Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill
obwohl sie zugab, dass Lorne aufgebrachter war, als sie es in ihrer ursprünglichen Aussage beschrieben hatte, wich sie doch aus, als ich nachdrücklich fragte, warum sie aufgebracht war.« Er nahm einen Schluck Kaffee und stellte den Becher vorsichtig wieder hin. »Lassen Sie mich dazu nur eine intuitive Bemerkung machen: Sie wollte jemanden schützen.«
Der Superintendent, der mit verschränkten Armen an der hinteren Wand gestanden und darauf gewartet hatte, dass jemand ihn beeindruckte, beugte sich vor. »Sie wollte jemanden schützen?«
»Ja. Alice war Lornes beste Freundin. Ich meine, echte Busenfreundinnen, unzertrennlich. Und jetzt vertuscht sie etwas für sie, obwohl Lorne tot ist. Etwas Wichtiges.«
Debbie Harry, die schweigend in der Ecke gesessen hatte, stand auf und kam nach vorn. Sie stellte sich Schulter an Schulter neben Ben und wandte sich an das Team, als leite sie mit ihm zusammen die Ermittlungen. »Das stimmt. Sehen Sie, aus diesen und den Bemerkungen einiger anderer Schulfreundinnen schließen wir, dass es höchstwahrscheinlich einen Freund gibt. Jemanden, den Lorne geheim halten wollte.«
Zoë starrte sie an. Schließen wir ? Für wen zum Teufel hielt sie sich? Für eine Ermittlerin? Für Bens Partnerin? Sie war Psychologin. Wieso hing sie hier noch herum? Nach allem, was Zoë wusste, wurden diese Leute stundenweise bezahlt. Offensichtlich hatte Debbie das nicht mitbekommen. Offensichtlich hielt sie sich für ein Mitglied des Teams. Und Zoë konnte den Gesichtern ihrer Kollegen ansehen, dass sie die dämlichen Psychologie-für-Dummies-Sprüche alle fraßen, jeder Einzelne bis auf den letzten Mann – und zwar nur, weil sie aus dem Mund eines hübschen Mädchens mit einem akademischen Titel kamen.
»Ja. Es ist beinahe sicher, dass es einen Freund gibt. Das erklärt Alices Ausweichen. Wir nehmen an, dass Lorne es eine Zeitlang verheimlicht hat – und jetzt hat er natürlich Angst, sich zu melden. Warum, das wissen wir nicht, aber es gibt ihn irgendwo. Ob er für ihren Tod verantwortlich ist oder nicht … tja, das kann niemand wissen. Doch die Worte ›Ich habe genug …‹« Debbie sah das Team mit ihrem gönnerhaften Lächeln an, das sagte: Na los – es interessiert mich, was ihr denkt. Lasst uns zusammen an dieser Sache arbeiten. »… klingen die für Sie vielleicht so, als hätten sie und ihr geheimer Boyfriend Probleme gehabt?«
» RH «, sagte Zoë. Alle drehten sich überrascht zu ihr um. »Seine Initialen werden › RH ‹ sein.«
»Wie sind Sie darauf gekommen?«, fragte der Superintendent.
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Ich war bei meiner Handleserin. Heute Morgen. Diese Medien sind super in solchen Dingen – in diesem ganzen Ermittlungsscheiß. Sie hat gesagt, jemand mit den Initialen › RH ‹ wird in mein Leben treten.«
Ein kurzes, betretenes Schweigen war die Reaktion auf diese absichtliche Spitze gegen Debbie. Ben sah Zoë stirnrunzelnd an. Dann sprach Debbie wieder. »Verzeihung«, sagte sie pikiert. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»In Lornes Tagebuch ist die Rede von einem RH . Ich war den ganzen Nachmittag auf der Suche, aber bisher ohne Erfolg. Wenn Sie einen geheimen Boyfriend suchen, suchen Sie jemanden mit diesen Initialen.«
Jetzt blieb es lange still. Dann atmete Debbie aus und lächelte. Es war ihr allumfassendes, einladendes Lächeln: Ich bin so froh, dass Sie sich unserer Denkweise endlich anschließen konnten. Willkommen an Bord des großen Dampfers Debbie Harry. Wir wissen, dass Sie Ihre Zeit hier genießen werden. »Danke, Detective Benedict. Vielen Dank. Es ist großartig, endlich voranzukommen. Und ich denke, Sie werden mir alle darin zustimmen, dass die erfolgreiche Fahndung nach ›RH‹ …«, sie spreizte die Hände, entzückt von so viel Fortschritt, »… absolut entscheidend für die Aufklärung dieses Falles sein wird.«
19
Viele Familien in Bath bevorzugten viktorianische Häuser anstelle der georgianischen, denn sie hatten meistens mehr Zimmer pro Stockwerk und nicht so viele Treppen, die man auf der Jagd nach Kindern oder Haustieren hinauflaufen musste. Sie waren leichter zu beheizen und leichter umzubauen, weil die meisten nicht unter Denkmalschutz standen. Das Haus, in dem Sally mit Julian gewohnt hatte, war eine alleinstehende viktorianische Villa mit einem Anbau und einem Wintergarten an der Rückseite, und es stand ein gutes Stück weit abseits der Straße in einem großen Garten, in dem Millie immer gern herumgerannt
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