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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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hat mich doch erwischt. Mich zerrissen und verschlungen. Aber es war nicht das, für das ich es gehalten habe.
    In dem Thread, in dem Elsa und Nina geschrieben haben, gibt es nur drei Teilnehmer, überhaupt besteht das Forum nur aus wenigen Mitgliedern, es ist ein sehr exklusiver Kreis, was mich nicht überrascht, bei den Themen, die dort besprochen werden. Es gibt einen Thread zum Thema Selbstmord und einen zum Thema, wie man am besten die Flucht von Zuhause vorbereitet. Es ist eineZufluchtsstätte, doch es ist kein schöner Ort. Das Forum ist randvoll mit Verzweiflung, Angst und brennendem Zorn.
    Kein Wunder, dass man dazu eingeladen werden muss, denn sollten irgendwelche Eltern jemals davon Wind bekommen, werden sie es sofort schließen lassen.
    Schneewitte97 und Cinderella sprechen nur mit einer weiteren Person. Der Person, die sie in das Forum eingeladen hat, die ihnen die Zugangsdaten verschafft hat – und die ihnen damit einen vermeintlich sicheren Raum geboten hat, in dem sie alles sagen können. Zumindest bis jetzt.
    DerJAEGER.
    Dessen Avatarbild nur eine leere schwarze Fläche mit einem Fragezeichen darauf ist.
    Der Elsa und Nina an diesem Ort erzählt hat, dass er sich so oft gewünscht hat, er würde den Mut finden, einfach vor einen Zug zu springen, bis er endlich begriffen hat, dass es immer auch noch einen anderen Ausweg gibt …
    Hinter meiner Stirn haben sich furchtbare Kopfschmerzen breitgemacht, das Herz klopft mir bis zum Hals und an meinen Augenrändern verschwimmt die Sicht. Alles, woran ich geglaubt habe, steht plötzlich infrage, und ein Verdacht hat sich in meinem Kopf eingenistet, der mir Übelkeit beschert. Die Dinge, die Elsa hier geschrieben hat, sind so grauenvoll, dass ich das Gefühl habe, ein vollkommen anderer Mensch hat sie verfasst,und ich muss mich fragen, wie gut ich Elsa wirklich kenne.
    Galle steigt mir nach oben, aber ich schlucke sie wieder hinunter und rufe Tobi übers Handy an. Es ist mir gleich, wie viel ich dafür bezahle, denn ich muss jetzt seine Stimme hören, weil sie vielleicht genau wie sein Blick die Zeit anhalten kann.
    »Wir müssen herausfinden, mit wem sich Elsa und Nina in diesem Forum unterhalten haben. Wer hinter dem Namen DerJAEGER steckt«, sage ich zu ihm, als er abgenommen hat. Für überflüssige Worte fehlt mir die Kraft.
    »Warum?«
    »Ich glaube, der Täter hat es auf Hochbegabte abgesehen, und dieser JAEGER könnte das nächste Opfer sein.«
    »Weil er mit Elsa und Nina geredet hat?«
    »Ja. Es ist ein merkwürdiges Forum, innerhalb der Threads vermischen sich die Mitglieder kaum. Du schreibst zu einem Thema und dabei bleibst du meistens auch. Als würden sie sich in die Probleme der anderen nicht einmischen, wenn sie sie nicht teilen. Elsa und Nina haben wirklich nur dort gepostet. Genau wie DerJAEGER.«
    »Das ist verrückt …«
    Es ist monströs.
    »Warum sollte jemand so etwas tun? Aus Eifersucht?«
    »Ich glaube nicht, dass es Eifersucht ist, Tobi.« Mitbrüchiger Stimme lese ich ihm einen Teil der Einträge vor, dabei wird er immer schweigsamer, bis es aus ihm herausbricht: »Wir müssen mit Nina reden.«
    »Und mit Elsa, aber die ist gerade mit meiner Tante Lebensmittel einkaufen gefahren. Ich komme zu euch.«
    Ich unterbreche das Gespräch, und für einige Sekunden lang kann ich mich nicht bewegen. Wie paralysiert sitze ich in der Küche, starre auf meine Hände und komme mir selbst wie ein Monster vor.
    Eines, das nichts sieht.
    Vielleicht hat Elsa recht gehabt, und es wäre besser gewesen, ich hätte sie einfach in Ruhe gelassen. Aber jetzt ist es zu spät, der Stein ist einmal ins Rollen gebracht und ich begreife endlich, dass ich das Monster nicht nur ihretwegen aufhalten will. Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich erst wieder beruhigt sein werde, wenn es hinter Gittern steckt. Seit diesem Tag im Moor, an dem ich Nina gefunden habe, sitzt es mir im Nacken und schlägt seine Klauen in mich. Erst, wenn ich sein Gesicht kenne, kann ich es auch loswerden. Und mit ihm die Angst.

K eine zwanzig Minuten später stehe ich vor Tobis Haustür, die er mir mit bleichem Gesicht öffnet. An seinem besorgtem Blick erkenne ich, dass ich wohl nicht viel besser aussehe. Mir tut die linke Schulter ein bisschen weh, weil ich auf der Straße immer wieder mit Leuten zusammengestoßen bin, und beinahe wäre ich an einer Kreuzung von einem Auto gestreift worden, so aufgewühlt bin ich.
    »Komm rein«, sagt er. »Sie ist wieder oben in ihrem

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