Assungas Liebesnest
Wagen, als seine Frau auf ihn zugelaufen kam. Er befand sich noch auf dem Weg, als der Jeep anhielt, er die Tür aufstieß und ausstieg.
Mona fiel ihm in die Arme. Sie sagte nichts. Sie zitterte, und sie weinte.
»Was ist denn, Mona? Rede doch...«
»Ich habe sie gesehen.«
»Wen hast du gesehen?«
»Die Fledermäuse...«
Peter erbleichte.
***
Auf einmal hatte auch Jenny Angst. Ihre ansonsten nach außen getragene Sicherheit war nur Schau. So wie sie reagierten unzählige junge, pubertierende Menschen. Wenn es hart auf hart kam, rutschten sie wieder zurück in die Schale der Kindheit, um von ihr beschützt zu werden.
Jenny hatte ihrer Mutter helfen wollen, es dann jedoch gelassen und ihr gehorcht. Sie war zurück in das Haus gegangen, aber sie hatte die Tür einen Spalt offengelassen.
Im Bereich der Diele blieb sie stehen, die Augen weit offen, ebenso den Mund. Sie wußte schon, daß hier etwas geschah, das sie sich nicht erklären konnte. Das konnte wohl niemand. Auch ihr Vater oder der Biologie-Lehrer nicht. Fledermäuse dieser Größe durfte es einfach nicht geben. Das hatte die Natur gar nicht zugelassen, und so etwas hätte auch ihr Vater gesagt.
Sie wartete, was passieren würde. Und sie drückte ihrer Mutter die Daumen, daß sie mit den beiden fliegenden Bestien fertig wurde.
Sie schlich zum Fenster, das ihr am nächsten lag. Eine Seite war von einem sonnengelben Vorhang bedeckt, den sie zur Seite schob.
Der erste Blick nach draußen!
Ihre Mutter war noch da. Vor dem Haus hielt sie sich auf, und sie kämpfte gegen die verdammten Tiere. Sie hatte den Schirm aufgespannt, und jetzt sah die Zwölfjährige, wie gut sie daran getan hatte. Der hart gespannte Stoff sorgte für die Abwehr der Angreifer, die es einfach nicht lassen konnten und immer wieder versuchten, eine freie Stelle zu finden.
Jenny zitterte. Sie überlegte krampfhaft, wie sie ihrer Mutter helfen konnte – und schrie plötzlich leise auf, weil sie hinter sich, in der Stille, ein Geräusch gehört hatte.
Ein Räuspern oder Husten...
Sie fuhr herum.
Die Frau schien vom Himmel gefallen zu sein. Sie stand nur zwei Schritte vor ihr, und Jenny kannte sie nicht. Es war eine Fremde, bei der sofort der dunkle lange Mantel auffiel, der dicht unter dem Kinn durch eine Spange geschlossen war. Wallendes Haar umgab ein durchaus schönes Gesicht wie eine rötliche Flut.
Die Fremde schaute sie an.
Jenny konnte dem zwingenden Blick nicht ausweichen. Sie fühlte sich unter ihm verloren, und etwas Fremdes kroch in ihren Körper hinein, um ihren Willen auszulöschen.
Die Angst hatte sie starr werden lassen, obwohl ihr die Frau nichts getan hatte. Jenny spürte den Druck hinter der Kehle ebenso wie den Druck hinter den Augen. Noch hatte die Person nichts gesagt. Trotzdem wußte Jenny, daß sie ihr nicht freundlich gesonnen war.
Die Fremde hob den rechten Arm und streckte die Hand vor. Dann winkte sie Jenny mit dem rechten Zeigefinger zu.
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
»Komm her!« Ein Befehl, flüsternd gesprochen.
»Nein!«
Die Fremde lächelte. Es war kein gutes, kein gütiges Lächeln. Es war kalt und ohne Gefühle. So sicher. Und Jenny versuchte vergeblich, dagegen anzukämpfen. Die andere brauchte nichts zu sagen und sich auch nicht mehr zu bewegen. Es reichte aus, wenn sie auf der Stelle stand und allein ihre Anwesenheit ausspielte und nur den Blick auf Jenny gerichtet hielt.
Die Zwölfjährige dachte nicht mehr an ihre Mutter, die sich in Gefahr befand. Jetzt gab es nur die Fremde und sie, und Jenny spürte, wie ihr eigenes Ich immer mehr zurückgedrängt wurde und sie keine Chance mehr hatte.
Aber ich will doch nicht!
Es war ein letztes Aufflammen, nicht mehr. Sie konnte ihren Gedanken nicht in die Tat umsetzen. Die Kraft, die von der Frau ausging, war einfach stärker.
Und so ging sie.
Der erste kleine Schritt stand im krassen Gegensatz zum Ausdruck des Gesichts. Dort malte sich ab, daß sie nicht gehen wollte, aber nicht anders konnte. Diese fremde Person war wie ein Magnet, dem Jenny nichts entgegensetzen konnte. So tat sie auch den zweiten Schritt und stand jetzt so nahe vor der anderen Frau, daß sie diese sogar riechen konnte.
Es war ein sonderbarer Geruch. Feucht und nach alten Steinen. Als wäre sie aus einem tiefen Keller oder einem Grab gekommen. Bei diesem Vergleich erschauerte Jenny.
Kalte Augen – dunkel, geheimnisvoll, fremd und auch gefährlich. Sie waren die beiden Pole, auf die Jenny fixiert war und denen
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