Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
aufsehen oder, mehr noch, den sie verehren können. Das mag Gott sein oder Christus, aber noch besser ist jemand, den man wirklich sehen kann. Nicht nur ein Bild. Jemand wie Rodrigo, Cesare oder auch ein großer Schauspieler oder Sänger, solange sie nur gut gekleidet sind und an sich selbst glauben. Und der Rest ergibt sich von allein.“ Machiavelli trank einen Schluck Wein. „Dieses Bedürfnis steckt tief in den Menschen. Euch oder mich interessiert das nicht, auch Leonardo nicht, aber es gibt da draußen Leute, die danach gieren, dass man ihnen folgt, und das sind die gefährlichen.“ Er leerte sein Glas. „Zum Glück sind sie aber auch zu manipulieren – durch Menschen wie mich.“
„Oder zu vernichten – durch Menschen wie mich.“
Einen Moment lang saßen sie schweigend da.
„Wer wird nun die Führung der Assassinen übernehmen, nachdem Mario tot ist?“, ergriff Ezio dann das Wort.
„Was für eine Frage! Wir sind im Aufruhr, und es gibt ein paar Kandidaten. Die Sache ist natürlich wichtig, und die Entscheidung wird zu gegebener Zeit fallen. Aber nun kommt! Auf uns wartet Arbeit.“
* * *
„Wollen wir uns Pferde besorgen? Rom mag zwar halb zerfallen sein, aber es ist immer noch eine große Stadt“, meinte Ezio.
„Das ist leichter gesagt als getan. Cesares Eroberungszüge in der Romagna nehmen zu, inzwischen steht der größte Teil der Region unter seiner Herrschaft, die Macht der Borgia wächst, und in diesem Zuge haben sie sich die besten Bezirke der Stadt einverleibt. Wir befinden uns hier in einem rione der Borgia. In den hiesigen Ställen werden wir keine Pferde bekommen.“
„Dann ist der Wille der Borgia hier zurzeit das einzige Gesetz?“
„Ezio, was wollt Ihr damit andeuten? Dass ich das gutheiße?“
„Spielt mir nicht den Narren vor, Niccolò.“
„Ich spiele niemandem den Narren vor. Habt Ihr einen Plan?“
„Wir werden improvisieren.“
Sie machten sich auf den Weg zu den örtlichen Ställen für Mietpferde und gingen durch Straßen, wo, wie Ezio bemerkte, viele der Läden, die eigentlich offen sein sollten, geschlossen waren. Was war hier los? Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto zahlreicher und bedrohlicher waren die Gardisten in den purpur- und goldfarbenen Livreen. Machiavelli wurde, wie Ezio auffiel, zunehmend nervöser.
Es dauerte nicht lange, bis ein stämmiger Feldwebel, der etwa einem Dutzend rau aussehender Schläger in Uniform vorstand, ihnen in den Weg trat.
„Was habt Ihr hier zu suchen, Freundchen?“, wandte er sich an Ezio.
„Zeit zum Improvisieren?“, flüsterte Machiavelli.
„Wir möchten zwei Pferde mieten“, antwortete Ezio dem Feldwebel in ruhigem Ton.
Der Mann stieß ein dröhnendes Lachen aus. „Das könnt Ihr vergessen, Freundchen. Macht Euch fort!“ Er zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
„Ist es denn nicht erlaubt, Pferde zu mieten?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
Der Feldwebel zog sein Schwert, die anderen Gardisten folgten seinem Beispiel. Er hielt die Spitze seiner Klinge gegen Ezios Hals und drückte leicht zu, sodass ein Tropfen Blut hervortrat. „Ihr wisst doch, was die Neugier mit der Katze gemacht hat, oder? Und nun schert Euch davon!“
Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung ließ Ezio seine verborgene Klinge hervorschnellen und durchtrennte damit die Sehnen des Gelenks jener Hand des Feldwebels, die das Schwert hielt, woraufhin die Waffe nutzlos zu Boden klirrte. Mit einem gutturalen Aufschrei krümmte sich der Mann vornüber und umklammerte seine Wunde. Im selben Moment sprang Machiavelli vor und führte mit seinem Schwert einen weiten Streich nach den drei Gardisten, die ihm am nächsten waren. Allesamt wichen sie nach hinten zurück, verblüfft ob der plötzlichen Kühnheit der beiden Männer.
Ezio ließ die verborgene Klinge verschwinden und zog in einer fließenden Bewegung Schwert und Dolch – gerade rechtzeitig, um die ersten beiden Angreifer niederzustrecken, die sich wieder etwas gefasst hatten und vorgetreten waren, um ihren Feldwebel zu rächen. Keiner der Borgia-Männer verfügte über das Waffengeschick, dessen es bedurfte, um es entweder mit Ezio oder Machiavelli aufzunehmen. Die Ausbildung der Assassinen war von ganz anderer Güte. Trotzdem standen die Chancen gegen die beiden Verbündeten, denn die Gegner befanden sich in der vielfachen Überzahl. Doch die unerwartete Wildheit ihrer Gegenwehr reichte, um ihnen einen deutlichen Vorteil zu verschaffen.
Vollkommen überrascht und
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