Assungas Liebesnest
nichts, und ich glaube auch nicht daran, daß hier Fledermäuse in dieser Größe herumfliegen. Du spinnst. Das ist alles, was ich dazu sagen kann.«
»Es gibt sie, Ma!«
»Ja, ja ist gut...« Mona wollte sich zurückziehen, doch der Schrei ihrer Tochter hielt sie auf. Er war nicht künstlich, sie hatte sich wirklich erschreckt, und auf einmal wurde auch Mona Blake blaß.
Sie flogen über den Hof hinweg, über die freie Stelle vor dem Haus. Und es waren keine Vögel, sondern Fledermäuse mit fast adlerbreiten Schwingen...
***
Jetzt stockte auch Mona Blake der Atem. In den folgenden Sekunden überschlugen sich ihre Gedanken. Sie hatte plötzlich das Gefühl, von der Realität weit entfernt zu sein, und sie hätte auch keine konkrete Antwort geben können, wenn man sie genauer nach diesen beiden Tieren gefragt hätte.
Es stimmte genau. Das waren keine Vögel. Das waren andere fliegende Wesen. Fledermäuse. Riesige schwarzbraune Tiere mit relativ großen, dreieckigen und spitzen Köpfen. Mit Augen, mit Mäulern, mit Zähnen, die hell schimmerten.
Wesen, die es gar nicht geben konnte, vor allen Dingen nicht in dieser Größe.
Ob sie langsam oder schnell flogen, war nicht genau zu erkennen. Jedenfalls bewegten sie ihre Schwingen in einem bestimmten Rhythmus, und so segelten sie näher, als würden sie von irgendwelchen Wellen in der Luft getragen.
Mona merkte, wie sich Jenny an ihr festklammerte. Das Mädchen hatte Angst, und auch Mona ging es nicht gut. Über ihren Rücken lief ein Kribbeln, sie war sehr bleich geworden, und auf ihrer Stirn lag Schweiß.
Eigentlich hätten sie schon längst am Haus sein müssen, aber sie ließen sich Zeit. Es sah so aus, als würden sie ihren Flug immer wieder abbremsen, um anderen die Gelegenheit zu geben, genau hinzuschauen.
Die breiten und zackigen Schwingen bewegten sich auf und nieder. Die Mäuler schlossen sich nicht, sie waren wie zum Biß geöffnet, und dann ging alles blitzschnell.
Der Schlag gegen das Glas erschütterte die Scheibe, aber sie brach nicht. Auf der Außenseite blieb nur ein fettiger Fleck zurück, dann huschten die beiden Gestalten an der Hauswand hoch und waren verschwunden.
Mutter und Tochter schauten sich an. Beide zitterten, und Jenny war kreidebleich geworden. »Glaubst du mir nun?« fragte sie mit kaum verständlicher Stimme.
»Ja, jetzt schon«, flüsterte Mona Blake zurück. »Aber es tut mir leid. Ich kann es mir noch immer nicht erklären.« Sie trat vom Tisch weg und starrte ins Leere. »Das... das... muß eine Laune der Natur sein, Kind. Etwas anderes kommt mir nicht in den Sinn.«
»Mir schon.«
Mona hob den Kopf. »Was denn?«
»Vampire!«
»Bitte – was?«
»Ja, Vampire, Blutsauger oder so...«
»Hör doch auf, das ist...«
»Das ist echt, Ma. Vampire. Fledermäuse werden doch auch Vampire genannt.«
»Das weiß ich auch, aber du wirst doch nicht die Vampire meinen, die man im Kino sieht.«
»Doch, Ma.«
»Du bist durcheinander, verrücktes Kind. Das kann nicht dein Ernst sein. Wer glaubt denn an so etwas?«
»Bis vorhin hast du auch nicht geglaubt, daß es so große Fledermäuse gibt.«
»Da hast du auch wieder recht.«
»Alles ist eben anders geworden. Das sagen doch viele Leute, wo bald das Neue Millennium beginnt. Habe ich alles gelesen oder in der Schule gehört.«
Mona Blake winkte ab. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die sich in die Hose machten, nur weil das neue Jahrtausend vor der Tür stand. Sie war eine Person, die den Realitäten stets gerade entgegenschaute.
»Ich werde etwas tun, Kind. Und zwar werde ich nach draußen gehen und sie mir anschauen. Wenn sie noch da sind.«
»Nein, Ma, tu das nicht!«
»Warum denn nicht?«
»Die saugen dein Blut aus.«
Mona Blake wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Da sie keine Entscheidung für eine der beiden Reaktionen fällte, schüttelte sie nur den Kopf. »Du bleibst im Haus. Ich will auf Nummer Sicher gehen. Vielleicht suchen sie eine Lücke, um in unser Haus zu gelangen. Kann auch sein, daß sie auf dem Dach sitzen.« Mona verließ die Küche und ging in die Nähe der Haustür, um ihren Mantel von der Garderobe zu holen. Jenny sagte nichts mehr, denn sie kannte ihre Mutter. Was diese sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, das führte sie auch aus.
Mona ging noch nicht. Wer so einsam wohnt, hatte es auch gelernt, Erfahrungen zu sammeln. Ohne Waffe wollte sie das Haus nicht verlassen, und deshalb schaute sie sich danach um.
Peter war Förster. Es
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