Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
Altaïr verdutzt.
„Was wollen er und seine Anhänger? Eine Welt, in der alle Menschen vereint sind. Dieses Ziel lehne ich nicht ab. Im Gegenteil, es ist auch das meine. Es sind die Mittel , um es zu erreichen, die mir widerstreben. Frieden ist etwas, das man lernen muss. Das man verstehen und empfangen muss, aber … “
„Er würde ihn erzwingen.“ Altaïr nickte. Er verstand.
„Und dabei würde er die Menschen ihres freien Willens berauben“, ergänzte Al Mualim.
„Es ist schon merkwürdig, ihn so sehen zu müssen“, sagte Altaïr.
„Hege nie Hass auf deine Opfer, Altaïr. Solche Gedanken sind Gift, und sie trüben dein Urteilsvermögen.“
„Könnte man ihn denn nicht überzeugen, seinen wahnsinnigen Feldzug zu beenden?“
Al Mualim schüttelte langsam und traurig den Kopf. „Ich habe mit ihm gesprochen, auf meine Weise. Durch dich. Jeder Tod, den du gebracht hast, war nichts anderes als eine Nachricht. Aber er hat sich entschieden, uns nicht anzuhören, uns zu ignorieren.“
„Dann bleibt nur eines zu tun.“
Endlich würde er auf die Jagd nach de Sable gehen. Der Gedanke erregte Altaïr, aber er achtete darauf, seine Erregung mit Vorsicht auszugleichen. Er würde nicht noch einmal den Fehler begehen, ihn zu unterschätzen. Weder de Sable noch sonst jemanden.
„In Jerusalem bist du ihm das erste Mal gegenübergetreten. Dort wirst du ihn auch jetzt finden“, sagte Al Mualim und ließ seinen Vogel frei. „Geh, Altaïr. Es ist an der Zeit, diese Sache zu Ende zu bringen.“
Altaïr ging, stieg die Stufen zum Eingang des Turms hinunter und trat auf den Hof hinaus. Dort saß Abbas auf dem Zaun, und Altaïr spürte den Blick seines Bruders auf sich, während er den Hof durchquerte. Er blieb stehen und drehte sich um. Ihre Augen trafen sich, und Altaïr wollte etwas sagen, ohne genau zu wissen, was. Aber er überlegte es sich anders. Vor ihm lag eine Aufgabe. Und alte Wunden waren nichts weiter als eben das – alte Wunden. Trotzdem glitt seine Hand unbewusst an seine Hüfte.
28
Am Tag nachdem Altaïr seinem Bruder Abbas die Wahrheit über dessen Vater erzählt hatte, zog Abbas sich noch mehr zurück. Und nichts, was Altaïr sagte, vermochte ihn aus dieser Zurückgezogenheit hervorzulocken. Schweigend aßen sie ihr Frühstück, folgten mürrisch den Anweisungen ihrer Erzieherinnen, dann gingen sie zu Al Mualim und nahmen dort auf dem Boden ihre Plätze ein.
Wenn Al Mualim eine Veränderung an seinen Schützlingen aufgefallen war, sprach er nicht darüber. Vielleicht freute es ihn insgeheim, dass die Jungen an diesem Tag weniger abgelenkt schienen. Vielleicht nahm er an, dass sie sich einfach nur gezankt hatten, wie es junge Freunde eben manchmal taten.
Altaïr saß jedoch mit verkrampftem Magen und von peinvollen Gedanken geplagt da. Warum hatte Abbas nichts gesagt? Warum hatte er auf Altaïrs Eröffnung nicht reagiert?
Er sollte die Antwort darauf später am Tag erhalten, als sie nach dem Mittagessen wie üblich zum Training auf den Hof hinausgingen. Sie sollten gemeinsam mit dem Schwert üben, Sparringskämpfe, wie immer. Heute wollte Abbas jedoch nicht die kleineren Holzschwerter benutzen, mit denen sie für gewöhnlich trainierten, sondern die glänzenden, scharfen Klingen, zu denen sie eigentlich noch nicht übergegangen waren.
Labib, ihr Lehrer, zeigte sich jedoch erfreut. „Ausgezeichnet, ausgezeichnet“, begrüßte er den Vorschlag und klatschte in die Hände, „aber denkt daran … wir wollen kein Blut sehen und nicht den Arzt bemühen. Es geht nur darum, eure Beherrschtheit, eure Listigkeit und euer Geschick auf die Probe zu stellen.“
„Listigkeit“, sagte Abbas. „Das sollte dir ja zupasskommen, Altaïr. Dir, der du so listig wie hinterhältig bist.“
Das waren die ersten Worte, die er heute überhaupt zu Altaïr gesagt hatte. Und als er sie aussprach, fixierte er Altaïr mit einem Blick, der so voller Verachtung und Hass war, dass Altaïr auf der Stelle wusste – es würde zwischen ihnen nie mehr so sein wie früher. Er sah zu Labib hin, wollte ihn bitten, ihn beschwören, diesen Wettkampf nicht zu erlauben, aber der Lehrmeister sprang bereits über die kleine Umzäunung, die den Übungsplatz umgrenzte, und freute sich darauf, endlich einmal einen richtigen Kampf zu sehen.
Sie nahmen die Ausgangshaltung ein. Altaïr schluckte, Abbas starrte ihn mit eisigem Blick an.
„Bruder“, begann Altaïr, „was ich gestern Nacht gesagt habe … “
„Nenn mich
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