Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
Wirkungskreis?
Reichweite, da war doch was? Dieser Junge, Jasper, hatte Peter erwähnt und dass es Peter immer dann besser ging, wenn Finn weit weg war. Und dass das Netzwerk zusammenbrechen würde, wenn Finn starb.
Sie hatte auch in diese Richtung überlegt, als sie gegrübelt hatte, wie Finn all diese Veränderten lenkte. Ich weiß, dass das Signal springt, weil das Monster es auch tut und ich die Reise mitmache. Und wenn man dann noch bedachte, was ihr passiert war, als Finns Veränderte das Plateau angegriffen hatten: eine riesige Woge, ein enorm starkes Signal, und sie war rücklings im Schnee aufgewacht. Doch was bedeutet das? Wie kann ich es einsetzen?
Die von frei stehenden Garagen gesäumte Gasse direkt vor ihr ging in den Parkplatz des Gemeindehauses über. An der Rückwand standen neben einem großen grünen Müllcontainer drei Polizeiautos ohne Reifen und Türen auf ihren Felgen. Rechts führte eine einspurige Zufahrt zum Platz. Der lange, mit Buntglas überdachte Fußweg zwischen Schule und Kirche war zu ihrer Linken. Hohe Bäume salutierten auf dem Weg zu Pfarrhaus und Schule, wo man, wie ihr jetzt einfiel, über einen Hof zu einem Seiteneingang der Kirche gelangte.
Sie zog Buck an sich und kauerte sich bei der letzten Garage auf der linken Seite, ganz am Ende der Gasse, hinter eine alte Schneewehe. Zwei Möglichkeiten: das Gemeindehaus oder die Kirche. Wenn sie sich am Waldrand hielt, hatten sie und der Wolfshund weit bessere Chancen, sich in die Kirche zu stehlen. Außerdem haben sie die Glocke geläutet. Was hieß, dass man in den Turm kam. Geh rauf, verschaff dir einen Überblick, schau, ob sich Peter und Wolf und Penny in Finns Nähe befinden. Vielleicht entdeckte sie sogar Chris. Die Uzi hatte ein Zielfernrohr. Moment mal, könnte sie Finn erschießen? Bleib auf dem Teppich, Schätzchen. Sie war kein Scharfschütze. Sie wusste nicht einmal, welche Reichweite die Uzi hatte. Außerdem – ihre Brust zog sich zusammen – , was würde passieren, wenn Finn starb? Angesichts all dieser Veränderten würde sie wetten: nichts Gutes.
»Sie wären entfesselt, völlig außer Kontrolle.« Als der Wolfshund ein leises Winseln von sich gab, streichelte sie ihm die Ohren. »Ich weiß. Ich rieche sie auch.« Der widerliche Mief der Veränderten wurde mit jeder Sekunde stärker. »Ich hör ja auf dich, Junge. Wir gehen.«
Als sie hinter dem Gemeindehaus vorbeihuschten, schnappte sie einen seltsamen Geruch auf: nur einen winzigen Hauch, wie ein Ausläufer von würzigem Rauch, den eine starke Brise zerstoben hatte. Die Gewürznote ließ sie stocken. Nein. Sie machte dicht, bevor sie in Trauer versinken konnte und handlungsunfähig wurde. Genug, Alex. Sie sammelte sich, konzentrierte sich auf ihren Herzschlag. Es ist nur Einbildung, du bist durcheinander. Du wünschst dir, dass es Tom ist. »Zieh das hier durch, heulen kannst du später«, murmelte sie.
Wieder schnüffelte sie aufmerksam. Diesmal kein würziges Aroma, kein Trugbild von Tom. Nur Diesel und … angesengtes Blech? Wie eine geschwärzte Konserve mit Bohnen, die auf einem Lagerfeuer erhitzt wird. Doch zugleich roch es auch sonderbar chemisch: Schießpulver und … Ihr stand ein Sommernachmittag vor Augen: Fluchend hielt ihr Vater einen Feuerlöscher in der Hand. Der kalkige Chemikalienstrahl und ihre Mutter, die lamentierte, dass sie Atemschutzmasken tragen müssten, wenn sie die Sauerei wegmachten. Mit Phosphorsäure ist nicht zu spaßen.
Dann lag das Gemeindehaus hinter ihr, und sie und der Wolfshund rasten in den Wald am Pfarrhaus. Kaum waren sie durch die Seitentür geschlüpft, kauerten sie und Buck sich am Treppenabsatz auf den Boden, schnupperten und lauschten. Irgendetwas Schreckliches war im Altarraum und auch im Keller passiert. Bei dem durchdringenden Geruch nach kaltem Blut und verbranntem Schießpulver zog es ihr den Mund zusammen. Was der schwarze Schlund hinter der Kellertür ausatmete, war Schweiß und Angst und verstümmeltes Fleisch und ein Veränderter, ganz sicher. Der Gestank eines zerquetschten, verschmorten Waschbären drang beißend in ihre Augen.
In den bunten Lichtstrahlen, die durch die Fensterrose am östlichen Ende der Kirche fielen, tanzte der Staub. Die Bänke waren leer, doch der Geruch von Menschen und einigen wenigen brennenden Kerzen lag noch in der Luft … Moment mal. Sie atmete noch einmal mit offenem Mund ein, schmeckte dem Aroma auf der Zunge nach und keuchte dann: »O Gott. Pickel … Ben? « Er
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