Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
aus seinen Sandalen. »Ich geh da rüber.«
»Du machst Witze. Oder?«
»Ich hab das Warten satt.«
»Hast du denn irgendeine Idee, was du machen willst?«
»Hab ich die jemals?« Ash band sich den gelben Schal um die Taille und klemmte das Katar hinein. »Ich werde mir Savage vorknöpfen. Er ist gleich da drüben.«
»Und dann?«
»Erst hole ich mir den Koh-i-Noor und dann murkse ich ihn ab.« Genau das würde Parvati tun.
John blickte Ash an. »Du willst ihn wirklich umbringen?«
Ash nickte. Er war der Kali-Aastra. Töten gehörte zu seinem Job – und niemand verdiente den Tod mehr als Savage. »Ist ja nicht das erste Mal. Ravana habe ich auch getötet. Und Mayar. Und diesen Geierdämon Jat.«
»Klar. So gesehen bist du praktisch ein Serienkiller, Ash.«
»Das ist nicht witzig.«
»Mord ist auch nicht witzig. Diese anderen Typen hast du im Kampf getötet, weil du keine Wahl hattest. Du hast deiner Schwester damit das Leben gerettet. Aber das hier ist was anderes. Diesmal willst du dich von hinten an jemand ranschleichen und ihm die Kehle durchschneiden. So bist du nicht. Zumindest hoffe ich stark, dass du nicht so bist.«
»Parvati würde es so machen.«
»Sie ist ein Dämon, Ash.«
Ash stand bereits bis zur Hüfte im Meer. »Ich sage ja nicht, dass ich es machen will . Aber … was bleibt mir denn anderes übrig? Wie soll ich ihn sonst aufhalten?«
»Ich finde das ein bisschen extrem. Lass uns noch warten. Wenn wir es geschafft haben, hierher zu finden, dann ist Parvati bestimmt nicht mehr weit weg.«
Genau das wollte Ash auch zu gern. Er wollte, dass Parvati ihm die Entscheidungen abnahm. Wenn sie ihn beauftragte, Savage zu töten, wäre es etwas ganz anderes. Dann wäre es nicht seine Wahl. Andererseits konnte man böse Taten nicht dadurch entschuldigen, dass man sie auf Befehl hin ausgeführt hatte. »Uns bleiben nur noch ein paar Stunden, bevor es hell wird. Wenn ich da rüber will, dann muss ich jetzt los.«
»Was ist mit mir?«, wollte John wissen.
»Geh zurück zu dem alten Bahnhof. Wenn Parvati schon unterwegs ist, dann kommt sie bestimmt dort vorbei. Geh hin und finde sie.«
»Und was, wenn ich sie nicht finde?«
»Dann hol jemand anderes. Die Avengers oder so«, meinte Ash, während er weiter ins Wasser watete.
Kapitel 38
Noch nie zuvor war er im Dunkeln geschwommen. Es war merkwürdig, die Spiegelbilder der Sterne und das gebrochene Mondlicht auf den schwarzen Wellen zu sehen. Ein-, zweimal tauchte er mit dem Kopf unter Wasser. Die Finsternis unter ihm schien kein Ende zu nehmen. Er hatte das Gefühl, in der Unendlichkeit zu treiben.
Hatte er die Hälfte der Strecke schon hinter sich? Möglich.
Vor ihm lag ein dünner Strandabschnitt, hinter dem eine hohe Steilküste aufragte. Ash mobilisierte noch einmal seine Kräfte und hielt darauf zu.
Schließlich streiften seine Zehen Sand. Er fand festen Stand und watete die letzten Meter, bis er das steil aufragende Kliff vor sich anstarrte. Die Küste war düster, schwarz und mit Moos beschmiert. Wasser tropfte von oben herab und sammelte sich am Fuß des Steilufers in mehreren Steinbecken. Ash schüttelte seine matten Arme aus, um sie wieder aufzuwecken, doch sie hingen wie Blei an seinen schmerzenden Schultern. Völlig erschöpft schlurfte er auf die hohe Felswand zu. Zu gerne hätte er sich ausgeruht, aber wenn er jetzt eine Pause einlegte, würde er so schnell nicht wieder aufstehen. Und die Morgendämmerung kündigte sich bereits an. Ihm blieb keine Zeit.
Ash suchte nach einem Weg nach oben.
»Mist.« Vom anderen Ufer aus hatte das Kliff einen weit kleineren Eindruck gemacht.
Warum konnten die Dinge nicht auch mal einfach sein?
Aber nein! Kein Pfad nach oben. Kein Seil, das praktischerweise herunterbaumelte. Keine Rolltreppe. Erst recht kein Aufzug. Nur Grasbüschel und Halme, die aus kleinen Felsritzen ragten. Während seine Beine noch immer von seinem kleinen Schwimmausflug schmerzten, hielt Ash nach einem Einstieg in die steile Wand Ausschau. Nach einer Weile ergriff er eine abstehende Wurzel, zwängte seine Zehen in eine lange Spalte und begann zu klettern.
Wie eine Spinne krabbelte Ash die Steilküste hinauf, langsam und auf jede Bewegung bedacht. Mehr als einmal rutschte er ab und baumelte plötzlich nur noch an den Fingerspitzen fünfzig Meter über dem felsigen Abgrund. Seine Arme brannten und seine Schultern quälten ihn tausendmal schlimmer als während seiner schlimmsten Sportstunde. Sein Akku machte langsam, aber
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