ohne dass sie hätte fragen müssen. »Mir ist klar, dass ich in letzter Zeit ein bisschen distanziert gewesen bin.«
Und sie hatte mit angehaltenem Atem hier in ihrem Schlafzimmer gestanden und ihn angesehen, als täte sich ein Abgrund vor ihr auf … bevor er völlig überraschend fortgefahren war.
»Das lag daran, dass ich dir nicht vertraut habe. Es tut mir furchtbar leid. Ich habe mich geirrt.«
»Warte«, hatte sie gesagt. »Du hast mir nicht vertraut?«
»Ich dachte, dass du ein Verhältnis hast.«
Sie hatte ihn mit offenem Mund und großen Augen angestarrt. »Weshalb hättest du das denken sollen?«, hatte sie gefragt, sich aber die Antwort sofort selbst gegeben. Weil sie selbst genauso distanziert wie er gewesen war. Das war ihr mit einem Mal bewusst geworden, auch wenn sicherlich kein anderer Mann der Grund dafür gewesen war.
Die alljährliche Spendengala zugunsten von Mach dich schlau würde am 7. Januar stattfinden, und die PR-Firma, die das Event seit acht Jahren betreute, hatte mir nichts, dir nichts fast das Doppelte an Geld verlangt. Was sich ihr Verein einfach nicht leisten konnte, ohne dass sie zusätzliche Unterstützer fand. Jill hatte in dem Augenblick nicht daran denken wollen, aber ja, sie hatte auf der Suche nach Sponsoren jede Menge Zeit am Telefon verbracht, kaum noch etwas anderes im Kopf gehabt und war in Gedanken überall gewesen, nur nicht hier bei ihrem Mann. Sie hatte Gary nichts davon erzählt, denn er hatte schon genug um die Ohren, ohne dass auch sie noch mit ihren Problemen angelaufen kam. Und zu Hause hatten sie mehr als genug damit zu tun, die Termine ihrer Mädchen zu koordinieren, ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen, das Essen auf den Tisch zu bringen, darauf zu achten, dass sie Klavier oder die Cheerleader-Choreographien übten, Französisch- und Spanischvokabeln lernten, jeden Abend eine halbe Stunde lasen. Und als wäre das noch nicht genug, hatte Hannah augenblicklich eine schlechte Phase, weshalb Jill, wenn ihre Tochter nach drei Gläsern Wasser und zwei Gutenachtgeschichten endlich eingeschlafen war, vollkommen ermattet auf der Couch zusammenbrach und eine halbe Stunde reglos in die Glotze starrte, ganz egal, was gerade lief.
So war es bereits lange vor Beginn der Dürrephase bei ihnen gelaufen. Lange bevor das Verhalten ihres Mannes ihr verdächtig vorgekommen war.
Weshalb Gary schon viel früher misstrauisch geworden war.
»Warum hast du mich nicht einfach darauf angesprochen?«, hatte sie gefragt. Jill, die Heuchlerin, die sich in sein Büro geschlichen und die Nummern seines Prepaid-Handys abgeschrieben hatte.
»Weil ich Angst vor deiner Antwort hatte«, hatte er erklärt. »Ich bin sogar so weit gegangen und habe mit einem Privatdetektiv telefoniert. Dafür hatte ich mir extra ein Prepaid-Handy zugelegt, aber das habe ich inzwischen weggeworfen. Oh, es tut mir wirklich leid.«
Und Jill war auf ihn zugegangen, hatte ihn umarmt und unglücklich gedacht … du hast mir nicht
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