Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
offenbar nicht für nötig mir zu antworten. Sie drehten sich um und stiegen eine der Leitern herab, die vom Balkon hinunter in die Rundhalle führten. Malotuffok schwamm nach wie vor in seinem Tank. Ich konnte erkennen, dass sich die Schwanzflosse und die Paddelbeine schwach bewegten; er war also nicht tot.
»Bring mich zu ihm.«
Triliths Stimme klang besorgniserregend schwach. Ich nahm ihre Hand und sah sie an. Sie verzog die blassgrünen Lippen zu einem gequälten Lächeln.
»Malotuffok stirbt«, hauchte sie kaum verständlich. »Es gab für ihn keine Alternative, denn er war bis zum Schluss fest davon überzeugt, das einzig Richtige zu tun. Bring mich zu ihm. Schnell.«
Ich verzichtete darauf, Trilith zu fragen, warum sie die Nähe des Navigators suchte. Statt dessen hob ich sie auf meinen Rücken und wies sie an, sich festzuhalten. Sie kam mir überraschend schwer vor, doch das lag wahrscheinlich an meiner eigenen gesundheitlichen Verfassung. Selbst mit Hilfe des Zellaktivators würde es wohl einige Tage dauern, bis ich vollständig wiederhergestellt war.
Die Sujadin erwarteten uns bereits. Trilith glitt von meinem Rücken und kam schwankend zum Stehen. Ich legte ihr kurzerhand meinen Arm um die Körpermitte, um sie zu stützen. Sie ließ es ohne Widerspruch geschehen.
»Was hast du mir zu sagen?«, fragte sie mit schwacher Stimme.
Malotuffok schwamm ein Stück näher heran. Trilith bedeutete mir, unmittelbar vor den Tank zu treten und ich tat ihr den Gefallen. Zum ersten Mal stand ich einem echten Illochim direkt gegenüber. Fasziniert betrachtete ich das fremdartige und doch ungemein feinsinnige Gesicht. In den kreisrunden Augen mit den winzigen Pupillen schien sich unendliche Weisheit zu spiegeln. Ohne mich dagegen wehren zu können, empfand ich plötzlich eine tiefe Trauer. Weißliches Sekret lief aus meinen Augen die Wangen herab. Wie konnte ein solches Wesen derart schreckliche Dinge tun, wie sie auf Shahimboba geschehen waren?
»Du bist Schemawesen Acht«, hörte ich einen irgendwo in der Tankhülle verborgenen Translator sagen. Das gleichsam vernehmbare Bellen, die Originalstimme des Navigators, klang unnatürlich laut.
»Eigenname Trilith Okt.«
»Ja, so heiße ich.«
Ich spürte, wie ihr Körper in meinem Arm leicht zitterte und konnte es ihr nicht verdenken. War sie nach einer langen und leidvollen Odyssee nun am Ziel? Erfuhr sie jetzt endlich, wer sie war, und warum man sie jahrelang auf oft unmenschliche Weise trainiert und geprüft hatte?
»Warum bist du hier?«, fragte Malotuffok. »Ist es schon so weit? Kann die Suche beginnen?«
»Ich verstehe nicht«, sagte Trilith. »Ich weiß nichts von einer Suche. Kannst du mir verraten, woher ich komme? Du hast mich Schemawesen Acht genannt. Wie viele Schemawesen gibt es?«
»Viele«, kam die vage Antwort. Täuschte ich mich, oder wurde das Bellen tatsächlich leiser?
»Du bist allein. Ich bin allein. Warum bist du hier? Warum bist du nicht auf der Suche?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich befürchte, er hat endgültig den Verstand verloren. Es tut mir leid.«
»Wonach soll ich suchen?« Trilith war den Tränen nah; ihre Stimme bebte. Nie zuvor hatte ich diese sonst so starke und beherrschte Frau derart aufgewühlt erlebt.
»Du musst …«, setzte sie an, räusperte sich und sprach dann weiter. »Du musst es mir sagen. Hörst du …«
»Du bist … allein«, reagierte Malotuffok nach langer Pause. »Die … Hohrugk sind allein. Such nach den Letzten der … Hohrugk. Sie sind allein. Alle. Ich bin … allein … so … furchtbar … allein …«
Das unstete Flackern in den Augen des Navigators erlosch und die schwachen Bewegungen der Paddelbeine hörten endgültig auf. Malotuffok war tot.
Lange Sekunden sagte niemand etwas. Der Name Hohrugk hatte mich elektrisiert. Die sogenannten Hohrugk-Kühe stammten von einem in der Milchstraße kaum bekannten Planeten namens Hohrugkheim. Ich wusste nicht viel über sie, und wenn es nicht eine kleine Kolonie dieser Wesen auf Lepso gegeben hätte, wären sie meiner Aufmerksamkeit wahrscheinlich völlig entgangen. Hatten die von Malotuffok erwähnten Hohrugk etwas mit den Hohrugk-Kühen zu tun? Dieser Frage konnte ich erst nach meiner Rückkehr nach Quinto-Center nachgehen.
»Komm«, sagte ich zu Trilith. »Hier wirst du nichts mehr erfahren. Du musst dich jetzt ausruhen.«
Die Psi-Kämpferin löste ihren Blick von dem toten Navigator in seinem Tank, schaute mich an – und zum zweiten Mal innerhalb
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