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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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»Wir haben keine Zukunft, Zoë.«
    »Was? Weil ich nicht so tue , als läge mir etwas an Leuten, die mich in Wahrheit einen Scheißdreck interessieren? Weil ich keine Show darum mache, wie teilnahmsvoll und verdammt simpático ich bin? Ist das mein Verbrechen?«
    »Warum musst du darauf bestehen, dass du ein schlechter Mensch bist?«
    »Weil ich es bin.«
    »Warum beharrst du darauf, dass dir an nichts etwas liegt?«
    »Weil es so ist. Weil mir an nichts etwas liegt, und weil ich nichts brauche .«
    »Tja«, sagte er leise, »jetzt fall nicht über mich her und putz mich runter, wenn ich das sage, aber – Zoë, manche Leute mögen einfach gern gebraucht werden.«
    »Sie mögen gern gebraucht werden? Tja, ich nicht.«
    »Bullshit.«
    » Verdammt , das ist kein Bullshit!« Sie schob den Stuhl zurück und beugte sich weit über den Schreibtisch, dicht an ihn heran. »Ich bin ganz allein um die Welt gefahren. Ich brauche weder dich noch sonst jemanden. Deshalb bin ich stabil und effizient. Und überhaupt …« Sie holte Luft und versuchte, ihre Schultern ein bisschen breiter zu machen. »Es ist egal, denn ehe wirs uns versehen, treibst du es wahrscheinlich mit Miss Schnuckelig da draußen.«
    Er hielt ihrem Blick stand. Seine Augen waren ruhig, klar und grün. »Tatsächlich«, sagte er, »tu ich das bereits.«
    Zoë starrte ihn an. Etwas in ihr brach weg und fiel, fiel durch den Boden, tiefer und tiefer. »Was?«, flüsterte sie. »Was sagst du da?«
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Aber es ist wahr.«
    Sie war starr und völlig sprachlos. Die Narben an ihren Armen taten weh, und am liebsten hätte sie sich die Ärmel abgerissen, doch sie hielt sich gerade und aufrecht. Sie würde ihm nicht zeigen, dass er sie mit dem Vorschlaghammer getroffen hatte.
    »Okay«, brachte sie hervor. »Dann ist es wohl Zeit, dass ich gehe.«
    Er nickte. Seine Höflichkeit, sein unverhohlenes Kopfnicken waren das Schlimmste. Es tat ihm kein bisschen weh.
    »Aber was Ralph angeht, habe ich recht«, sagte sie. »Hundertprozentig. Er hat Lorne nicht ermordet.«
    »Natürlich, Zoë.« Er drehte seinen Bildschirm herum und setzte die Brille auf. »Du hast immer recht.«

32
    Sally rief die Hotline des Staatlichen Gesundheitsdienstes an, und die Frau, mit der sie sprach, meinte, Steve solle zu seinem Hausarzt gehen. Aber Steve hatte sich die Wunde genau angesehen und behauptete, das sei völlig übertrieben, es sei ja eigentlich nur ein Loch in der Haut, weiter nichts. Zusammen desinfizierten und verbanden sie die Hand und wischten das Blut auf. Die Nagelpistole, die Meißel und die Bügelsäge legten sie in Sallys Kofferraum für die Do-it-yourself-Maßnahmen an ihrem Haus. Danach aßen sie ihren Lunch – Thunfisch und eine Schale Mango-Himbeer-Sorbet –, tranken Kaffee und räumten Schulter an Schulter die Spülmaschine ein, und das alles, ohne das Gespräch über David Goldrab noch einmal zu erwähnen, als hätten sie auf einem seltsamen telepathischen Wege gemeinsam entschieden, so zu tun, als habe es nie stattgefunden. Dabei waren sie nicht ernst, sondern unbekümmert, und machten Witze über Steves Hand, die jetzt wahrscheinlich von Wundbrand befallen werden und absterben würde. Wie würde das sein, wenn der Arm abfiele und er für den Rest seines Lebens wie Lord Nelson herumlaufen müsste? Sally fragte sich, ob sie das Ganze nur geträumt hatte. Ob geheime, brutale Auftragsmorde wirklich passierten oder ob sie irgendwie missverstanden hatte, was Steve da gesagt hatte.
    Sie bekam eine SMS von Millie: Nial werde sie mit seinem VW-Bus nach Hause fahren, und sie brauche nicht zur Schule zu kommen. Man werde sich in Peppercorn sehen. Das las sich vergnügt, nicht nervös. Trotzdem war Sally um halb fünf zu Hause und wartete früh genug am Fenster, um Nials halb fertig bemalten Bus über die Zufahrt rumpeln zu sehen. Peter saß auf dem Rücksitz; er trug eine Sonnenbrille und hatte Sophie lässig den Arm um die Schultern gelegt. Alle hatten die Sommeruniform der Schule an, und ihr Haar war gegelt und stachlig und so weit aufgestylt, wie sie es sich bei Kingsmead erlauben konnten. Der Bus hielt an, und Millie stieg aus, ohne ein Wort zu den anderen zu sagen. Sie schlug die Tür zu und kam mit Gewittermiene den Pfad heraufmarschiert.
    »Was ist los?«
    Sie stapfte an Sally vorbei durch den Korridor und in ihr Zimmer und schlug die Tür zu. Als Sally auf leisen Sohlen hinterhertappte und lauschte, hörte sie ein gedämpftes Schluchzen von

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