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Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Titel: Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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hören.«
    Der Mensch sah ihn an: »Eine Gabe, um die ich Sie nicht unbedingt beneide. Oder ist es nur eine Metapher?«
    »Oh nein, ich bin ein Mutant.« Chrekt erklärte dem Menschen die Natur seiner Begabung: »Ich bin ein Thanatopath und tauche in den Geist des Toten ein. Zunächst ist er verwirrt, erkennt auch nicht unbedingt den Umstand, dass er tot ist, aber dann kommt ein Moment …«
    »Ja?«
    »… ein Moment, in dem ist es, als ob der Geist des Toten – wie soll ich sagen? – leer steht. Wie ein Zimmer, das eben jemand verlassen hat. Mit einer Tür, die eben ins Schloss gefallen ist. Und ich frage mich … nun, ich möchte wissen …«
    »Was hinter dieser Tür ist?«
    »Ja, das möchte ich wissen.«
    »Eine gute Frage.«
    »Wie lautet Ihre Antwort?«
    »Dass ich es nicht weiß. Dass ich nur hoffen kann: Ich hoffe, dass ich dort hinter der Tür alles wieder finde, was ich einmal geliebt habe, was ich lieben wollte oder hätte lieben können, aber zu lieben versäumt habe.«
    Der Topsider imitierte ein menschliches Nicken. Dann überlegte er für eine Weile und betrachtete die Passionsgeschichte an der Wand. »Sagen Sie«, wandte er sich wieder Alexander zu, »hat dieser Menschengott das, was er getan hat, nur für Menschen getan, für Humanoide, oder für alle Spezies? Müsste ich bei Interesse darauf warten, dass er auf Topsid und in Gestalt eines Topsiders erscheint?«
    Der Mensch sah ihn lange an. Endlich sagte er: »Ich bin mir sehr sicher, dass Sie nicht warten müssen. Er war längst hier, und er war auch für Sie hier. Sie müssen nicht auf ihn warten. Im Gegenteil: Er wartet auf Sie .«
    »Seit 3000 Jahren?«
    Alexander lachte: »Viel länger. Seit einer Ewigkeit.«
    »Meinen Sie wirklich? Viele von meinem Volk sehen in mir etwas wie eine Missgeburt. Warum sollte er so lange auf einen wie mich warten?«
    Alexander betrachtete den Topsider und antwortete dann: »Weil es sich lohnt.«
    Der Topsider stand eine Weile lang still, nur seine kugelrunden roten Augen regten sich. Dann bedankte er sich und sagte: »Sie haben mir sehr geholfen, Bruder Alexander.«
    Der Mensch verneigte sich vor ihm und sagte: »Es war mir eine große Ehre, Bruder Chrekt von Chrym.«
     
     
    Der Zugriff erfolgte, unmittelbar, nachdem ich den Brattko-Meridennew-Sandpark verlassen hatte. Der laternenköpfige Szapouride hatte mich unter selbstversunkenem Raunen aus der Winterresidenz geleitet. Danach war ich durch die Antigravröhre über die Dünenlandschaft geglitten. Die Dünen des Parks lagen unter einer Energiefolie, die sie gegen den Sturzregen schützte.
    Es war ein Zugriff – anders kann man es wirklich nicht nennen: Es gab keinen Kampf. Ich war das völlig überraschte Opfer.
    Die Regenwand, durch die ich mich eben zum Gleiter vorarbeiten wollte, beulte sich plötzlich aus, als würde mitten im Regen ein überlebensgroßer Ballon aufgeblasen. Ich fühlte mich wie unter Wasser gedrückt, verschluckte mich, bekam keine Luft. Ich warf den Kopf nach links, nach rechts, um dem Druck zu entkommen. Das Wasser drang in meine Ohren ein. Alles rauschte, dröhnte und schmerzte.
    Nur die Stimme meines Extrasinnes war klar: Das ist kein Wetterphänomen.
    Den nahe liegende Schluss musste er mir nicht verraten: Es war der Mann, der den Wind zur Waffe machte, das doppelmündige Ungetüm.
    Tatsächlich konnte ich seine kolossale Figur als Schemen im Regen ausmachen. Der künstliche Orkan traf mich punktgenau: vor die Brust, gegen die Kehle, in den Unterleib. Er riss mir die Arme hoch, verbog und verdrehte sie.
    Schließlich lag ich still, auf dem Bauch. Regen floss in meinen Mund, roter Regen. Die Schmerzen zeichneten eine ganz eigene Landkarte meines Leibes. Ich versuchte, mich über die Ellenbogen aufzurichten. Ein Tritt in den Rücken warf mich zurück, dann lastete ein maßloses Gewicht auf mir. Der Dicke hatte sich gesetzt.
    »Du bist aber groß und stark«, hörte ich eine weibliche Stimme sagen. Ich konnte nicht bestimmen, mit welchem Gefühl sie es sagte: hingerissen, hasserfüllt. Ich fühlte, wie mein Kopf angehoben wurde. Eine Hand streichelte meine Wangen: auf der einen Seite den Daumen, auf der anderen die übrigen Finger, mein Kinn in der Mulde der Hand.
    »Sollen wir ihm etwas einträufeln?«, fragte eine zu hohe Männerstimme – der Dicke?
    Die Frau lachte, melodisch wie eine Glocke. »Nein, das wollen wir diesmal anders machen.«
    Die Hand hob meinen Kopf etwas weiter. Ich spürte, wie der Adamsapfel die Haut am Hals

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