Astragalus
Nacht dort fort, wo ich sie unterbrochen hatte. Seien wir Nutte, sagen wir: »Schatz …« Der Junge drückt mich an seinen mageren Körper, seine gesamte Behaarung steht, und mit bebender Nase sagt er mir, dass ich ein kleines Freudenmädchen sei, anders als die anderen, dass der Strich nicht zu mir passe und dass er zu allem bereit sei, um mich da rauszuholen.
»Du kannst hier wohnen, ich bin allein. Du kannst machen, was du willst, auch anschaffen, wenn du willst. Aber … warum sollst du diesen dreckigen Job weitermachen? Ich gebe dir alles, was du willst …«
»Und mein Macker, den hast du wohl vergessen? Willst du unbedingt als Zuhälter enden, wenn die Bullen mitkriegen, dass ich bei dir wohne? Nein, mein Liebling, unmöglich, du hast keine Ahnung vom Gesetz der Unterwelt …«
»Aber ich liebe dich …«
Gestern Jean, heute dieser Kerl! Mein Gott, sind sie anstrengend mit ihrem »Ich liebe dich«, sind sie weit weg von der Liebe!
Ich lächle bei dem Gedanken, dass ich diesen Mann vögle und dabei das aus seinem Büro geklaute Geld in seiner Wohnung verstecke, und ich frage mich, wie er sich aus der Affäre zöge, wenn es plötzlich eine Hausdurchsuchung gäbe. Mittäterschaft, Hehlerei … Außerdem Unzucht, wenn ich mich entschließe, die ganze Wahrheit über die Vorlieben eines Geldzählers zu offenbaren, der wie ein unschuldiger Oberbuchhalter aussieht.
Und wie werde ich den Zaster jetzt los?
Er bläht meine Tasche wie ein gefährlicher Nabelbruch; auch wenn ich nur noch ausgebe und nichts mehr verdiene, wird die Beule nicht schnell genug kleiner werden. Ich habe das Gefühl, dass sie die Blicke anzieht, dass die Passanten mit Bullenaugen auf meine Beule starren, wie sie mit Kennerblick meine schönen Beine begutachteten, als ich meine gleichen Knöchel die ersten Humpelversuche machen ließ.
Ich kann es nicht im Hotel lassen, wo alles, was sich zuschließen lässt, in meiner Abwesenheit geöffnet werden kann; auch nicht auf der Bank oder bei der Gepäckaufbewahrung wie in meiner Série Noire . Und wer sollte mich hier, auf der Welt, genug lieben, um nicht ein Päckchen Scheine mir vorzuziehen, einmal geklaut, zweimal geklaut, was ist der Unterschied?
… Ich sehe Annie in die hellen, langgezogenen Augen, die Augen einer Nutte, die sich als Gaunerin bezeichnet, die Augen einer Mutter und Freundin … Seit einiger Zeit mache ich bei ihr Weihnachten im Mai: Ich bringe Nounouche das Spielzeugpferd mit, das sie denen des Pferdekarussells im Luxembourg vorgezogen hat, die einzigen, die ich ihr früher spendieren konnte … Und Nounouche mit dem Sandherz der Kinder hat vergessen, dass sie mich früher wie eine ihrer kleinen Nachbarinnen behandelte und mir mit ihrer kindlichen Grausamkeit das Herz zerkratzte, ohne dass ich ihr antworten, sie schlagen oder ihr etwas erklären konnte. Jetzt siezt sie mich fast. Wenn ich mit ihr spazieren gehe, läuft sie neben mir her, ihr braves Händchen in meiner Hand, sie reißt sich nicht mehr los, um über die Straße zu rennen, und protestiert bei keinem meiner Vorschläge, einverstanden mit dem Parfum für ihre Mutter, ja, sie spielt gern Monopoly, »Nimm den Kuchen, den du magst, Anne, mir schmeckt alles«.
Annie ist total platt; unmöglich, dass ich nur mit meinem Hintern so viel Kohle verdiene, und Julien kann nichts damit zu tun haben, weil … Aber in unserem Milieu, wie sie sagt, Sektion Einbruch wie Sektion Strich, ist Gold nichts wert im Vergleich zum Schweigen, und mein Schweigen, so leicht und fröhlich es auch sein mag, panzert mich mit Edelsteinen.
Also los. »Annie, würde es Sie stören, ein paar Tage ein Päckchen für mich aufzubewahren? Ich möchte Urlaub machen und mag es nicht mit mir rumschleppen. Ich fahre lieber ohne Gewicht und ohne Ziel los, damit die Zeit etwas schneller läuft, bis Julien rauskommt … Er ist im Knast, ich haue ab; Küste, Sonne, schlafen …«
»Anne, Sie sind hier zu Hause. Lassen Sie alles hier, was Sie wollen. Haben Sie nicht Lust, wieder hier zu wohnen, bis Julien zurückkommt? …«
Das wär’s noch, und wenn er zurückkommt, bin ich genauso nackt, wie als er ging. Nein.
Annie legt das Päckchen in einen Koffer auf dem Schrank, da, wo meiner so lange gestanden hatte. Die Kohle ist zwischen den Briefen von Dédé und anderen Stapeln mit kostbaren Dokumenten verstaut, Rechnungen, wichtige Schreiben, vergilbte Papiere aller Art.
»Sehen Sie, da geht niemand ran. Ich schließe den Koffer zu.«
Und Annie schlägt
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