Aschenputtel: Thriller (German Edition)
jeder Menge schwerer Probleme belastet wurde.
Aber doch nicht, wenn man kleine Kinder zu Hause hatte, so wie Peder. Und erst recht nicht mit einer Kollegin und nicht auf so ungeschickte Weise, dass andere Menschen davon erfuhren. Das war mies und verantwortungslos.
Alex schüttelte den Kopf. Die jungen Leute heutzutage… Er wusste, es klang altmodisch und sogar rückständig, aber er fand, dass man gegen die Ansichten und Erwartungen, die die jungen Leute heutzutage an das Leben stellten, durchaus einiges einwenden konnte. Wenn es nach ihnen ging, sollte das Leben eine einzige ewige Segeltour ohne Gegenwind und auch ohne Flaute sein. Die Welt war zu einem gigantischen Rummelplatz verkommen, wo jeder vorgeben konnte zu sein, was immer er wollte. Hätte Alex so leben können wie sein Sohn? Wäre er nach Südamerika gegangen? Nein, sicher nicht. Und das war auch gut so, denn wenn man solche Wahlmöglichkeiten hatte, dann kehrte in der Seele niemals Ruhe ein. Dann konnte man nur so enden wie Peder.
Plötzlich hatte Alex ein schlechtes Gewissen, weil er hier saß und über derlei Dinge nachdachte. Dabei hatte er sich wirklich kein Urteil darüber zu erlauben, was seine Kollegen mit ihrem Leben anfingen. Trotzdem… Er dachte an Peders Frau und die Kinder. Warum tat Peder selbst das nicht?
Seine schwermütige Stimmung hellte sich erst wieder ein wenig auf, als Peder anrief. Da war etwas Engagiertes in seiner Stimme, das Alex sagte, dass Peder seine Arbeit mochte, und das war ganz klar eine positive Eigenschaft.
Aber diesmal klang der junge Kollege unzufrieden.
» Wir wissen nur, dass sie den Führerschein machen wollte«, sagte er säuerlich. » Wenn sie es überhaupt war.«
Doch das sah Alex anders. » Und wir wissen, dass sie geschlagen wurde, was den Verdacht bestärkt, dass wir das richtige Mädchen gefunden haben. Und den richtigen Typen«, sagte er bestimmt und fuhr dann noch etwas eifriger fort: » Denk doch mal nach, Peder! Das Mädchen, das in Jönköping ermordet wurde, lebte unter neuer Identität, nachdem sie sich von einem Mann getrennt hatte, der sie misshandelte. In dem Gespräch mit Ellen sprach sie von einer Art Kampf und davon, dass der Mann bestimmte Frauen bestrafen wollte. Nimm nur mal an, dass dieser Verrückte sich jetzt ein neues Mädchen als Partnerin und Helferin besorgt hat. Ein anderes Mädchen, dem es im Leben vielleicht auch schon mal– oder besser gesagt: so richtig schlecht ergangen ist und das aus irgendeinem Grund auf den Typen reinfällt. Wenn– ich sage: wenn – derselbe Typ, der Lilian entführt hat, auch das Mädchen in Jönköping ermordet hat, dann wissen wir überdies, dass irgendjemand ihm zumindest geholfen haben muss, Lilian tot oder lebendig nach Umeå zu bringen. Er wird wohl kaum an zwei Orten gleichzeitig gewesen sein können. Und da wäre es sicher ganz praktisch, wenn seine Helferin bis dahin einen Führerschein hätte.«
Peder dachte nach.
» Soll ich, wenn ich schon mal hier bin, noch ein paar andere Fahrschulen auf Söder abklappern und das Bild rumzeigen?«, fragte er schließlich. » Vielleicht ist sie zu einer anderen Schule gegangen, nachdem der Autovermieter sie wieder weggeschickt hatte.«
» Gute Idee. Wir dürfen nur nicht die andere Frau vergessen, die Pflegemutter.«
» Ich schaffe beides«, sagte Peder schnell. » Schon etwas von Fredrika gehört?«
» Nein«, seufzte Alex. » Ich glaube, sie ist zu einem weiteren Gespräch mit Sara Sebastiansson unterwegs. Sie wollte anrufen, ehe sie dann weiter zum Flughafen fährt.«
Alex wollte gerade schon auflegen, da sagte Peder: » Und noch etwas.«
Alex wartete.
» Warum ist er ausgerechnet jetzt nach Jönköping gefahren, um das Mädchen zu ermorden? Er hatte doch alle Hände voll mit Lilian zu tun. Warum zieht er so viel Aufmerksamkeit auf sich?«
Alex nickte vor sich hin.
» Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, begann er zögernd. » Es scheint irgendeinen Plan hinter alldem zu geben. Erst hat er den Zug und Sara Sebastiansson in Flemingsberg gestoppt, dann hat er das Paket mit den Haaren und den Kleidern geschickt. Der Mord in Jönköping ist vielleicht Teil eines Rituals, das wir einfach noch nicht durchschauen.«
» Das habe ich mir auch überlegt«, sagte Peder, » aber irgendwie passt es nicht zusammen. Mir scheint es eher so, als hätte der Mord in Jönköping schnell geschehen müssen. Er hat noch nicht einmal den Fußboden hinter sich abgewischt. Die ganze Zeit war er so
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