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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Millie ihn erwähnt hatte.
    Als fünf Minuten oder mehr vergangen waren und sich im Haus und im Garten nichts gerührt hatte, zwängte sie sich durch die Hecke in den Garten. Es war gespenstisch still bis auf das leise Geräusch von fließendem Wasser – vielleicht der Bach, der von Hanging Hill herunterfloss. Die Einfahrt war leer. Keine Autos. Sie drehte sich um und ging zum unteren Ende des Geländes, zu der Löffelform, die sie auf Google Earth gesehen hatte. Hier hatte man einen ganz anderen Blick als oben in Lightpil House. Dieser Ort war eher nach Westen gewandt, in Richtung Bristol. Wo die Bäume am Rand von Davids Anwesen aufhörten, wurde das Gelände abschüssig, und der Garten grenzte an zusammengestückeltes Ackerland. Und dazwischen, breit und offen wie eine Wunde, klaffte der gelbliche Kiesstreifen, wo es passiert war.
    Sie drehte sich um und schaute zum Cottage hinauf. Die Fenster waren leer und spiegelten den Himmel wider. Nichts regte sich. Nirgends. Sie warf noch einen Blick zum Parkplatz und versuchte abzuschätzen, was dort gesehen worden sein konnte. Was wäre, wenn es Fotos gäbe? Wenn Kelvin sie und Steve nicht nur gesehen, sondern die ganze Sache auch aufgezeichnet hätte? Sie dachte an Steve, der ein paar tausend Meilen weit weg in einem Restaurant in Seattle saß und Wein und diese unzähligen Gläser Eiswasser trank, die sie einem dort immer servierten. Sie wünschte, sie hätte ihn gebeten zurückzukommen, sie wäre nicht so stolz und entschlossen gewesen.
    Ein Luftzug wehte durch den Wald, und die Zweige bewegten sich seufzend. Langsam ging sie bergauf und auf das Cottage zu. Im Näherkommen sah sie, wie alt und verwohnt es war. Überall lagen Tierfallen, und noch mehr Rollen Hühnerdraht stapelten sich an der Wand. Er hat ein Mädchen in Radstock angefallen und war dafür im Gefängnis .
    Die Haustür war alt, und die Farbe blätterte ab; viele Jahre lang hatten Gummistiefel und vielleicht auch Hunde ihre Spuren hier hinterlassen. Ein Stück Papier mit einem Namen, der in Sonne und Regen zu einem unleserlichen, rosafarbenen Gekritzel verschwommen war, hing mit einer rostigen Heftzwecke befestigt unter dem Klingelknopf. Sie blieb auf der Türschwelle stehen, hielt das Ohr an den Briefschlitz und lauschte. Stille. Dann ging sie hinters Haus und versuchte, durch die Fenster hineinzusehen. Schmutzige Gardinenfetzen hingen hinter den meisten Scheiben und versperrten ihr die Sicht, aber in den hinteren Anbau konnte sie hineinschauen. Sie sah eine winzige Küche mit gelben Kunststoffschränken. Auf dem Tisch stand eine Packung Haferflocken neben einem schmutzigen Teller und ein paar Heineken-Dosen, die schon für die Mülltonne plattgedrückt waren. Niemand war zu sehen. Als sie zurücktrat, sah sie überrascht, dass die Tür einen Spaltbreit offen stand.
    Sie starrte sie an, und ihre Beine fühlten sich plötzlich an wie aus Holz.
    Nein. Du kannst doch nicht …
    Aber sie tat es. Sie öffnete die Tür. Die Küche war klein, der Boden schmutzig, und die Schränke waren in Wadenhöhe mit Erde verschmutzt, als sei hier jemand in Gummistiefeln herumgegangen. Eine Tür am Ende führte in die Diele. Vorsichtig und auf Zehenspitzen ging sie hin. Es war ein kleiner Flur, mit dunklem Holz getäfelt. Nichts regte sich, nur oben an der Treppe wehte eine Gardine träge vor einem Fenster.
    Zwei Zimmer lagen an diesem Flur. Sie warf einen kurzen Blick nach oben, ging dann zu dem ersten, das an der Vorderseite lag, und schob den Kopf durch die Tür. Es war ein kleines Wohnzimmer. Bilderleisten und ein hübsch gekachelter Kamin waren noch intakt. Die Vorhänge waren geschlossen, aber durch den Spalt fiel noch so viel Licht herein, dass sie ein fast leeres Zimmer erkennen konnte; nur ein teurer Fernsehapparat auf einem schwarzen Ständer stand ungefähr anderthalb Schritte vor einem Sofa. Die kahlen Wände waren rußverschmiert. Es sah nicht aus wie die Behausung einer gut organisierten Person, die über das technologische Know-how verfügte, Leute auf einem fernen Parkplatz zu fotografieren oder zu filmen.
    Das zweite Zimmer – nach hinten raus – war ein behelfsmäßiges Büro. Auf einem IKEA -Schreibtisch stapelten sich Berge von Papier, und davor stand ein Drehstuhl. Alles war schmutzig und verschrammt. Sie trat an den Schreibtisch und fing an, die Schubladen zu öffnen. In den beiden oberen fand sie ein paar Schachteln mit Schrotpatronen und einen ölfleckigen Patronengurt. In der untersten lag ein

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