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Attentage

Attentage

Titel: Attentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartl
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verstehe, ja.“ Leconte wirkt fahrig und zerstreut. Neben ihm räuspert sich jemand. Es ist der Beamte, der die Leibesvisitation im Nebenraum geleitet hat. „Nichts“, sagt er, „da ist leider absolut nichts.“ Es klingt aufrichtiges Bedauern aus seinen Worten, denn auch als Uneingeweihter spürt er, wie wichtig ein Erfolg jetzt für alle gewesen wäre.
    „Auch im Auto ist nichts Verdächtiges zu finden“, sagt Heather und blickt genervt auf die Gäste in Smoking und Abendkleid, die sie von den Fenstern aus beobachten. Ein Witzbold prostet ihnen mit einem Sektglas zu.
    „Was machen wir jetzt mit den beiden?“, fragt sie dann. Als Leconte zögert, beantwortet Heather ihre Frage selbst: „Reden wir nochmals mit ihnen!“
    Es ist eng im Raum, da Sameer und Abdul noch immer von drei Beamten bewacht werden. Abdul scheint gefasst, aber Sameer ist leichenblass. Als er Purront beim Eintreten erkennt, wird ihm schwindlig.
    Heather bleibt sein Zustand nicht verborgen. „Woher kennen Sie Marwan?“, fragt sie scharf.
    In Sameers Kopf wirbeln die Gedanken. Sie scheinen nichts gefunden zu haben. Es dürfte stimmen, was man ihm gesagt hat. Dieser Amerikaner will nur eine Torte ins Gesicht eines Filmstars werfen. Wenn er die Sache jetzt verrät, wird er alles verlieren: das versprochene Geld, seinen Job, die Chance einer gemeinsamen Zukunft mit seiner Familie. Seine Haltung strafft sich. „Ich in einem Lokal getroffen. Und habe versprochen Geld, wenn er mir hilft heute bei Arbeit, da alleine und viele Torten.“
    Abdul zeigt sein freundlichstes Lächeln, obwohl ihn der rechte Arm vom Hebelgriff des Polizisten schmerzt. Er spürt die Wogen des Hasses gegen diese Ungläubigen, diese Kˉafir. Er erinnert sich an die vierte Sure. „Kämpft gegen die Freunde Satans. Wahrlich: Die List des Satans ist schwach.“ Er hat sich die Bewachung des Balls auch in seinen schlimmsten Befürchtungen nicht so streng ausgemalt. Die Mächte der Bosheit haben sich gegen den Mujahid verschworen, doch Allah wird ihre Tücke schmachvoll auf ihren eigenen Kopf zurückkehren lassen.
    Leconte wendet sich zu Purront und sagt leise: „Wahrscheinlich hat er seinen neuen Freund in einem dieser Rotlichtlokale kennengelernt. Wir lassen sie gehen, aber ich will dass jeder Schritt der beiden beobachtet wird, bis sie das Gebäude verlassen haben.“ Laut sagt er: „Sie können gehen. Pardon, falls wir etwas grob waren, aber wir tun auch nur unsere Pflicht.“
    Man merkt, dass die Entschuldigung nur Formsache ist. Heather blickt skeptisch drein.
    Sameer nickt dankbar und steht auf. Abdul sitzt noch ruhig da. Er rezitiert innerlich den 59. Vers aus Sure 8. „Und lass die Ungläubigen nicht meinen, dass sie uns entgehen könnten, sie können Allahs Pläne nicht vereiteln.“ Heather und Leconte verlassen den Raum.
    „Die große Torte muss oben zu Gäste“, sagt Sameer und geht zum Ausgang. Abdul folgt ihm. Purront gibt zwei Sicherheitsbeamten einen diskreten Wink, die daraufhin den beiden in kurzem Abstand folgen.
    Leconte betritt mit Heather den Monitorraum. „Wir haben uns geirrt“, sagt der Commissaire zu ihr und er klingt nervös, „der Attentäter wird sich auf andere Weise Zutritt verschaffen. Vielleicht hat sich unser Poet diesmal auch geirrt oder etwas ist dazwischengekommen.“
    Heather ist plötzlich aufgeregt. „Sie kommen“, sagt sie und deutet auf einen der Monitore. Eine schwarze Stretchlimousine fährt in den Innenhof und parkt einige Meter vom Lieferwagen entfernt. Zwei Bodyguards steigen aus und öffnen Jamie Boone und Aaron Dutcher die Türen. Der hünenhafte Veranstalter eilt mit seiner Gattin, die sich selbst grazil wie eine Hollywoodschauspielerin auf dem roten Teppich bewegt, zur Begrüßung, die das Glamourpaar routiniertfreundlich, aber unverbindlich erwidert. Durch eine Seitentür werden sie von der Presse abgeschirmt ins Rathausinnere geleitet und die Treppe zum VIP-Saal im 2. Stock hinaufgeführt.
    Auf einem anderen Monitor tauchen Sameer und sein Helfer auf, die gemeinsam die zweistöckige Esterházytorte die Haupttreppe hinauftragen. Einer der beiden Beamten gehtvor und einer hinter ihnen. Als Sameer das Patisseriekunstwerk mit der kitschigen Darstellung des Hollywoodpaars beim Tragen genauer ansieht, bemerkt er, dass es von den Beamten beschädigt wurde. Offenbar haben sie zur Überprüfung in die Tortenmasse gestochen und auch die beiden Marzipanfiguren wurden entfernt und wieder in die Torte gesteckt.
    Purront

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