Ashes to Ashes (German Edition)
Erst jetzt nahm sie sich die Zeit, sich innerlich wieder etwas zu
entspannen und war so froh darüber, zurück zu sein.
„Nun erzähle, was vorgefallen
ist!“, forderte die Großmutter das Mädchen mit einem Kopfnicken auf, während sie
einen Tee aufbrühte. Und Leila erzählte.
„Wieso ist mein Leben nur so
schrecklich kompliziert?“, keuchte Sherryl in ihrem Zimmer leise, wobei sie sich
auf ihr Bett plumpsen ließ und die Arme über die Augen legte.
Ein heftiger Schmerz, der sie
bereits seit dem Morgen begleitet hatte, hämmerte noch immer hinter ihrem
rechten Auge und hielt sich hartnäckig.
Es strömten ihr so viele Gedanken
auf einmal durch den Kopf, dass sie sie nicht zu ordnen vermochte.
„Vielleicht… vielleicht hätte ich
dort bleiben sollen. Damit kennst du dich doch aus, Sherryl! Dort findest du
dich doch zurecht“, knirschte sie bitter. Winzige Tränen rannen ihr über die
Wangen, bis sie weich in den Kissen des Bettes versanken.
Sie fiel in einen Schlaf, aus
welchem sie einige Male entsetzt erwachte.
***
„Ich hoffe, Ihr verzeiht mir, dass
ich Euere Andacht gestört habe, mein Prinz! Ich hätte auf Euere Wiederkehr
warten und Euch nicht hinterher laufen sollen. Es ziemt sich nicht, so etwas zu
tun.“
Christen versuchte zu lächeln und
den Inhalt von Bernadettes Worten zu erfassen, was ihm einige Mühe kostete. Es
war auch zu viel verlangt, denn noch immer schlug ihm sein Herz bis zum Hals,
während er sich an die vergangenen Augenblicke zurück erinnerte.
Bernadette hatte sich sogleich,
nachdem sie die Kirche verlassen hatten, bei ihm untergehakt und fragte sich, ob
es die Aufregung war, die Christens Glieder so steif und unnahbar erscheinen
ließ. Die letzten Minuten hatte sie jedoch vergeblich darauf gewartet, dass sich
die Distanz zwischen ihnen auflösen und sie lächelnd und turtelnd nebeneinander
durch den Winter spazieren würden.
„Mein Prinz? Hört Ihr mir denn überhaupt zu?“,
bohrte sie nach, da Christen nicht auf ihre Frage reagierte. Sie hatte sich wohl
ein Kopfschütteln oder ein paar beschwichtigende Worte erhofft.
„Natürlich höre ich Euch zu, Mylady!“,
antwortete der Prinz so leise, dass sie Mühe hatte, ihn zu verstehen.
„Oh, da ist Gabriel!“, stieß sie überrascht aus,
als sie ihren Bruder über den Hof direkt auf sie zusteuern sah. Sie winkte ihm
zu, wurde dieses Mal mit einem breiten Lächeln belohnt.
„Liebste Schwester, … Cousin!“, begrüßte Gabriel
die beiden, heftete seine Blicke dabei amüsiert auf Christen, der ihm lediglich
knapp zunickte.
„Genießt ihr die winterliche Zweisamkeit? … Und
winterlich ist sie tatsächlich, nicht wahr, Christen?“, spöttelte Gabriel mit
spitzer Zunge, freute sich daran, dass weder Bernadette noch sein Cousin richtig
begriffen, was er eigentlich damit meinte.
„Ich wollte dich bitten, mir dein Pferd zu
leihen, Bernadette! Morgen reite ich zurück nach Tesalien und meines lahmt seit
einigen Tagen…“
„Du reitest morgen zurück?“, unterbrach Christen
erstaunt die beiden Geschwister. „Wozu?“
„Nun… auch unser Königreich kann nicht so
lange ohne männliches Oberhaupt bleiben. Außerdem gibt es noch etliche
Vorbereitungen, die getroffen werden müssen. Denn wie du sicherlich weißt,
findet im Frühjahr eine Hochzeit statt!“
„Bevor du reitest, habe ich noch einige Worte
mit dir zu bereden!“
Gabriels Augen verschmälerten sich, beinahe
überrascht.
„Ist das so…?“, wollte er wissen und pustete
sich dabei den nicht vorhandenen Staub von den Fingernägeln. „Nun, ich fürchte,
dass diese Angelegenheit warten muss. Denn heute Abend steht mir leider keine
Freizeit mehr zur Verfügung, so gerne ich sie auch für meinen liebsten Cousin
geopfert hätte! Wenn ihr beiden mich jetzt entschuldigen wollt? Dein Schweigen
fasse ich als Zustimmung zu meinem Begehr auf, Bernadette! Ich danke dir!“
Schwungvoll wendete er sich ab und stapfte
davon.
Seine Schritte knirschten auf der Schneedecke.
Der kalte Wind spielte zornig in seinem schwarzen Umhang.
Insgeheim ärgerte sich Bernadette, dass Gabriel
über ihren Kopf hinweg beschlossen hatte, ihr Pferd mit zurück nach Tesalien zu
nehmen, wo sie doch so an ihm hing und es wie ihren Augapfel hütete. Doch
andererseits hätte sie es auch schlimmer treffen können. Zum Beispiel empfand
sie den Gedanken daran, selbst zurück in ihre Heimat reisen zu müssen, um den
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